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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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Die künstlichen Laubblätter.
Um die Frucht die leicht verdirbt, vor der Fäulnis
zu erhalten;
Andern dienet es zum Schirm, wenn das heisse
Sonnenlicht
Gar zu stark mit seinen Strahl, wie mit Feuer
Pfeilen sticht
Daß sie nicht zu früh verdorrn, oder gar zu Staub
verbrennen.
Kann man nicht aus diesen schon GOttes weise
Macht erkennen?
Welch unentlicher Verstand, der dies alles überdacht!
Welche Allmacht! die das Laub in so manche Form
gebracht!
Daß man fast kein Blätgen sieht in dem weiten
Pflanzen Reiche,
Daß dem andern an Gestalt in der äusern Bildung
gleiche.
Dies ist rund und jenes kraus, dieses breit und
vorn gespizt,
Dies ist wie ein Herz geformt, jenes wie ein Kahn
geschnizt,
Dies ein dreieck, jens Quadrat, dieses wie ein Stern
der strahlet,
Jenes ist als wie ein Rad, das mit Spangrün über-
mahlet!
Dieses ist recht Spiegel glatt, jenes ist gantz rauh
und hart,
Und mit einer Stachel Wehr vor der Räuber Bis
verwahrt.
Dieser Formen Mannigfalt zeugt von einen weisen
Wesen,
Das zu jedes Baumes Art einen neuen Schmuk
erlesen.
Das
E 4
Die kuͤnſtlichen Laubblaͤtter.
Um die Frucht die leicht verdirbt, vor der Faͤulnis
zu erhalten;
Andern dienet es zum Schirm, wenn das heiſſe
Sonnenlicht
Gar zu ſtark mit ſeinen Strahl, wie mit Feuer
Pfeilen ſticht
Daß ſie nicht zu fruͤh verdorrn, oder gar zu Staub
verbrennen.
Kann man nicht aus dieſen ſchon GOttes weiſe
Macht erkennen?
Welch unentlicher Verſtand, der dies alles uͤberdacht!
Welche Allmacht! die das Laub in ſo manche Form
gebracht!
Daß man faſt kein Blaͤtgen ſieht in dem weiten
Pflanzen Reiche,
Daß dem andern an Geſtalt in der aͤuſern Bildung
gleiche.
Dies iſt rund und jenes kraus, dieſes breit und
vorn geſpizt,
Dies iſt wie ein Herz geformt, jenes wie ein Kahn
geſchnizt,
Dies ein dreieck, jens Quadrat, dieſes wie ein Stern
der ſtrahlet,
Jenes iſt als wie ein Rad, das mit Spangruͤn uͤber-
mahlet!
Dieſes iſt recht Spiegel glatt, jenes iſt gantz rauh
und hart,
Und mit einer Stachel Wehr vor der Raͤuber Bis
verwahrt.
Dieſer Formen Mannigfalt zeugt von einen weiſen
Weſen,
Das zu jedes Baumes Art einen neuen Schmuk
erleſen.
Das
E 4
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[71/0087] Die kuͤnſtlichen Laubblaͤtter. Um die Frucht die leicht verdirbt, vor der Faͤulnis zu erhalten; Andern dienet es zum Schirm, wenn das heiſſe Sonnenlicht Gar zu ſtark mit ſeinen Strahl, wie mit Feuer Pfeilen ſticht Daß ſie nicht zu fruͤh verdorrn, oder gar zu Staub verbrennen. Kann man nicht aus dieſen ſchon GOttes weiſe Macht erkennen? Welch unentlicher Verſtand, der dies alles uͤberdacht! Welche Allmacht! die das Laub in ſo manche Form gebracht! Daß man faſt kein Blaͤtgen ſieht in dem weiten Pflanzen Reiche, Daß dem andern an Geſtalt in der aͤuſern Bildung gleiche. Dies iſt rund und jenes kraus, dieſes breit und vorn geſpizt, Dies iſt wie ein Herz geformt, jenes wie ein Kahn geſchnizt, Dies ein dreieck, jens Quadrat, dieſes wie ein Stern der ſtrahlet, Jenes iſt als wie ein Rad, das mit Spangruͤn uͤber- mahlet! Dieſes iſt recht Spiegel glatt, jenes iſt gantz rauh und hart, Und mit einer Stachel Wehr vor der Raͤuber Bis verwahrt. Dieſer Formen Mannigfalt zeugt von einen weiſen Weſen, Das zu jedes Baumes Art einen neuen Schmuk erleſen. Das E 4

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/87>, abgerufen am 29.04.2024.