Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fischer, Hermann: Die Werkzeugmaschinen. Bd. 1: Die Metallbearbeitungs-Maschinen. [Textband]. Berlin, 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung.
kräfte nur mittelbar (z. B. bei dem Biegen, aber auch bei dem Stauchen)
auf das Werkstück einwirken.

Demgemäss würde erwünscht sein, die Druckfestigkeit der bildsamen
Metalle zu kennen. Sie ist jedoch -- aus Gründen, deren Erörterung nicht
hierher gehört -- nur wenig untersucht, weshalb man die bekanntere
Reissfestigkeit, da sie bei schmiedbaren Metallen der Druckfestigkeit sehr
nahe zu stehen scheint, an Stelle der letzteren zum Vergleiche heranzuziehen
pflegt. Es ist das für den Entwurf der Werkzeugmaschinen um so eher
zulässig, als diejenige Festigkeit, welche mittels der Prüfmaschine gewonnen
wird, nicht ohne weiteres den Widerstand darstellt, welchen die Werkzeuge
zu überwinden haben. Letzterer ist wegen verschiedener Nebenumstände
grösser als erstere, oft ganz erheblich grösser.

Die Festigkeit des schmiedbaren Eisens schwankt zwischen 35 und
60 kg für 1 qmm, überschreitet wenigstens diese Grenzen selten, wenn das
Eisen nicht erwärmt und weder durch Schlag oder Druck, noch durch
plötzliches Abkühlen gehärtet ist. Die Festigkeit, oder was im vorliegenden
Falle dasselbe ist, die Härte des Eisens nimmt im allgemeinem mit dem

[Abbildung] Fig. 994.
Kohlenstoffgehalt zu. Das weichere,
Schmiedeeisen genannte Eisen ent-
hält 0,05 % bis etwa 0,4 % Kohlen-
stoff mit 35 bis 40 kg Festigkeit
für 1 qmm. Eisen mit 0,5 % bis
höchstens 1,5 % Kohlenstoffgehalt
wird Stahl genannt und ist fester
oder härter als das Schmiedeeisen.
Ausser dem Kohlenstoff beeinflussen
andere Beimengungen (Silicium,
Mangan u. a.) die Härte des Eisens.

Die Druckfestigkeit des Kupfers
ist derjenigen des weichen schmied-
baren Eisens etwa gleich.

Um die Widerstände, welche die Werkzeuge überwinden müssen, zu
mindern, findet meistens eine Erweichung des Eisens durch Erhitzen des-
selben statt. Es ist die Reissfestigkeit des Eisens bei höheren Temperaturen
besonders beobachtet worden von Kollmann1) und Howard.2) Fig. 994
stellt nach Kollmann die Festigkeitsabnahme von Bessemereisen mit 0,23 % C
durch Linie aa, von Feinkorneisen mit 0,12 % C durch Linie bb, von
Schweisseisen mit 0,1 % C durch Linie cc dar. In wagerechter Richtung
sind die Temperaturen, in senkrechter Richtung die zugehörigen Reiss-
festigkeiten aufgetragen. In gleicher Weise und nach demselben Mass-
stabe sind in Fig. 995 vier Linien nach Howard's Versuchen gezeichnet.
dd gehört zu Stahl mit 0,97 % C und 0,8 % Mn, ee zu desgl. mit 0,37 % C
und 0,7 % Mn, ff zu desgl. mit 0,09 % C und 0,11 % Mn, gg zu
Schweisseisen.

Es verlaufen die Schaulinien in Fig. 994 von der in Fig. 995 insofern
abweichend, als erstere zwischen 0° und 250° eine ganz geringe Festigkeits-
abnahme, letztere aber in demselben Temperaturgebiet zunächst eine geringe

1) Verhandl. d. Ver. z. Beförd. d. Gewerbfl. 1880, S. 92.
2) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ingen. 1891, S. 388.

Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung.
kräfte nur mittelbar (z. B. bei dem Biegen, aber auch bei dem Stauchen)
auf das Werkstück einwirken.

