Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von der disposition überhaupt.
conelus. Also wird niemand dencken, daß es eine sünde
sey, wenn man eine in der iugend erwehlte le-
bens-art fahren läst, und im reiffern alter eine
andere erwehlet.
Epichirema; Syllogismus oratorius: Ausführung:
maior: wie oben:
Argum. illustr. Wir erfahren täglich, daß bey ei-
nem regiment neue arten, die regierung zu ver-
bessern eingeführet werden, aber wir erfahren
nicht minder, daß sie nachdem man ihre fehler
durch längere regierung empfunden, von eben
denen so sie eingeführet, geändert werden.
Argum. probans: Als kinder haben wir kindische
anschläge und unternehmungen, als iünglinge
setzen wir uns viel für und führen wenig aus, weil
wir unsere kräfte selten genugsam kennen, aber
als männer können wir erstlich recht, von dem
politischen leben, männlich und verständig urthei-
len.
Minor: Wie oben:
Argument. prob. Denn eine politische lebens-art
hat den endzweck, uns und die unsrigen mit ehren
und zum dienst der societät darinn wir leben, zu
erhalten, hiezu aber gehöret erkänntniß unser
selbst, erkänntniß der stände, ihres guten und bö-
sen, davon man in der iugend gemeiniglich das
wenigste weiß:
Argum. illustr. wie den leuten, die keine Mahlerey
und bildhauer-kunst verstehen, und doch davon
urtheilen, so geht es uns in der iugend.
Argum. movens: Die lebens-arten haben zweyer-
ley seiten, auf der einen sehen sie gut, auf der an-
dern schlimm, wie leicht sieht man doch unrecht.
Conclusio: Wie oben:
Argum. illustr. ab exemplo aller derer die glücklich
umgesattelt haben:
Argum. mouens: Jst derienige klüger, der in der
iugend
von der diſpoſition uͤberhaupt.
coneluſ. Alſo wird niemand dencken, daß es eine ſuͤnde
ſey, wenn man eine in der iugend erwehlte le-
bens-art fahren laͤſt, und im reiffern alter eine
andere erwehlet.
Epichirema; Syllogiſmus oratorius: Ausfuͤhrung:
maior: wie oben:
Argum. illuſtr. Wir erfahren taͤglich, daß bey ei-
nem regiment neue arten, die regierung zu ver-
beſſern eingefuͤhret werden, aber wir erfahren
nicht minder, daß ſie nachdem man ihre fehler
durch laͤngere regierung empfunden, von eben
denen ſo ſie eingefuͤhret, geaͤndert werden.
Argum. probans: Als kinder haben wir kindiſche
anſchlaͤge und unternehmungen, als iuͤnglinge
ſetzen wir uns viel fuͤr und fuͤhren wenig aus, weil
wir unſere kraͤfte ſelten genugſam kennen, aber
als maͤnner koͤnnen wir erſtlich recht, von dem
politiſchen leben, maͤnnlich und verſtaͤndig urthei-
len.
Minor: Wie oben:
Argument. prob. Denn eine politiſche lebens-art
hat den endzweck, uns und die unſrigen mit ehren
und zum dienſt der ſocietaͤt darinn wir leben, zu
erhalten, hiezu aber gehoͤret erkaͤnntniß unſer
ſelbſt, erkaͤnntniß der ſtaͤnde, ihres guten und boͤ-
ſen, davon man in der iugend gemeiniglich das
wenigſte weiß:
Argum. illuſtr. wie den leuten, die keine Mahlerey
und bildhauer-kunſt verſtehen, und doch davon
urtheilen, ſo geht es uns in der iugend.
Argum. movens: Die lebens-arten haben zweyer-
ley ſeiten, auf der einen ſehen ſie gut, auf der an-
dern ſchlimm, wie leicht ſieht man doch unrecht.
