Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Belohnung werth, weil durch eine sonderliche Schickung GOttes man nern
Belohnung werth, weil durch eine ſonderliche Schickung GOttes man nern
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0160" n="116"/><hi rendition="#fr">Belohnung werth, weil durch eine ſonderliche Schickung GOttes man<lb/> es ſehr wenig Fůrſten geben koͤnte.</hi> Hingegen gab es auch andere, obſchon<lb/> geringere Gelehrten, welche davor hielten, <hi rendition="#fr">es uͤbertreffe dieſe herrliche Ver-<lb/> ehrung des</hi> <hi rendition="#aq">Taciti</hi> <hi rendition="#fr">Verdienſt weit.</hi> Ja ſie ſcheueten ſich nicht oͤffentlich recht<lb/> ſchimpfflich von einer ſolchen heroiſchen <hi rendition="#aq">Action</hi> zu reden, und <hi rendition="#fr">daß dieſes eine<lb/> Verſchwendung ſeye, die dem</hi> <hi rendition="#aq">Neroni</hi> <hi rendition="#fr">nicht ungewoͤhnlich, ja ein ſolch<lb/> unbeſonnenes Beginnen, das von dergleichen unbedachtſamen Fůrſten<lb/> herzukommen pflege, die mit ihren ůbermaͤßigen Geſchencken vielmehr<lb/> den Namen eines unnůtzen Verſchwenders, als eines freygebigen und<lb/> mildreichen Herrn erlangen.</hi> Dannenhero eben dieſe mehr aus Mißgunſt<lb/> gegen den <hi rendition="#aq">Tacitum,</hi> als aus Liebe, die ſie zu dem <hi rendition="#aq">Neroni</hi> getragen, ihm ſelbſt<lb/> in das Angeſicht ſagten, <hi rendition="#fr">es waͤre in dem</hi> <hi rendition="#aq">Parnaſſo</hi> <hi rendition="#fr">von dem groͤſten Theil<lb/> derer Gelehrten uͤbel aufgenommen worden, daß er vier Worte, wel-<lb/> che ihm zu Ehren von</hi> <hi rendition="#aq">Tacito</hi> <hi rendition="#fr">geſchrieben worden, mit einer ſo groſſen<lb/> Summa Geldes belohnet haͤtte, da doch eben ſelbiger</hi> <hi rendition="#aq">Hiſtoricus</hi> <hi rendition="#fr">an an-<lb/> dern Orten, zu ſeiner ewigen Schande und Schmach, ſolche ſchimpff-<lb/> liche und unzuͤchtige Sachen von ihm vermeldet, welche das Lob, wel-<lb/> ches er ſo hoch beſchencket, gantz und gar umſtieſſen und verdunckelten.</hi><lb/> Allein <hi rendition="#aq">Nero</hi> hat dieſen geantwortet, <hi rendition="#fr">daß gleichwie die vortrefflichen Mah-<lb/> ler, mit denen Schattirungen, denen Bildniſſen, welche ſie mahleten,<lb/> deſto mehr Anſehens machten alſo verurſachen auch die wahrhafften</hi><lb/><hi rendition="#aq">Hiſtorici,</hi> <hi rendition="#fr">indem ſie derer Laſter, will geſchweigen derer kleinen und ge-<lb/> ringen Fehler dererjenigen Fuͤrſten, welcher Leben ſie beſchreiben, mit<lb/> gedencken, daß man ihnen in dem Lob, das ſie ihnen geben, deſto mehr<lb/> Glauben zu ſtelle. Es waͤren ihm derowegen die Schandflecken und<lb/> Laſter, welche</hi> <hi rendition="#aq">Tacitus</hi> <hi rendition="#fr">von ihm meldet, um ſo viel deſto lieber, weil<lb/> das groſſe Lob ſo er ihm gegeben, dieſelben weit uͤbertraͤffe, und eben<lb/> durch ſie um ſo viel glaubhaffter gemachetwůrde. Denn gleichwie die<lb/> allerkoͤſtlichſten Tugenden, mit welcher ein Fuͤrſt koͤnte gezieret ſeyn,<lb/> gantz und gar verdunckelt werden, wann er mit dem ſchaͤndlichen La-<lb/> ſter behafftet, daß er ſich von ſeinen Dienern meiſtern und regieren laͤſ-<lb/> ſet; alſo bedecket auch die herrliche</hi> <hi rendition="#aq">Qualitæt,</hi> <hi rendition="#fr">uͤber ſeine Diner wiſſen al-<lb/> lezeit Herr und Gebieter zu bleiben, die allergroͤſten Laſter und Ge-<lb/> brechen eines Fuͤrſten.