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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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Die Keuschheit.

Es fiel mir bei dem Anblik ein,
Jch sehe eine Röth aufsteigen,
Die einer wahren Keuschheit eigen.

O! ich bewundre deine Mienen,
Die lieblich im Gesichte schienen,
Mit einer sanfften Sittsamkeit,
Dein Busen und die Schwanen-Brüste,
Der Zunder vieler geilen Lüste,
Die waren gänzlich überstreut;
Der Busen war bedekt, verriegelt,
Woran sich sonst die Wollust spiegelt.
Man siehet dich an allen Orten,
Stets einerlei in Werk und Worten;
Es ist kein eitler Uebelstand
An dir, an deiner Tracht zu finden,
Und wenn wir selbst dein Herz ergründen,
So ist daselbst auch ganz verbannt,
Was wahrer Reinigkeit entgegen:
Du hassest auch ein sündlich Regen.
So wie von aussen, als von innen,
Entfliehest du die Lust der Sinnen,
Dein Vorsaz bleibet ewig fest
Die ächte Keuschheit auszuüben,
Die reine Frömmigkeit zu lieben;
Beim Unglüks-Sturm, beim Glükkes-West;
Du bleibst in den gesezten Schranken,
Jn Wort und Werken und Gedanken,
Das ist die Keuschheit nach dem Leben,
Davon wir euch das Bild gegeben,
Das

Die Keuſchheit.

Es fiel mir bei dem Anblik ein,
Jch ſehe eine Roͤth aufſteigen,
Die einer wahren Keuſchheit eigen.

O! ich bewundre deine Mienen,
Die lieblich im Geſichte ſchienen,
Mit einer ſanfften Sittſamkeit,
Dein Buſen und die Schwanen-Bruͤſte,
Der Zunder vieler geilen Luͤſte,
Die waren gaͤnzlich uͤberſtreut;
Der Buſen war bedekt, verriegelt,
Woran ſich ſonſt die Wolluſt ſpiegelt.
Man ſiehet dich an allen Orten,
Stets einerlei in Werk und Worten;
Es iſt kein eitler Uebelſtand
An dir, an deiner Tracht zu finden,
Und wenn wir ſelbſt dein Herz ergruͤnden,
So iſt daſelbſt auch ganz verbannt,
Was wahrer Reinigkeit entgegen:
Du haſſeſt auch ein ſuͤndlich Regen.
So wie von auſſen, als von innen,
Entflieheſt du die Luſt der Sinnen,
Dein Vorſaz bleibet ewig feſt
Die aͤchte Keuſchheit auszuuͤben,
Die reine Froͤmmigkeit zu lieben;
Beim Ungluͤks-Sturm, beim Gluͤkkes-Weſt;
Du bleibſt in den geſezten Schranken,
Jn Wort und Werken und Gedanken,
Das iſt die Keuſchheit nach dem Leben,
Davon wir euch das Bild gegeben,
Das
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[146[246]/0258] Die Keuſchheit. Es fiel mir bei dem Anblik ein, Jch ſehe eine Roͤth aufſteigen, Die einer wahren Keuſchheit eigen. O! ich bewundre deine Mienen, Die lieblich im Geſichte ſchienen, Mit einer ſanfften Sittſamkeit, Dein Buſen und die Schwanen-Bruͤſte, Der Zunder vieler geilen Luͤſte, Die waren gaͤnzlich uͤberſtreut; Der Buſen war bedekt, verriegelt, Woran ſich ſonſt die Wolluſt ſpiegelt. Man ſiehet dich an allen Orten, Stets einerlei in Werk und Worten; Es iſt kein eitler Uebelſtand An dir, an deiner Tracht zu finden, Und wenn wir ſelbſt dein Herz ergruͤnden, So iſt daſelbſt auch ganz verbannt, Was wahrer Reinigkeit entgegen: Du haſſeſt auch ein ſuͤndlich Regen. So wie von auſſen, als von innen, Entflieheſt du die Luſt der Sinnen, Dein Vorſaz bleibet ewig feſt Die aͤchte Keuſchheit auszuuͤben, Die reine Froͤmmigkeit zu lieben; Beim Ungluͤks-Sturm, beim Gluͤkkes-Weſt; Du bleibſt in den geſezten Schranken, Jn Wort und Werken und Gedanken, Das iſt die Keuſchheit nach dem Leben, Davon wir euch das Bild gegeben, Das

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 146[246]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/258>, abgerufen am 01.05.2024.