Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Des Altanes ist Nella gesunken,
Wie fiebernd preßt sie des Ritters Hand:
"Er log es -- o, sagt, daß er trunken!"
Ernst schüttelt das Haupt er: "Vieltrauteste, nein,
Er redete wahr. Ich bin Frankenstein,
Der wilde Junker geheißen."
Da schnellt sie empor, da blicket sie wild:
"Ihr thatet den Beilstein ermorden?"
Verwandelt ist jählings das liebliche Bild,
Die Taube ist Löwin geworden:
"O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand,
Die schändend die meine so heuchelnd umspannt,
Aus meinen Augen, Verbrecher!
Ihr wagt es, zu werben um eine Maid,
Der Ihr den Oheim erschlagen?
Der Ihr die Heimath zerstört alle Zeit,
Die zum Raubnest empor Ihr getragen?
Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann,
Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an,
Ich will's, und ich hab' es geschworen!"
Mit ruhiger Stimme, doch ernst und gefaßt
Spricht Robert: "Was Ihr geschworen,
Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt,
Der ist wohl für immer verloren;
Doch sei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht,
Ihr aber, Nella, Ihr solltet mich nicht
So ungerechtfertigt verdammen!"
"Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort,
Das soll mich, bei Gott, nicht bethören,
Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort,
Laßt dort Eure Redekunst hören!
Des Altanes iſt Nella geſunken,
Wie fiebernd preßt ſie des Ritters Hand:
„Er log es — o, ſagt, daß er trunken!“
Ernſt ſchüttelt das Haupt er: „Vieltrauteſte, nein,
Er redete wahr. Ich bin Frankenſtein,
Der wilde Junker geheißen.“
Da ſchnellt ſie empor, da blicket ſie wild:
„Ihr thatet den Beilſtein ermorden?“
Verwandelt iſt jählings das liebliche Bild,
Die Taube iſt Löwin geworden:
„O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand,
Die ſchändend die meine ſo heuchelnd umſpannt,
Aus meinen Augen, Verbrecher!
Ihr wagt es, zu werben um eine Maid,
Der Ihr den Oheim erſchlagen?
Der Ihr die Heimath zerſtört alle Zeit,
Die zum Raubneſt empor Ihr getragen?
Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann,
Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an,
Ich will's, und ich hab' es geſchworen!“
Mit ruhiger Stimme, doch ernſt und gefaßt
Spricht Robert: „Was Ihr geſchworen,
Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt,
Der iſt wohl für immer verloren;
Doch ſei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht,
Ihr aber, Nella, Ihr ſolltet mich nicht
So ungerechtfertigt verdammen!“
„Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort,
Das ſoll mich, bei Gott, nicht bethören,
Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort,
Laßt dort Eure Redekunſt hören!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0151" n="137"/>
          <lg n="10">
            <l>Des Altanes i&#x017F;t Nella ge&#x017F;unken,</l><lb/>
            <l>Wie fiebernd preßt &#x017F;ie des Ritters Hand:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Er log es &#x2014; o, &#x017F;agt, daß er trunken!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Ern&#x017F;t &#x017F;chüttelt das Haupt er: &#x201E;Vieltraute&#x017F;te, nein,</l><lb/>
            <l>Er redete wahr. Ich bin Franken&#x017F;tein,</l><lb/>
            <l>Der wilde Junker geheißen.&#x201C;</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;chnellt &#x017F;ie empor, da blicket &#x017F;ie wild:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Ihr thatet den Beil&#x017F;tein ermorden?&#x201C;</l><lb/>
            <l>Verwandelt i&#x017F;t jählings das liebliche Bild,</l><lb/>
            <l>Die Taube i&#x017F;t Löwin geworden:</l><lb/>
            <l>&#x201E;O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;chändend die meine &#x017F;o heuchelnd um&#x017F;pannt,</l><lb/>
            <l>Aus meinen Augen, Verbrecher!</l><lb/>
            <l>Ihr wagt es, zu werben um eine Maid,</l><lb/>
            <l>Der Ihr den Oheim er&#x017F;chlagen?</l><lb/>
            <l>Der Ihr die Heimath zer&#x017F;tört alle Zeit,</l><lb/>
            <l>Die zum Raubne&#x017F;t empor Ihr getragen?</l><lb/>
            <l>Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann,</l><lb/>
            <l>Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an,</l><lb/>
            <l>Ich will's, und ich hab' es ge&#x017F;chworen!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Mit ruhiger Stimme, doch ern&#x017F;t und gefaßt</l><lb/>
            <l>Spricht Robert: &#x201E;Was Ihr ge&#x017F;chworen,</l><lb/>
            <l>Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt,</l><lb/>
            <l>Der i&#x017F;t wohl für immer verloren;</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;ei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht,</l><lb/>
            <l>Ihr aber, Nella, Ihr &#x017F;olltet mich nicht</l><lb/>
            <l>So ungerechtfertigt verdammen!&#x201C;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort,</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;oll mich, bei Gott, nicht bethören,</l><lb/>
            <l>Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort,</l><lb/>
            <l>Laßt dort Eure Redekun&#x017F;t hören!</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0151] Des Altanes iſt Nella geſunken, Wie fiebernd preßt ſie des Ritters Hand: „Er log es — o, ſagt, daß er trunken!“ Ernſt ſchüttelt das Haupt er: „Vieltrauteſte, nein, Er redete wahr. Ich bin Frankenſtein, Der wilde Junker geheißen.“ Da ſchnellt ſie empor, da blicket ſie wild: „Ihr thatet den Beilſtein ermorden?“ Verwandelt iſt jählings das liebliche Bild, Die Taube iſt Löwin geworden: „O, Fluch dann und ewiger Haß jener Hand, Die ſchändend die meine ſo heuchelnd umſpannt, Aus meinen Augen, Verbrecher! Ihr wagt es, zu werben um eine Maid, Der Ihr den Oheim erſchlagen? Der Ihr die Heimath zerſtört alle Zeit, Die zum Raubneſt empor Ihr getragen? Ha, wohl mir, daß ich den Namen gewann, Jetzt ohne Bedenken klag' ich Euch an, Ich will's, und ich hab' es geſchworen!“ Mit ruhiger Stimme, doch ernſt und gefaßt Spricht Robert: „Was Ihr geſchworen, Das müßt Ihr erfüllen. Wen Berthold haßt, Der iſt wohl für immer verloren; Doch ſei's drum, ich fürchte kein weltlich Gericht, Ihr aber, Nella, Ihr ſolltet mich nicht So ungerechtfertigt verdammen!“ „Rechtfertigen? Euch?! Welch' verwegenes Wort, Das ſoll mich, bei Gott, nicht bethören, Geht hin vor den Richter, verantwortet's dort, Laßt dort Eure Redekunſt hören!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/151
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/151>, abgerufen am 03.10.2024.