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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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IV buch, I haubtstück,
die ordentlichen landgerichte, welche in heimliche,
und öffentliche eingeteilet wurden, wo die landleute
über ires gleichen in bürgerlichen, und peinlichen
fällen erkannten, von Hontheim in hist. Treuir.
diplom. T. II
s. 92 s. 94, wobei kein leibeigener
freischöppe werden konnte, Mascov im anhange
zur notitia iuris Bruns. s. 55. Jn einer frei-
grafschaft waren mehr freistüle. Die stulherren
hatten die praesentation, und ernenneten die
freigrafen. Den stulherren kamen die freigerichte
zu. Das wort: freigericht hat dreierlei bedeutun-
gen, 1) zeiget es an: ein westphälisches gericht (§
6150 fgg. des 2ten th.). 2) Ein kaiserliches ge-
richt. 3) Ein solches, welches sich seinen richter
selbst wälet (§ 6159 des fgg. 2ten th.). Die ernen-
nete freigrafen mußten sich vom Kaiser unmittelbar
belehnen lassen, Freiherr von Senkenberg im corp.
iur. germ. T. I P. II
num. VI s. 71 fgg., welches
iedoch bei den herzogen, und fürsten eine ausname
hatte, Koch s. 27 -- 33. Jm jare 1385 erhilten
die landgrafen in Thüringen biß auf kaiserlichen
widerruf die erlaubniß: in iren landen zu Fran-
ken, und im Osterlande von beiden seiten des wal-
des, einen bidermann zum landrichter zu kisen, und
sezen, welcher ganze kraft, und macht habe, und
alle sachen, die geschähen, in allen iren landen rich-
ten solle, und möge, an des Kaisers, und des Rei-
ches statt, nach begreifung, und gewonung des land-
fridens zu Westphalen. Unter den stulherren in
Westphalen waren auch herzoge, als Wirtenberg,
(§ 6157 des 2ten th.), zu Sachsen-Lauenburg; es
hatte aber mit der herzoge zu Sachsen-Lauenburg
irem freistule die bewandniß, daß nicht nur davon
an das herzogliche landgericht auf der brücke vor
Lauenburg, und von disem an den Kaiser appelliret
wurde; sondern, daß auch dem vor besagten freistul

gela-

IV buch, I haubtſtuͤck,
die ordentlichen landgerichte, welche in heimliche,
und oͤffentliche eingeteilet wurden, wo die landleute
uͤber ires gleichen in buͤrgerlichen, und peinlichen
faͤllen erkannten, von Hontheim in hiſt. Treuir.
diplom. T. II
ſ. 92 ſ. 94, wobei kein leibeigener
freiſchoͤppe werden konnte, Maſcov im anhange
zur notitia iuris Brunſ. ſ. 55. Jn einer frei-
grafſchaft waren mehr freiſtuͤle. Die ſtulherren
hatten die praeſentation, und ernenneten die
freigrafen. Den ſtulherren kamen die freigerichte
zu. Das wort: freigericht hat dreierlei bedeutun-
gen, 1) zeiget es an: ein weſtphaͤliſches gericht (§
6150 fgg. des 2ten th.). 2) Ein kaiſerliches ge-
richt. 3) Ein ſolches, welches ſich ſeinen richter
ſelbſt waͤlet (§ 6159 des fgg. 2ten th.). Die ernen-
nete freigrafen mußten ſich vom Kaiſer unmittelbar
belehnen laſſen, Freiherr von Senkenberg im corp.
iur. germ. T. I P. II
num. VI ſ. 71 fgg., welches
iedoch bei den herzogen, und fuͤrſten eine ausname
hatte, Koch ſ. 27 — 33. Jm jare 1385 erhilten
die landgrafen in Thuͤringen biß auf kaiſerlichen
widerruf die erlaubniß: in iren landen zu Fran-
ken, und im Oſterlande von beiden ſeiten des wal-
des, einen bidermann zum landrichter zu kiſen, und
ſezen, welcher ganze kraft, und macht habe, und
alle ſachen, die geſchaͤhen, in allen iren landen rich-
ten ſolle, und moͤge, an des Kaiſers, und des Rei-
ches ſtatt, nach begreifung, und gewonung des land-
fridens zu Weſtphalen. Unter den ſtulherren in
Weſtphalen waren auch herzoge, als Wirtenberg,
(§ 6157 des 2ten th.), zu Sachſen-Lauenburg; es
hatte aber mit der herzoge zu Sachſen-Lauenburg
irem freiſtule die bewandniß, daß nicht nur davon
an das herzogliche landgericht auf der bruͤcke vor
Lauenburg, und von diſem an den Kaiſer appelliret
wurde; ſondern, daß auch dem vor beſagten freiſtul

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[1362/1386] IV buch, I haubtſtuͤck, die ordentlichen landgerichte, welche in heimliche, und oͤffentliche eingeteilet wurden, wo die landleute uͤber ires gleichen in buͤrgerlichen, und peinlichen faͤllen erkannten, von Hontheim in hiſt. Treuir. diplom. T. II ſ. 92 ſ. 94, wobei kein leibeigener freiſchoͤppe werden konnte, Maſcov im anhange zur notitia iuris Brunſ. ſ. 55. Jn einer frei- grafſchaft waren mehr freiſtuͤle. Die ſtulherren hatten die praeſentation, und ernenneten die freigrafen. Den ſtulherren kamen die freigerichte zu. Das wort: freigericht hat dreierlei bedeutun- gen, 1) zeiget es an: ein weſtphaͤliſches gericht (§ 6150 fgg. des 2ten th.). 2) Ein kaiſerliches ge- richt. 3) Ein ſolches, welches ſich ſeinen richter ſelbſt waͤlet (§ 6159 des fgg. 2ten th.). Die ernen- nete freigrafen mußten ſich vom Kaiſer unmittelbar belehnen laſſen, Freiherr von Senkenberg im corp. iur. germ. T. I P. II num. VI ſ. 71 fgg., welches iedoch bei den herzogen, und fuͤrſten eine ausname hatte, Koch ſ. 27 — 33. Jm jare 1385 erhilten die landgrafen in Thuͤringen biß auf kaiſerlichen widerruf die erlaubniß: in iren landen zu Fran- ken, und im Oſterlande von beiden ſeiten des wal- des, einen bidermann zum landrichter zu kiſen, und ſezen, welcher ganze kraft, und macht habe, und alle ſachen, die geſchaͤhen, in allen iren landen rich- ten ſolle, und moͤge, an des Kaiſers, und des Rei- ches ſtatt, nach begreifung, und gewonung des land- fridens zu Weſtphalen. Unter den ſtulherren in Weſtphalen waren auch herzoge, als Wirtenberg, (§ 6157 des 2ten th.), zu Sachſen-Lauenburg; es hatte aber mit der herzoge zu Sachſen-Lauenburg irem freiſtule die bewandniß, daß nicht nur davon an das herzogliche landgericht auf der bruͤcke vor Lauenburg, und von diſem an den Kaiſer appelliret wurde; ſondern, daß auch dem vor beſagten freiſtul gela-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1386>, abgerufen am 30.04.2024.