</hi> Solches iſt auch nicht ohne. Denn gleich wie man<lb/> nicht widerſprechen kan, daß die <hi rendition="#aq">Alchimiſ</hi>ten, ſo daß ihrige durch den Rauch<lb/> gen Himmel ſchicken und ver<hi rendition="#aq">diſtilli</hi>ren, groſſe Narren und Thoren ſeynd, alſo<lb/> muß man auch bekennen, daß diejenigen Fuͤrſten, welche aus ihren Die-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nern</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0160]
Belohnung werth, weil durch eine ſonderliche Schickung GOttes man
es ſehr wenig Fůrſten geben koͤnte. Hingegen gab es auch andere, obſchon
geringere Gelehrten, welche davor hielten, es uͤbertreffe dieſe herrliche Ver-
ehrung des Taciti Verdienſt weit. Ja ſie ſcheueten ſich nicht oͤffentlich recht
ſchimpfflich von einer ſolchen heroiſchen Action zu reden, und daß dieſes eine
Verſchwendung ſeye, die dem Neroni nicht ungewoͤhnlich, ja ein ſolch
unbeſonnenes Beginnen, das von dergleichen unbedachtſamen Fůrſten
herzukommen pflege, die mit ihren ůbermaͤßigen Geſchencken vielmehr
den Namen eines unnůtzen Verſchwenders, als eines freygebigen und
mildreichen Herrn erlangen. Dannenhero eben dieſe mehr aus Mißgunſt
gegen den Tacitum, als aus Liebe, die ſie zu dem Neroni getragen, ihm ſelbſt
in das Angeſicht ſagten, es waͤre in dem Parnaſſo von dem groͤſten Theil
derer Gelehrten uͤbel aufgenommen worden, daß er vier Worte, wel-
che ihm zu Ehren von Tacito geſchrieben worden, mit einer ſo groſſen
Summa Geldes belohnet haͤtte, da doch eben ſelbiger Hiſtoricus an an-
dern Orten, zu ſeiner ewigen Schande und Schmach, ſolche ſchimpff-
liche und unzuͤchtige Sachen von ihm vermeldet, welche das Lob, wel-
ches er ſo hoch beſchencket, gantz und gar umſtieſſen und verdunckelten.
Allein Nero hat dieſen geantwortet, daß gleichwie die vortrefflichen Mah-
ler, mit denen Schattirungen, denen Bildniſſen, welche ſie mahleten,
deſto mehr Anſehens machten alſo verurſachen auch die wahrhafften
Hiſtorici, indem ſie derer Laſter, will geſchweigen derer kleinen und ge-
ringen Fehler dererjenigen Fuͤrſten, welcher Leben ſie beſchreiben, mit
gedencken, daß man ihnen in dem Lob, das ſie ihnen geben, deſto mehr
Glauben zu ſtelle. Es waͤren ihm derowegen die Schandflecken und
Laſter, welche Tacitus von ihm meldet, um ſo viel deſto lieber, weil
das groſſe Lob ſo er ihm gegeben, dieſelben weit uͤbertraͤffe, und eben
durch ſie um ſo viel glaubhaffter gemachetwůrde. Denn gleichwie die
allerkoͤſtlichſten Tugenden, mit welcher ein Fuͤrſt koͤnte gezieret ſeyn,
gantz und gar verdunckelt werden, wann er mit dem ſchaͤndlichen La-
ſter behafftet, daß er ſich von ſeinen Dienern meiſtern und regieren laͤſ-
ſet; alſo bedecket auch die herrliche Qualitæt, uͤber ſeine Diner wiſſen al-
lezeit Herr und Gebieter zu bleiben, die allergroͤſten Laſter und Ge-
brechen eines Fuͤrſten. Solches iſt auch nicht ohne. Denn gleich wie man
nicht widerſprechen kan, daß die Alchimiſten, ſo daß ihrige durch den Rauch
gen Himmel ſchicken und verdiſtilliren, groſſe Narren und Thoren ſeynd, alſo
muß man auch bekennen, daß diejenigen Fuͤrſten, welche aus ihren Die-
nern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |