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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Die Tieffen der Gottheit.

Wil ich mich hier träumen lassen,
Die Algegenwart zu fassen;
O! so starrt der scheuche Sin,
Und ich weis nicht wo ich bin.

Denk ich nach um zu begreiffen,
Deines Wesens Ewigkeit,
Wil ich Jahr auf Jahre häuffen
Sez ich immer Zeit auf Zeit,
Nehm ich Millionen Zahlen,
Tausend Millionen mahlen;
Und gedoppelt einst so viel,
So tref ich den noch kein Ziel.
Wil ich dieser Zieffern Heeren,
Und die ungeheure Zahl,
Jmmer immer fort vermehren:
So find ich doch allemahl,
Bei des Wizes vielen Zählen,
Noch so viele Zahlen fehlen
Und fang ich von neuen an:
So ist doch noch nichts gethan.
Endlich merkt bei diesen Grössen,
Der verdüsterte Verstand,
Daß ohnmöglich auszumessen,
Was uns gänzlich unbekand.
Du als der Unwandelbahre
Bist in keine Zahl der Jahre
Einzuschliessen, Gestern, Heut,
Jst bei dir stets Ewigkeit.
Kei-

Die Tieffen der Gottheit.

Wil ich mich hier traͤumen laſſen,
Die Algegenwart zu faſſen;
O! ſo ſtarrt der ſcheuche Sin,
Und ich weis nicht wo ich bin.

Denk ich nach um zu begreiffen,
Deines Weſens Ewigkeit,
Wil ich Jahr auf Jahre haͤuffen
Sez ich immer Zeit auf Zeit,
Nehm ich Millionen Zahlen,
Tauſend Millionen mahlen;
Und gedoppelt einſt ſo viel,
So tref ich den noch kein Ziel.
Wil ich dieſer Zieffern Heeren,
Und die ungeheure Zahl,
Jmmer immer fort vermehren:
So find ich doch allemahl,
Bei des Wizes vielen Zaͤhlen,
Noch ſo viele Zahlen fehlen
Und fang ich von neuen an:
So iſt doch noch nichts gethan.
Endlich merkt bei dieſen Groͤſſen,
Der verduͤſterte Verſtand,
Daß ohnmoͤglich auszumeſſen,
Was uns gaͤnzlich unbekand.
Du als der Unwandelbahre
Biſt in keine Zahl der Jahre
Einzuſchlieſſen, Geſtern, Heut,
Jſt bei dir ſtets Ewigkeit.
Kei-
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[336/0348] Die Tieffen der Gottheit. Wil ich mich hier traͤumen laſſen, Die Algegenwart zu faſſen; O! ſo ſtarrt der ſcheuche Sin, Und ich weis nicht wo ich bin. Denk ich nach um zu begreiffen, Deines Weſens Ewigkeit, Wil ich Jahr auf Jahre haͤuffen Sez ich immer Zeit auf Zeit, Nehm ich Millionen Zahlen, Tauſend Millionen mahlen; Und gedoppelt einſt ſo viel, So tref ich den noch kein Ziel. Wil ich dieſer Zieffern Heeren, Und die ungeheure Zahl, Jmmer immer fort vermehren: So find ich doch allemahl, Bei des Wizes vielen Zaͤhlen, Noch ſo viele Zahlen fehlen Und fang ich von neuen an: So iſt doch noch nichts gethan. Endlich merkt bei dieſen Groͤſſen, Der verduͤſterte Verſtand, Daß ohnmoͤglich auszumeſſen, Was uns gaͤnzlich unbekand. Du als der Unwandelbahre Biſt in keine Zahl der Jahre Einzuſchlieſſen, Geſtern, Heut, Jſt bei dir ſtets Ewigkeit. Kei-

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/348>, abgerufen am 07.05.2024.