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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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ren, als in Holz, Steinen, Erden und Elementen, sowohl als
in Menschen und Thieren. .... Weil ich aber befand, daß in
allen Dingen Böses und Gutes war, in den Elementen so-
wohl als in den Creaturen und daß es in der Welt dem Gott-
losen so wohl ginge als den Frommen, auch die Barbarischen
Völker die besten Länder inne hätten und daß ihnen das Glück
noch wohl mehr beystünde als den Frommen: ward ich dero-
wegen ganz melancholisch und hoch betrübet und konnte mich
keine Schrift trösten, welche mir doch fast wohl bekannt war:
darbey dann gewißlich der Teufel nicht wird gefeyret haben,
welcher mir dann oft Heidnische Gedanken einbleuete, deren ich
allhie verschweigen will." *) Aber so schrecklich sein Gemüth
das finstre, nicht mit den religiösen Vorstellungen eines himm-
lischen Schöpfers zusammenstimmende Wesen der Natur er-
greift, so entzückend afficirt ihn andrerseits die Glanzseite der
Natur. J. Böhm hat Sinn für die Natur. Er ahndet, ja
empfindet die Freuden des Mineralogen, die Freuden des Bo-
tanikers, des Chymikers, kurz die Freuden der "gottlosen Na-
turwissenschaft." Ihn entzückt der Glanz der Edelsteine, der
Klang der Metalle, der Geruch und Farbenschmuck der Pflan-
zen, die Lieblichkeit und Sanftmuth gewisser Thiere. Ich kann
es (nämlich die Offenbarung Gottes in der Lichtwelt, den Pro-
ceß wo "aufgehet in der Gottheit die wunderliche und schöne
Bildung des Himmels in mancherley Farben und Art und er-
zeiget sich jeder Geist in seiner Gestalt sonderlich") ich kann es,
schreibt er an einer andern Stelle, mit nichts vergleichen als
mit den alleredelsten Steinen als Jerubin, Schmaragden, Del-
fin, Onir, Saffir, Diamant, Jaspis, Hyacinth, Amethyst,

*) Kernhafter Auszug ... J. Böhms. Amsterdam 1718. p. 58.

ren, als in Holz, Steinen, Erden und Elementen, ſowohl als
in Menſchen und Thieren. .... Weil ich aber befand, daß in
allen Dingen Böſes und Gutes war, in den Elementen ſo-
wohl als in den Creaturen und daß es in der Welt dem Gott-
loſen ſo wohl ginge als den Frommen, auch die Barbariſchen
Völker die beſten Länder inne hätten und daß ihnen das Glück
noch wohl mehr beyſtünde als den Frommen: ward ich dero-
wegen ganz melancholiſch und hoch betrübet und konnte mich
keine Schrift tröſten, welche mir doch faſt wohl bekannt war:
darbey dann gewißlich der Teufel nicht wird gefeyret haben,
welcher mir dann oft Heidniſche Gedanken einbleuete, deren ich
allhie verſchweigen will.“ *) Aber ſo ſchrecklich ſein Gemüth
das finſtre, nicht mit den religiöſen Vorſtellungen eines himm-
liſchen Schöpfers zuſammenſtimmende Weſen der Natur er-
greift, ſo entzückend afficirt ihn andrerſeits die Glanzſeite der
Natur. J. Böhm hat Sinn für die Natur. Er ahndet, ja
empfindet die Freuden des Mineralogen, die Freuden des Bo-
tanikers, des Chymikers, kurz die Freuden der „gottloſen Na-
turwiſſenſchaft.“ Ihn entzückt der Glanz der Edelſteine, der
Klang der Metalle, der Geruch und Farbenſchmuck der Pflan-
zen, die Lieblichkeit und Sanftmuth gewiſſer Thiere. Ich kann
es (nämlich die Offenbarung Gottes in der Lichtwelt, den Pro-
ceß wo „aufgehet in der Gottheit die wunderliche und ſchöne
Bildung des Himmels in mancherley Farben und Art und er-
zeiget ſich jeder Geiſt in ſeiner Geſtalt ſonderlich“) ich kann es,
ſchreibt er an einer andern Stelle, mit nichts vergleichen als
mit den alleredelſten Steinen als Jerubin, Schmaragden, Del-
fin, Onir, Saffir, Diamant, Jaspis, Hyacinth, Amethyſt,

*) Kernhafter Auszug … J. Böhms. Amſterdam 1718. p. 58.
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[116/0134] ren, als in Holz, Steinen, Erden und Elementen, ſowohl als in Menſchen und Thieren. .... Weil ich aber befand, daß in allen Dingen Böſes und Gutes war, in den Elementen ſo- wohl als in den Creaturen und daß es in der Welt dem Gott- loſen ſo wohl ginge als den Frommen, auch die Barbariſchen Völker die beſten Länder inne hätten und daß ihnen das Glück noch wohl mehr beyſtünde als den Frommen: ward ich dero- wegen ganz melancholiſch und hoch betrübet und konnte mich keine Schrift tröſten, welche mir doch faſt wohl bekannt war: darbey dann gewißlich der Teufel nicht wird gefeyret haben, welcher mir dann oft Heidniſche Gedanken einbleuete, deren ich allhie verſchweigen will.“ *) Aber ſo ſchrecklich ſein Gemüth das finſtre, nicht mit den religiöſen Vorſtellungen eines himm- liſchen Schöpfers zuſammenſtimmende Weſen der Natur er- greift, ſo entzückend afficirt ihn andrerſeits die Glanzſeite der Natur. J. Böhm hat Sinn für die Natur. Er ahndet, ja empfindet die Freuden des Mineralogen, die Freuden des Bo- tanikers, des Chymikers, kurz die Freuden der „gottloſen Na- turwiſſenſchaft.“ Ihn entzückt der Glanz der Edelſteine, der Klang der Metalle, der Geruch und Farbenſchmuck der Pflan- zen, die Lieblichkeit und Sanftmuth gewiſſer Thiere. Ich kann es (nämlich die Offenbarung Gottes in der Lichtwelt, den Pro- ceß wo „aufgehet in der Gottheit die wunderliche und ſchöne Bildung des Himmels in mancherley Farben und Art und er- zeiget ſich jeder Geiſt in ſeiner Geſtalt ſonderlich“) ich kann es, ſchreibt er an einer andern Stelle, mit nichts vergleichen als mit den alleredelſten Steinen als Jerubin, Schmaragden, Del- fin, Onir, Saffir, Diamant, Jaspis, Hyacinth, Amethyſt, *) Kernhafter Auszug … J. Böhms. Amſterdam 1718. p. 58.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/134>, abgerufen am 27.04.2024.