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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von den beweiß-gründen
a) Bey diesem und den folgenden capitel recom-
mendire ich zum nachlesen Hederichs Anleit. zu
den Philologischen wissenschafften
P. II. nach
der Rbetorick: Hln. Langens Oratorie
P. I.
Cap.
1. biß 10. welche die sache nicht nach den ge-
meinen schlendrian obenhin abhandeln.

§. 2. Da alle wahrheit entweder unstrei-
tig oder wahrscheinlich ist, so müssen auch die
schlüsse, wodurch ich die wahrheit meines obie-
cti beweisen will, anders beschaffen seyn, bey
denen unstreitigen, und anders bey denen
wahrscheinlichen wahrheiten. Also hat man
zweyerley argumenta probantia überhaupt,
demonstratiua und probabilia.

§. 3. Unstreitige beweiß-gründe sind solche
argumenta, welche den sich selbst gelassenen
verstand, also von der wahrheit einer sache
überzeugen, daß er ihm solche nicht anders für-
stellen, und auch keinen zweiffel ferner dabey
haben kan.

§. 4. Und da die sinne der ursprung und
kennzeichen aller wahrheiten sind, und ins be-
sondere die unstreitigen wahrheiten, also aus
denselben entspringen, daß sie entweder unmit-
telbar oder mittelbarer weise mit denselben
zusammen verknüpft sind, so hat man auch
zweyerley arten von argumentis demonstra-
tiuis, nemlich sensualia und abstracta.

§. 5. Ehe eine sache als wahr behauptet
wird, ist sie bloß möglich. Weil aber alles
in der welt möglich, oder wenigstens von uns
nicht für unmöglich kan ausgegeben werden,a)

so
von den beweiß-gruͤnden
a) Bey dieſem und den folgenden capitel recom-
mendire ich zum nachleſen Hederichs Anleit. zu
den Philologiſchen wiſſenſchafften
P. II. nach
der Rbetorick: Hln. Langens Oratorie
P. I.
Cap.
1. biß 10. welche die ſache nicht nach den ge-
meinen ſchlendrian obenhin abhandeln.

§. 2. Da alle wahrheit entweder unſtrei-
tig oder wahrſcheinlich iſt, ſo muͤſſen auch die
ſchluͤſſe, wodurch ich die wahrheit meines obie-
cti beweiſen will, anders beſchaffen ſeyn, bey
denen unſtreitigen, und anders bey denen
wahrſcheinlichen wahrheiten. Alſo hat man
zweyerley argumenta probantia uͤberhaupt,
demonſtratiua und probabilia.

§. 3. Unſtreitige beweiß-gruͤnde ſind ſolche
argumenta, welche den ſich ſelbſt gelaſſenen
verſtand, alſo von der wahrheit einer ſache
uͤberzeugen, daß er ihm ſolche nicht anders fuͤr-
ſtellen, und auch keinen zweiffel ferner dabey
haben kan.

§. 4. Und da die ſinne der urſprung und
kennzeichen aller wahrheiten ſind, und ins be-
ſondere die unſtreitigen wahrheiten, alſo aus
denſelben entſpringen, daß ſie entweder unmit-
telbar oder mittelbarer weiſe mit denſelben
zuſammen verknuͤpft ſind, ſo hat man auch
zweyerley arten von argumentis demonſtra-
tiuis, nemlich ſenſualia und abſtracta.

§. 5. Ehe eine ſache als wahr behauptet
wird, iſt ſie bloß moͤglich. Weil aber alles
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nicht fuͤr unmoͤglich kan ausgegeben werden,a)

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[58/0076] von den beweiß-gruͤnden a⁾ Bey dieſem und den folgenden capitel recom- mendire ich zum nachleſen Hederichs Anleit. zu den Philologiſchen wiſſenſchafften P. II. nach der Rbetorick: Hln. Langens Oratorie P. I. Cap. 1. biß 10. welche die ſache nicht nach den ge- meinen ſchlendrian obenhin abhandeln. §. 2. Da alle wahrheit entweder unſtrei- tig oder wahrſcheinlich iſt, ſo muͤſſen auch die ſchluͤſſe, wodurch ich die wahrheit meines obie- cti beweiſen will, anders beſchaffen ſeyn, bey denen unſtreitigen, und anders bey denen wahrſcheinlichen wahrheiten. Alſo hat man zweyerley argumenta probantia uͤberhaupt, demonſtratiua und probabilia. §. 3. Unſtreitige beweiß-gruͤnde ſind ſolche argumenta, welche den ſich ſelbſt gelaſſenen verſtand, alſo von der wahrheit einer ſache uͤberzeugen, daß er ihm ſolche nicht anders fuͤr- ſtellen, und auch keinen zweiffel ferner dabey haben kan. §. 4. Und da die ſinne der urſprung und kennzeichen aller wahrheiten ſind, und ins be- ſondere die unſtreitigen wahrheiten, alſo aus denſelben entſpringen, daß ſie entweder unmit- telbar oder mittelbarer weiſe mit denſelben zuſammen verknuͤpft ſind, ſo hat man auch zweyerley arten von argumentis demonſtra- tiuis, nemlich ſenſualia und abſtracta. §. 5. Ehe eine ſache als wahr behauptet wird, iſt ſie bloß moͤglich. Weil aber alles in der welt moͤglich, oder wenigſtens von uns nicht fuͤr unmoͤglich kan ausgegeben werden, a⁾ ſo

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/76>, abgerufen am 06.05.2024.