Demgemäss würde erwünscht sein, die Druckfestigkeit der bildsamen
Metalle zu kennen. Sie ist jedoch — aus Gründen, deren Erörterung nicht
hierher gehört — nur wenig untersucht, weshalb man die bekanntere
Reissfestigkeit, da sie bei schmiedbaren Metallen der Druckfestigkeit sehr
nahe zu stehen scheint, an Stelle der letzteren zum Vergleiche heranzuziehen
pflegt. Es ist das für den Entwurf der Werkzeugmaschinen um so eher
zulässig, als diejenige Festigkeit, welche mittels der Prüfmaschine gewonnen
wird, nicht ohne weiteres den Widerstand darstellt, welchen die Werkzeuge
zu überwinden haben. Letzterer ist wegen verschiedener Nebenumstände
grösser als erstere, oft ganz erheblich grösser.

Die Festigkeit des schmiedbaren Eisens schwankt zwischen 35 und
60 kg für 1 qmm, überschreitet wenigstens diese Grenzen selten, wenn das
Eisen nicht erwärmt und weder durch Schlag oder Druck, noch durch
plötzliches Abkühlen gehärtet ist. Die Festigkeit, oder was im vorliegenden
Falle dasselbe ist, die Härte des Eisens nimmt im allgemeinem mit dem

[Abbildung] Fig. 994.
Kohlenstoffgehalt zu. Das weichere,
Schmiedeeisen genannte Eisen ent-
hält 0,05 % bis etwa 0,4 % Kohlen-
stoff mit 35 bis 40 kg Festigkeit
für 1 qmm. Eisen mit 0,5 % bis
höchstens 1,5 % Kohlenstoffgehalt
wird Stahl genannt und ist fester
oder härter als das Schmiedeeisen.
Ausser dem Kohlenstoff beeinflussen
andere Beimengungen (Silicium,
Mangan u. a.) die Härte des Eisens.

Die Druckfestigkeit des Kupfers
ist derjenigen des weichen schmied-
baren Eisens etwa gleich.

Um die Widerstände, welche die Werkzeuge überwinden müssen, zu
mindern, findet meistens eine Erweichung des Eisens durch Erhitzen des-
selben statt. Es ist die Reissfestigkeit des Eisens bei höheren Temperaturen
besonders beobachtet worden von Kollmann1) und Howard.2) Fig. 994
stellt nach Kollmann die Festigkeitsabnahme von Bessemereisen mit 0,23 % C
durch Linie aa, von Feinkorneisen mit 0,12 % C durch Linie bb, von
Schweisseisen mit 0,1 % C durch Linie cc dar. In wagerechter Richtung
sind die Temperaturen, in senkrechter Richtung die zugehörigen Reiss-
festigkeiten aufgetragen. In gleicher Weise und nach demselben Mass-
stabe sind in Fig. 995 vier Linien nach Howard’s Versuchen gezeichnet.
dd gehört zu Stahl mit 0,97 % C und 0,8 % Mn, ee zu desgl. mit 0,37 % C
und 0,7 % Mn, ff zu desgl. mit 0,09 % C und 0,11 % Mn, gg zu
Schweisseisen.

Es verlaufen die Schaulinien in Fig. 994 von der in Fig. 995 insofern
abweichend, als erstere zwischen 0° und 250° eine ganz geringe Festigkeits-
abnahme, letztere aber in demselben Temperaturgebiet zunächst eine geringe

