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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von Theologischen
der wut unsrer feinde verratherischer weise auf-
zuopfern gedencket. Solte da nicht noth verhan-
den seyn, wenn die regierungs-sonnen sich in blut
verwandeln, wenn an dem kirchen-himmel mond
und sterne verdunckelt werden, wenn man die
pflichten eines ieden standes, denen zerbrochenen
taffeln Mosis gleich macht und unter die füsse
tritt? Solte da nicht die zeit der noth verhan-
den seyn, wenn das brausende meer des krieges,
unsere gräntzen überschwemmet, wenn die sich
aufthürmende wellen der kranckheit, den abgrund
zum verderben eröffnen, wenn die wasserwogen
der bösen rotte daher rauschen, und unsere wege
beunruhigen? Wenn der heuchler und falsche
freund, sich bückt, unsern füssen netze zu legen.
Und sehet meine freunde, alles dieses sind dinge
welche so genau mit dem menschlichen leben ver-
gesellschaftet, daß uns immer eins nach den an-
dern erschüttert und in eine furchterweckende be-
trachtung setzet. Wenn nun alle welt seufzet:
Mitten wir im leben sind, mit dem todt um-
fangen, wen suchen wir der hülffe thu,
Daß wir guad erlangen? so gedencken
rechtschaffene Christen an Gott und sprechen:
Das thust du herr alleine. Wenn die gan-
tze welt ängstiglich schreyet:

Mitten in der höllen-angst
Unsre sünd uns treiben,
Wo solln wir dann fliehen hin,
Da wir mögen bleiben?

So antworten Christen: Zu dir, zu dir herr

Christ

von Theologiſchen
der wut unſrer feinde verratheriſcher weiſe auf-
zuopfern gedencket. Solte da nicht noth verhan-
den ſeyn, wenn die regierungs-ſonnen ſich in blut
verwandeln, wenn an dem kirchen-himmel mond
und ſterne verdunckelt werden, wenn man die
pflichten eines ieden ſtandes, denen zerbrochenen
taffeln Moſis gleich macht und unter die fuͤſſe
tritt? Solte da nicht die zeit der noth verhan-
den ſeyn, wenn das brauſende meer des krieges,
unſere graͤntzen uͤberſchwemmet, wenn die ſich
aufthuͤrmende wellen der kranckheit, den abgrund
zum verderben eroͤffnen, wenn die waſſerwogen
der boͤſen rotte daher rauſchen, und unſere wege
beunruhigen? Wenn der heuchler und falſche
freund, ſich buͤckt, unſern fuͤſſen netze zu legen.
Und ſehet meine freunde, alles dieſes ſind dinge
welche ſo genau mit dem menſchlichen leben ver-
geſellſchaftet, daß uns immer eins nach den an-
dern erſchuͤttert und in eine furchterweckende be-
trachtung ſetzet. Wenn nun alle welt ſeufzet:
Mitten wir im leben ſind, mit dem todt um-
fangen, wen ſuchen wir der huͤlffe thu,
Daß wir guad erlangen? ſo gedencken
rechtſchaffene Chriſten an Gott und ſprechen:
Das thuſt du herr alleine. Wenn die gan-
tze welt aͤngſtiglich ſchreyet:

Mitten in der hoͤllen-angſt
Unſre ſuͤnd uns treiben,
Wo ſolln wir dann fliehen hin,
Da wir moͤgen bleiben?

So antworten Chriſten: Zu dir, zu dir herr

Chriſt
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[502/0520] von Theologiſchen der wut unſrer feinde verratheriſcher weiſe auf- zuopfern gedencket. Solte da nicht noth verhan- den ſeyn, wenn die regierungs-ſonnen ſich in blut verwandeln, wenn an dem kirchen-himmel mond und ſterne verdunckelt werden, wenn man die pflichten eines ieden ſtandes, denen zerbrochenen taffeln Moſis gleich macht und unter die fuͤſſe tritt? Solte da nicht die zeit der noth verhan- den ſeyn, wenn das brauſende meer des krieges, unſere graͤntzen uͤberſchwemmet, wenn die ſich aufthuͤrmende wellen der kranckheit, den abgrund zum verderben eroͤffnen, wenn die waſſerwogen der boͤſen rotte daher rauſchen, und unſere wege beunruhigen? Wenn der heuchler und falſche freund, ſich buͤckt, unſern fuͤſſen netze zu legen. Und ſehet meine freunde, alles dieſes ſind dinge welche ſo genau mit dem menſchlichen leben ver- geſellſchaftet, daß uns immer eins nach den an- dern erſchuͤttert und in eine furchterweckende be- trachtung ſetzet. Wenn nun alle welt ſeufzet: Mitten wir im leben ſind, mit dem todt um- fangen, wen ſuchen wir der huͤlffe thu, Daß wir guad erlangen? ſo gedencken rechtſchaffene Chriſten an Gott und ſprechen: Das thuſt du herr alleine. Wenn die gan- tze welt aͤngſtiglich ſchreyet: Mitten in der hoͤllen-angſt Unſre ſuͤnd uns treiben, Wo ſolln wir dann fliehen hin, Da wir moͤgen bleiben? So antworten Chriſten: Zu dir, zu dir herr Chriſt

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/520>, abgerufen am 28.04.2024.