Concluſio: Wie oben:
Argum. illuſtr. ab exemplo aller derer die gluͤcklich
umgeſattelt haben:
Argum. mouens: Jſt derienige kluͤger, der in der
iugend
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0401" n="383"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von der                                 di&#x017F;po&#x017F;ition u&#x0364;berhaupt.</hi> </fw><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">conelu&#x017F;.</hi> Al&#x017F;o wird niemand                                 dencken, daß es eine &#x017F;u&#x0364;nde<lb/>
&#x017F;ey, wenn man                                 eine in der iugend erwehlte le-<lb/>
bens-art fahren                                 la&#x0364;&#x017F;t, und im reiffern alter eine<lb/>
andere                                 erwehlet.</item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Epichirema;</hi> Syllogi&#x017F;mus oratorius:</hi> Ausfu&#x0364;hrung:<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">maior:</hi></hi> wie oben:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">Argum. illu&#x017F;tr.</hi> Wir                                         erfahren ta&#x0364;glich, daß bey ei-<lb/>
nem regiment neue                                         arten, die regierung zu ver-<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ern                                         eingefu&#x0364;hret werden, aber wir erfahren<lb/>
nicht                                         minder, daß &#x017F;ie nachdem man ihre fehler<lb/>
durch                                         la&#x0364;ngere regierung empfunden, von eben<lb/>
denen                                         &#x017F;o &#x017F;ie eingefu&#x0364;hret, gea&#x0364;ndert                                         werden.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">Argum. probans:</hi> Als kinder haben                                         wir kindi&#x017F;che<lb/>
an&#x017F;chla&#x0364;ge und                                         unternehmungen, als iu&#x0364;nglinge<lb/>
&#x017F;etzen wir                                         uns viel fu&#x0364;r und fu&#x0364;hren wenig aus, weil<lb/>
wir un&#x017F;ere kra&#x0364;fte &#x017F;elten                                         genug&#x017F;am kennen, aber<lb/>
als ma&#x0364;nner                                         ko&#x0364;nnen wir er&#x017F;tlich recht, von dem<lb/>
politi&#x017F;chen leben, ma&#x0364;nnlich und                                         ver&#x017F;ta&#x0364;ndig urthei-<lb/>
len.</item></list></item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Minor:</hi></hi> Wie oben:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">Argument. prob.</hi> Denn eine                                         politi&#x017F;che lebens-art<lb/>
hat den endzweck, uns und                                         die un&#x017F;rigen mit ehren<lb/>
und zum dien&#x017F;t der                                         &#x017F;ocieta&#x0364;t darinn wir leben, zu<lb/>
erhalten,                                         hiezu aber geho&#x0364;ret erka&#x0364;nntniß                                         un&#x017F;er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, erka&#x0364;nntniß                                         der &#x017F;ta&#x0364;nde, ihres guten und bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en, davon man in der iugend gemeiniglich das<lb/>
wenig&#x017F;te weiß:</item><lb/><item><hi rendition="#aq">Argum. illu&#x017F;tr.</hi> wie den                                         leuten, die keine Mahlerey<lb/>
und bildhauer-kun&#x017F;t                                         ver&#x017F;tehen, und doch davon<lb/>
urtheilen, &#x017F;o                                         geht es uns in der iugend.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">Argum. movens:</hi> Die lebens-arten                                         haben zweyer-<lb/>
ley &#x017F;eiten, auf der einen                                         &#x017F;ehen &#x017F;ie gut, auf der an-<lb/>
dern                                         &#x017F;chlimm, wie leicht &#x017F;ieht man doch                                         unrecht.</item></list></item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Conclu&#x017F;io:</hi></hi> Wie oben:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">Argum. illu&#x017F;tr. ab exemplo</hi> aller derer die glu&#x0364;cklich<lb/>
umge&#x017F;attelt                                         haben:</item><lb/><item><hi rendition="#aq">Argum. mouens:</hi> J&#x017F;t                                         derienige klu&#x0364;ger, der in der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">iugend</fw><lb/></item></list></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[383/0401] von der diſpoſition uͤberhaupt. coneluſ. Alſo wird niemand dencken, daß es eine ſuͤnde ſey, wenn man eine in der iugend erwehlte le- bens-art fahren laͤſt, und im reiffern alter eine andere erwehlet. Epichirema; Syllogiſmus oratorius: Ausfuͤhrung: maior: wie oben: Argum. illuſtr. Wir erfahren taͤglich, daß bey ei- nem regiment neue arten, die regierung zu ver- beſſern eingefuͤhret werden, aber wir erfahren nicht minder, daß ſie nachdem man ihre fehler durch laͤngere regierung empfunden, von eben denen ſo ſie eingefuͤhret, geaͤndert werden. Argum. probans: Als kinder haben wir kindiſche anſchlaͤge und unternehmungen, als iuͤnglinge ſetzen wir uns viel fuͤr und fuͤhren wenig aus, weil wir unſere kraͤfte ſelten genugſam kennen, aber als maͤnner koͤnnen wir erſtlich recht, von dem politiſchen leben, maͤnnlich und verſtaͤndig urthei- len. Minor: Wie oben: Argument. prob. Denn eine politiſche lebens-art hat den endzweck, uns und die unſrigen mit ehren und zum dienſt der ſocietaͤt darinn wir leben, zu erhalten, hiezu aber gehoͤret erkaͤnntniß unſer ſelbſt, erkaͤnntniß der ſtaͤnde, ihres guten und boͤ- ſen, davon man in der iugend gemeiniglich das wenigſte weiß: Argum. illuſtr. wie den leuten, die keine Mahlerey und bildhauer-kunſt verſtehen, und doch davon urtheilen, ſo geht es uns in der iugend. Argum. movens: Die lebens-arten haben zweyer- ley ſeiten, auf der einen ſehen ſie gut, auf der an- dern ſchlimm, wie leicht ſieht man doch unrecht. Concluſio: Wie oben: Argum. illuſtr. ab exemplo aller derer die gluͤcklich umgeſattelt haben: Argum. mouens: Jſt derienige kluͤger, der in der iugend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/401
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/401>, abgerufen am 01.05.2024.