1) Verhandl. d. Ver. z. Beförd. d. Gewerbfl. 1880, S. 92.
2) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ingen. 1891, S. 388.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0558" n="540"/><fw place="top" type="header">Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung.</fw><lb/>
kräfte nur mittelbar (z. B. bei dem Biegen, aber auch bei dem Stauchen)<lb/>
auf das Werkstück einwirken.</p><lb/>
          <p>Demgemäss würde erwünscht sein, die Druckfestigkeit der bildsamen<lb/>
Metalle zu kennen. Sie ist jedoch &#x2014; aus Gründen, deren Erörterung nicht<lb/>
hierher gehört &#x2014; nur wenig untersucht, weshalb man die bekanntere<lb/>
Reissfestigkeit, da sie bei schmiedbaren Metallen der Druckfestigkeit sehr<lb/>
nahe zu stehen scheint, an Stelle der letzteren zum Vergleiche heranzuziehen<lb/>
pflegt. Es ist das für den Entwurf der Werkzeugmaschinen um so eher<lb/>
zulässig, als diejenige Festigkeit, welche mittels der Prüfmaschine gewonnen<lb/>
wird, nicht ohne weiteres den Widerstand darstellt, welchen die Werkzeuge<lb/>
zu überwinden haben. Letzterer ist wegen verschiedener Nebenumstände<lb/>
grösser als erstere, oft ganz erheblich grösser.</p><lb/>
          <p>Die Festigkeit des schmiedbaren Eisens schwankt zwischen 35 und<lb/>
60 kg für 1 qmm, überschreitet wenigstens diese Grenzen selten, wenn das<lb/>
Eisen nicht erwärmt und weder durch Schlag oder Druck, noch durch<lb/>
plötzliches Abkühlen gehärtet ist. Die Festigkeit, oder was im vorliegenden<lb/>
Falle dasselbe ist, die Härte des Eisens nimmt im allgemeinem mit dem<lb/><figure><head>Fig. 994.</head></figure><lb/>
Kohlenstoffgehalt zu. Das weichere,<lb/>
Schmiedeeisen genannte Eisen ent-<lb/>
hält 0,05 % bis etwa 0,4 % Kohlen-<lb/>
stoff mit 35 bis 40 kg Festigkeit<lb/>
für 1 qmm. Eisen mit 0,5 % bis<lb/>
höchstens 1,5 % Kohlenstoffgehalt<lb/>
wird Stahl genannt und ist fester<lb/>
oder härter als das Schmiedeeisen.<lb/>
Ausser dem Kohlenstoff beeinflussen<lb/>
andere Beimengungen (Silicium,<lb/>
Mangan u. a.) die Härte des Eisens.</p><lb/>
          <p>Die Druckfestigkeit des Kupfers<lb/>
ist derjenigen des weichen schmied-<lb/>
baren Eisens etwa gleich.</p><lb/>
          <p>Um die Widerstände, welche die Werkzeuge überwinden müssen, zu<lb/>
mindern, findet meistens eine Erweichung des Eisens durch Erhitzen des-<lb/>
selben statt. Es ist die Reissfestigkeit des Eisens bei höheren Temperaturen<lb/>
besonders beobachtet worden von Kollmann<note place="foot" n="1)">Verhandl. d. Ver. z. Beförd. d. Gewerbfl. 1880, S. 92.</note> und Howard.<note place="foot" n="2)">Zeitschr. d. Ver. deutscher Ingen. 1891, S. 388.</note> Fig. 994<lb/>
stellt nach Kollmann die Festigkeitsabnahme von Bessemereisen mit 0,23 % <hi rendition="#i">C</hi><lb/>
durch Linie <hi rendition="#i">aa</hi>, von Feinkorneisen mit 0,12 % <hi rendition="#i">C</hi> durch Linie <hi rendition="#i">bb</hi>, von<lb/>
Schweisseisen mit 0,1 % <hi rendition="#i">C</hi> durch Linie <hi rendition="#i">cc</hi> dar. In wagerechter Richtung<lb/>
sind die Temperaturen, in senkrechter Richtung die zugehörigen Reiss-<lb/>
festigkeiten aufgetragen. In gleicher Weise und nach demselben Mass-<lb/>
stabe sind in Fig. 995 vier Linien nach Howard&#x2019;s Versuchen gezeichnet.<lb/><hi rendition="#i">dd</hi> gehört zu Stahl mit 0,97 % <hi rendition="#i">C</hi> und 0,8 % <hi rendition="#i">Mn, ee</hi> zu desgl. mit 0,37 % <hi rendition="#i">C</hi><lb/>
und 0,7 % <hi rendition="#i">Mn, ff</hi> zu desgl. mit 0,09 % <hi rendition="#i">C</hi> und 0,11 % <hi rendition="#i">Mn, gg</hi> zu<lb/>
Schweisseisen.</p><lb/>
