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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Philosophie und Geschichte; Manzoni zur Geschichte
allein. Schillers Wallenstein ist so groß, daß in seiner
Art zum zweyten Mal nicht etwas Ähnliches vorhanden
ist; aber Sie werden finden, daß eben diese beyden ge¬
waltigen Hülfen, die Geschichte und Philosophie, dem
Werke an verschiedenen Theilen im Wege sind und sei¬
nen reinen poetischen Succeß hindern. So leidet Man¬
zoni durch ein Übergewicht der Geschichte."

Euer Excellenz, sagte ich, sprechen große Dinge aus
und ich bin glücklich, Ihnen zuzuhören. "Manzoni,
sagte Goethe, hilft uns zu guten Gedanken." Er
wollte in Äußerung seiner Betrachtungen fortfahren,
als der Canzler an der Pforte von Goethe's Hausgarten
uns entgegentrat und so das Gespräch unterbrochen
wurde. Er gesellte sich, als ein Willkommener, zu uns
und wir begleiteten Goethe die kleine Treppe hinauf
durch das Büstenzimmer in den länglichen Saal, wo
die Rouleau's niedergelassen waren und auf dem Tisch
am Fenster zwey Lichter brannten. Wir setzten uns
um den Tisch, wo dann zwischen Goethe und dem
Canzler Gegenstände anderer Art verhandelt wurden.


Philoſophie und Geſchichte; Manzoni zur Geſchichte
allein. Schillers Wallenſtein iſt ſo groß, daß in ſeiner
Art zum zweyten Mal nicht etwas Ähnliches vorhanden
iſt; aber Sie werden finden, daß eben dieſe beyden ge¬
waltigen Huͤlfen, die Geſchichte und Philoſophie, dem
Werke an verſchiedenen Theilen im Wege ſind und ſei¬
nen reinen poetiſchen Succeß hindern. So leidet Man¬
zoni durch ein Übergewicht der Geſchichte.“

Euer Excellenz, ſagte ich, ſprechen große Dinge aus
und ich bin gluͤcklich, Ihnen zuzuhoͤren. „Manzoni,
ſagte Goethe, hilft uns zu guten Gedanken.“ Er
wollte in Äußerung ſeiner Betrachtungen fortfahren,
als der Canzler an der Pforte von Goethe's Hausgarten
uns entgegentrat und ſo das Geſpraͤch unterbrochen
wurde. Er geſellte ſich, als ein Willkommener, zu uns
und wir begleiteten Goethe die kleine Treppe hinauf
durch das Buͤſtenzimmer in den laͤnglichen Saal, wo
die Rouleau's niedergelaſſen waren und auf dem Tiſch
am Fenſter zwey Lichter brannten. Wir ſetzten uns
um den Tiſch, wo dann zwiſchen Goethe und dem
Canzler Gegenſtaͤnde anderer Art verhandelt wurden.


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[381/0401] Philoſophie und Geſchichte; Manzoni zur Geſchichte allein. Schillers Wallenſtein iſt ſo groß, daß in ſeiner Art zum zweyten Mal nicht etwas Ähnliches vorhanden iſt; aber Sie werden finden, daß eben dieſe beyden ge¬ waltigen Huͤlfen, die Geſchichte und Philoſophie, dem Werke an verſchiedenen Theilen im Wege ſind und ſei¬ nen reinen poetiſchen Succeß hindern. So leidet Man¬ zoni durch ein Übergewicht der Geſchichte.“ Euer Excellenz, ſagte ich, ſprechen große Dinge aus und ich bin gluͤcklich, Ihnen zuzuhoͤren. „Manzoni, ſagte Goethe, hilft uns zu guten Gedanken.“ Er wollte in Äußerung ſeiner Betrachtungen fortfahren, als der Canzler an der Pforte von Goethe's Hausgarten uns entgegentrat und ſo das Geſpraͤch unterbrochen wurde. Er geſellte ſich, als ein Willkommener, zu uns und wir begleiteten Goethe die kleine Treppe hinauf durch das Buͤſtenzimmer in den laͤnglichen Saal, wo die Rouleau's niedergelaſſen waren und auf dem Tiſch am Fenſter zwey Lichter brannten. Wir ſetzten uns um den Tiſch, wo dann zwiſchen Goethe und dem Canzler Gegenſtaͤnde anderer Art verhandelt wurden.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/401>, abgerufen am 28.04.2024.