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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Die Seele

Der aufgewallten Freuden-Triebe,
Das Angenehme bey der Liebe.

Die Seele lenket unsre Sinnen,
Wo durch so viele Ströme rinnen,
Von Labsal und Zufriedenheit,
Die uns die Kreatur verleiht:
Durch ihr Licht sehen wir die Güte
Des Schöpfers, worin das Gemüte
Die beste Ruhestat bemerkt;
Durch sie allein wird man bestärkt,
Das GOtt die Quell der Seeligkeiten,
Woher der Dinge Seyn zu leiten.
Die Seele giebt uns zu geniessen,
Was Luft und Erde in sich schliessen
Und machet uns durch den Verstand,
GOtt, Welt und auch uns selbst bekant:

Jhr Vorzug zeigt sich auch in Willen,
Was der begehrt, das muß erfüllen,
Der Körper den sie stets regiert,
Durch die Gedanken lenkt und führt.
Wer dies erwegt, der muß bekennen,
Sie sey was herrliches zu nennen.
Der Körper muß dreinst in der Erden,
Zu Staub und Asche wieder werden,
Woraus die Allmacht ihn gebaut;
Es welket seine glatte Haut;
Der Glieder Band das wird zerrissen,
Wie wir aus der Erfahrung wissen:
Jedoch! der Geist der in ihm wohnt,
Darin als seinem Sizze thront:
Ent-

Die Seele

Der aufgewallten Freuden-Triebe,
Das Angenehme bey der Liebe.

Die Seele lenket unſre Sinnen,
Wo durch ſo viele Stroͤme rinnen,
Von Labſal und Zufriedenheit,
Die uns die Kreatur verleiht:
Durch ihr Licht ſehen wir die Guͤte
Des Schoͤpfers, worin das Gemuͤte
Die beſte Ruheſtat bemerkt;
Durch ſie allein wird man beſtaͤrkt,
Das GOtt die Quell der Seeligkeiten,
Woher der Dinge Seyn zu leiten.
Die Seele giebt uns zu genieſſen,
Was Luft und Erde in ſich ſchlieſſen
Und machet uns durch den Verſtand,
GOtt, Welt und auch uns ſelbſt bekant:

Jhr Vorzug zeigt ſich auch in Willen,
Was der begehrt, das muß erfuͤllen,
Der Koͤrper den ſie ſtets regiert,
Durch die Gedanken lenkt und fuͤhrt.
Wer dies erwegt, der muß bekennen,
Sie ſey was herrliches zu nennen.
Der Koͤrper muß dreinſt in der Erden,
Zu Staub und Aſche wieder werden,
Woraus die Allmacht ihn gebaut;
Es welket ſeine glatte Haut;
Der Glieder Band das wird zerriſſen,
Wie wir aus der Erfahrung wiſſen:
Jedoch! der Geiſt der in ihm wohnt,
Darin als ſeinem Sizze thront:
Ent-
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[218/0230] Die Seele Der aufgewallten Freuden-Triebe, Das Angenehme bey der Liebe. Die Seele lenket unſre Sinnen, Wo durch ſo viele Stroͤme rinnen, Von Labſal und Zufriedenheit, Die uns die Kreatur verleiht: Durch ihr Licht ſehen wir die Guͤte Des Schoͤpfers, worin das Gemuͤte Die beſte Ruheſtat bemerkt; Durch ſie allein wird man beſtaͤrkt, Das GOtt die Quell der Seeligkeiten, Woher der Dinge Seyn zu leiten. Die Seele giebt uns zu genieſſen, Was Luft und Erde in ſich ſchlieſſen Und machet uns durch den Verſtand, GOtt, Welt und auch uns ſelbſt bekant: Jhr Vorzug zeigt ſich auch in Willen, Was der begehrt, das muß erfuͤllen, Der Koͤrper den ſie ſtets regiert, Durch die Gedanken lenkt und fuͤhrt. Wer dies erwegt, der muß bekennen, Sie ſey was herrliches zu nennen. Der Koͤrper muß dreinſt in der Erden, Zu Staub und Aſche wieder werden, Woraus die Allmacht ihn gebaut; Es welket ſeine glatte Haut; Der Glieder Band das wird zerriſſen, Wie wir aus der Erfahrung wiſſen: Jedoch! der Geiſt der in ihm wohnt, Darin als ſeinem Sizze thront: Ent-

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/230>, abgerufen am 06.05.2024.