          <p>Es verlaufen die Schaulinien in Fig. 994 von der in Fig. 995 insofern<lb/>
abweichend, als erstere zwischen 0° und 250° eine ganz geringe Festigkeits-<lb/>
abnahme, letztere aber in demselben Temperaturgebiet zunächst eine geringe<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[540/0558] Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung. kräfte nur mittelbar (z. B. bei dem Biegen, aber auch bei dem Stauchen) auf das Werkstück einwirken. Demgemäss würde erwünscht sein, die Druckfestigkeit der bildsamen Metalle zu kennen. Sie ist jedoch — aus Gründen, deren Erörterung nicht hierher gehört — nur wenig untersucht, weshalb man die bekanntere Reissfestigkeit, da sie bei schmiedbaren Metallen der Druckfestigkeit sehr nahe zu stehen scheint, an Stelle der letzteren zum Vergleiche heranzuziehen pflegt. Es ist das für den Entwurf der Werkzeugmaschinen um so eher zulässig, als diejenige Festigkeit, welche mittels der Prüfmaschine gewonnen wird, nicht ohne weiteres den Widerstand darstellt, welchen die Werkzeuge zu überwinden haben. Letzterer ist wegen verschiedener Nebenumstände grösser als erstere, oft ganz erheblich grösser. Die Festigkeit des schmiedbaren Eisens schwankt zwischen 35 und 60 kg für 1 qmm, überschreitet wenigstens diese Grenzen selten, wenn das Eisen nicht erwärmt und weder durch Schlag oder Druck, noch durch plötzliches Abkühlen gehärtet ist. Die Festigkeit, oder was im vorliegenden Falle dasselbe ist, die Härte des Eisens nimmt im allgemeinem mit dem [Abbildung Fig. 994.] Kohlenstoffgehalt zu. Das weichere, Schmiedeeisen genannte Eisen ent- hält 0,05 % bis etwa 0,4 % Kohlen- stoff mit 35 bis 40 kg Festigkeit für 1 qmm. Eisen mit 0,5 % bis höchstens 1,5 % Kohlenstoffgehalt wird Stahl genannt und ist fester oder härter als das Schmiedeeisen. Ausser dem Kohlenstoff beeinflussen andere Beimengungen (Silicium, Mangan u. a.) die Härte des Eisens. Die Druckfestigkeit des Kupfers ist derjenigen des weichen schmied- baren Eisens etwa gleich. Um die Widerstände, welche die Werkzeuge überwinden müssen, zu mindern, findet meistens eine Erweichung des Eisens durch Erhitzen des- selben statt. Es ist die Reissfestigkeit des Eisens bei höheren Temperaturen besonders beobachtet worden von Kollmann 1) und Howard. 2) Fig. 994 stellt nach Kollmann die Festigkeitsabnahme von Bessemereisen mit 0,23 % C durch Linie aa, von Feinkorneisen mit 0,12 % C durch Linie bb, von Schweisseisen mit 0,1 % C durch Linie cc dar. In wagerechter Richtung sind die Temperaturen, in senkrechter Richtung die zugehörigen Reiss- festigkeiten aufgetragen. In gleicher Weise und nach demselben Mass- stabe sind in Fig. 995 vier Linien nach Howard’s Versuchen gezeichnet. dd gehört zu Stahl mit 0,97 % C und 0,8 % Mn, ee zu desgl. mit 0,37 % C und 0,7 % Mn, ff zu desgl. mit 0,09 % C und 0,11 % Mn, gg zu Schweisseisen. Es verlaufen die Schaulinien in Fig. 994 von der in Fig. 995 insofern abweichend, als erstere zwischen 0° und 250° eine ganz geringe Festigkeits- abnahme, letztere aber in demselben Temperaturgebiet zunächst eine geringe 1) Verhandl. d. Ver. z. Beförd. d. Gewerbfl. 1880, S. 92. 2) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ingen. 1891, S. 388.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_werkzeugmaschinen01_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_werkzeugmaschinen01_1900/558
Zitationshilfe: Fischer, Hermann: Die Werkzeugmaschinen. Bd. 1: Die Metallbearbeitungs-Maschinen. [Textband]. Berlin, 1900, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_werkzeugmaschinen01_1900/558>, abgerufen am 27.04.2024.