Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Nichts und zur Anerkennung des unsichtbaren,
als des einzigen wahren.

In diesen Schatten von den Schatten der
Schatten bleibt nun jene todtgläubige Seyns-
Philosophie, die wohl gar Natur-Philosophie
wird, die erstorbenste von allen Philosophien,
behangen, und fürchtet, und betet an ihr eige¬
nes Geschöpf.

Dieses Beharren nun ist der Ausdruk ihres
wahren Lebens, und ihrer Liebe, und in diesem ist
dieser Philosophie zu glauben. Wenn sie aber noch
weiter sagt, daß dieses von ihr als wirklich sey¬
endes vorausgesezte Seyn, und das Absolute,
Eins sey, und eben dasselbe, so ist ihr hierin,
so vielmal sie es auch betheuern mag, und
wenn sie auch manchen Eidschwur hinzufügte,
nicht zu glauben; sie weiß dies nicht, sondern
sie sagt es nur auf gutes Glük hin, einer andern
Philosophie, der sie dies nicht abzustreiten wagt,
es nachbetend. Sollte sie es wissen, so müßte
sie nicht von der Zweiheit, die sie durch jenen
Machtspruch nur aufhebt, und dennoch stehen
läßt, als einer unbezweifelten Thatsache ausge¬
hen, sondern sie müßte von der Einheit ausge¬
hen, und aus dieser die Zweiheit, und mit ihr
alle Mannigfaltigkeit verständlich und einleuch¬

Q

Nichts und zur Anerkennung des unſichtbaren,
als des einzigen wahren.

In dieſen Schatten von den Schatten der
Schatten bleibt nun jene todtglaͤubige Seyns-
Philoſophie, die wohl gar Natur-Philoſophie
wird, die erſtorbenſte von allen Philoſophien,
behangen, und fuͤrchtet, und betet an ihr eige¬
nes Geſchoͤpf.

Dieſes Beharren nun iſt der Ausdruk ihres
wahren Lebens, und ihrer Liebe, und in dieſem iſt
dieſer Philoſophie zu glauben. Wenn ſie aber noch
weiter ſagt, daß dieſes von ihr als wirklich ſey¬
endes vorausgeſezte Seyn, und das Abſolute,
Eins ſey, und eben daſſelbe, ſo iſt ihr hierin,
ſo vielmal ſie es auch betheuern mag, und
wenn ſie auch manchen Eidſchwur hinzufuͤgte,
nicht zu glauben; ſie weiß dies nicht, ſondern
ſie ſagt es nur auf gutes Gluͤk hin, einer andern
Philoſophie, der ſie dies nicht abzuſtreiten wagt,
es nachbetend. Sollte ſie es wiſſen, ſo muͤßte
ſie nicht von der Zweiheit, die ſie durch jenen
Machtſpruch nur aufhebt, und dennoch ſtehen
laͤßt, als einer unbezweifelten Thatſache ausge¬
hen, ſondern ſie muͤßte von der Einheit ausge¬
hen, und aus dieſer die Zweiheit, und mit ihr
alle Mannigfaltigkeit verſtaͤndlich und einleuch¬

Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0247" n="241"/>
Nichts und zur Anerkennung des un&#x017F;ichtbaren,<lb/>
als des einzigen wahren.</p><lb/>
        <p>In die&#x017F;en Schatten von den Schatten der<lb/>
Schatten bleibt nun jene todtgla&#x0364;ubige Seyns-<lb/>
Philo&#x017F;ophie, die wohl gar Natur-Philo&#x017F;ophie<lb/>
wird, die er&#x017F;torben&#x017F;te von allen Philo&#x017F;ophien,<lb/>
behangen, und fu&#x0364;rchtet, und betet an ihr eige¬<lb/>
nes Ge&#x017F;cho&#x0364;pf.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;es Beharren nun i&#x017F;t der Ausdruk ihres<lb/>
wahren Lebens, und ihrer Liebe, und in die&#x017F;em i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;er Philo&#x017F;ophie zu glauben. Wenn &#x017F;ie aber noch<lb/>
weiter &#x017F;agt, daß die&#x017F;es von ihr als wirklich &#x017F;ey¬<lb/>
endes vorausge&#x017F;ezte Seyn, und das Ab&#x017F;olute,<lb/>
Eins &#x017F;ey, und eben da&#x017F;&#x017F;elbe, &#x017F;o i&#x017F;t ihr hierin,<lb/>
&#x017F;o vielmal &#x017F;ie es auch betheuern mag, und<lb/>
wenn &#x017F;ie auch manchen Eid&#x017F;chwur hinzufu&#x0364;gte,<lb/>
nicht zu glauben; &#x017F;ie weiß dies nicht, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;agt es nur auf gutes Glu&#x0364;k hin, einer andern<lb/>
Philo&#x017F;ophie, der &#x017F;ie dies nicht abzu&#x017F;treiten wagt,<lb/>
es nachbetend. Sollte &#x017F;ie es wi&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o mu&#x0364;ßte<lb/>
&#x017F;ie nicht von der Zweiheit, die &#x017F;ie durch jenen<lb/>
Macht&#x017F;pruch nur aufhebt, und dennoch &#x017F;tehen<lb/>
la&#x0364;ßt, als einer unbezweifelten That&#x017F;ache ausge¬<lb/>
hen, &#x017F;ondern &#x017F;ie mu&#x0364;ßte von der Einheit ausge¬<lb/>
hen, <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> aus die&#x017F;er die Zweiheit, und mit ihr<lb/>
alle Mannigfaltigkeit ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich und einleuch¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0247] Nichts und zur Anerkennung des unſichtbaren, als des einzigen wahren. In dieſen Schatten von den Schatten der Schatten bleibt nun jene todtglaͤubige Seyns- Philoſophie, die wohl gar Natur-Philoſophie wird, die erſtorbenſte von allen Philoſophien, behangen, und fuͤrchtet, und betet an ihr eige¬ nes Geſchoͤpf. Dieſes Beharren nun iſt der Ausdruk ihres wahren Lebens, und ihrer Liebe, und in dieſem iſt dieſer Philoſophie zu glauben. Wenn ſie aber noch weiter ſagt, daß dieſes von ihr als wirklich ſey¬ endes vorausgeſezte Seyn, und das Abſolute, Eins ſey, und eben daſſelbe, ſo iſt ihr hierin, ſo vielmal ſie es auch betheuern mag, und wenn ſie auch manchen Eidſchwur hinzufuͤgte, nicht zu glauben; ſie weiß dies nicht, ſondern ſie ſagt es nur auf gutes Gluͤk hin, einer andern Philoſophie, der ſie dies nicht abzuſtreiten wagt, es nachbetend. Sollte ſie es wiſſen, ſo muͤßte ſie nicht von der Zweiheit, die ſie durch jenen Machtſpruch nur aufhebt, und dennoch ſtehen laͤßt, als einer unbezweifelten Thatſache ausge¬ hen, ſondern ſie muͤßte von der Einheit ausge¬ hen, und aus dieſer die Zweiheit, und mit ihr alle Mannigfaltigkeit verſtaͤndlich und einleuch¬ Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/247
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/247>, abgerufen am 05.05.2024.