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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von denen wilden Thieren.
[Spaltenumbruch] war 13. ein und eine halbe Ellen, biß zum
Ausgange des Weydelochs. Die Hertz-
Cammer war von 13. Ribben, die Lufft-
Röhre gieng an dem Rückgrad, wie
beym Hirsche, war auch keine Galle an
der Leber zu mercken, äusserlich waren
die Flechsen und Sehnen der Vordern-
und Hintern-Läuffte ordiniret, wie
beym Hirsch vermeldet, wie auch die
Kugel und Pfannen der Hintern-Keu-
len. Die Vorder-Blätter hatten eine
gleichmäßige Structur mit dem Hirsch
ebenfalls mit Flechsen und Sehnen an-
gehefftet. Jm Köpffgen hatte es gleiche
Beschaffenheit, gestalt es denn vorne sechs
Zähngen unten gewachsen und oben nichts
hatte, als eine rasplichte dicke Haut: Die
Back-Zähne waren eben auch, wie beym
Hirsch, formiret, deren zu jeder Seite acht
doppelte unten und oben stunden. Die
Zunge war sehr zart und delicat gewach-
sen, daß solche vermuthlich von einem
subtilen Geschmack seyn muß. Die Na-
sen-Löcher waren zwar formiret, wie
beym Hirsch; aber wegen zarter empfind-
lichkeit etwas vorwärts situiret; Weiln
sie ungemein von Ferne biß auff drey-
hundert Schritt riechen können. Das
Cerebrum oder innerliche Gehirn war ei-
ner Birnen groß, mit vielen Blut-A-
dern durchwunden, von einer milchig-
ten Materie colligiret. Ein mehrers
merckwürdiges hat man bey der Ana-
tomie
dieses Rehbocks nicht wahrneh-
men können.

Ob man nun zwar allhier zu Lande
nicht eben nach Begehren auch eine Gems
zu anatomiren haben können, so ist doch
wegen dessen innerlichen Structur, ratio-
ne
der Viscerum oder Eingeweyde, zu
muthmaassen, daß solche meist gleicher
Gestalt wie das Reh innerlich beschaffen
seyn müsse. Es schreibet der Weltbe-
rühmte Medicinae Doctor, Gesnerus in
seinem herausgegebenen grossen Thier-
Buche pag. 143. diese Worte: der Gem-
sen Magen ist, gleichwie bey dem Rehe,
in vier Theile eingetheilet, darinnen eben-
falls in einem die Fächer, im andern die
Blätter, die zwey letztern aber durch eine
Haut im grossen Wanst separiret sind:
Man findet darinnen meistens bey denen
alten Gemsen die berühmte Gemsen-Ku-
gel, wie bey denen alten Hirschen das
Hirsch-Creutz im Hertzen, welches jedoch
bey denen jungen wegen ihrer Unvoll-
kommenen Nahrungs-Wissenschafft
nicht anzutreffen, sondern so wohl bey
[Spaltenumbruch] denen Gemsen als Hirschen durch das
männliche Alter und eine offtmahlige
spiritueuse kräfftige Circulationem San-
gvinis
verursachet wird. Obgemeldte
Gemsen-Kugeln, welche in den Magen
der alten Gemsen gefunden werden, sind
von unterschiedener Grösse, Figuren und
Gestalt. Es schreibet ermeldter Autor,
daß er einsmähls eine Gemsen-Kugel
in einem Gems gefunden, welche am Ge-
wicht 5. Qvint, 2. Scrupel gehabt, und
braun von Farbe ausgesehen, hingegen ha-
be er auch eine von 2. Qvint und 2. Scru-
pel von Aschgrauer Farbe gefunden, in-
gleichen auch schwartze runtzelichte und
gläntzende, sowohl runde, fahle und al-
lenthalben mit kleinen Püncktlein über-
zogene: Als man vorgemeldte grosse läng-
lichte Gemsen-Kugel auffgespalten und
dieselbe, umb zu sehen, woraus die com-
ponir
te Materie bestehen würde, seciret,
habe man in derselben nachfolgendes
gefunden, als ein langes Fäselein von
Wurtzeln, ein mittelmäßiges Fäselein von
Kräutern, ein wollichtes Fäselein von
Baum-Moß, einen Stengel wilde Rose-
marien oder hiergenannten Pagan, kleine
Blätter unbekanter Kräuter, einen
Stengel Farren-Kraut und Frauen-
Haar, einen krum gebogenen Dorn und
dergleichen collectanea mehr, welche man
nicht so gar eigentlich expliciren, oder er-
kennen können. So weit obgemeldter
Autor. Ein mehrers habe ich nicht von der
Gemsen Eigenschafft erfahren können,
und halte ich gäntzlich dafür, daß die
Gemsen überhaupt eine Art von Ziegen
oder wilden Geissen seyen, nach ihrer Lan-
des-Art, wie bey uns allhier die Rehe, in-
dem sie dergleichen gespaltene Lauff-Klau-
en, auch nur unten ihre Zähne, item die
Nahrung der Kräuter und Wurtzeln,
wie allhier bey uns die Rehe, durch das
Wiederkauen zu sich nehmen und con-
coquir
en, nur daß sie in der äuserlichen
Structur, Haar und Farben, nach dem
Climate Coeli, Nahrung, Lufft und Was-
ser sehr different variiren. Von dem Ge-
hörngen aber habe biß dato sowohl nach
dessen Natur und Eigenschafft physice,
als deren innerlichen Beschaffenheit ana-
tomice
noch keinen Grund, ob das Ge-
hörn einer Gems ebenfalls die jährliche
Veränderung, wie eines Reh-Bocks
Gehörngen, oder Hirschs-Geweyh ha-
be, daß es jährlich abgeworffen, und wie-
der auffgesetzet werde und seinen Zu-
gang, Wachsthum und Nahrung per

Ductus
R 3

Von denen wilden Thieren.
[Spaltenumbruch] war 13. ein und eine halbe Ellen, biß zum
Ausgange des Weydelochs. Die Hertz-
Cammer war von 13. Ribben, die Lufft-
Roͤhre gieng an dem Ruͤckgrad, wie
beym Hirſche, war auch keine Galle an
der Leber zu mercken, aͤuſſerlich waren
die Flechſen und Sehnen der Vordern-
und Hintern-Laͤuffte ordiniret, wie
beym Hirſch vermeldet, wie auch die
Kugel und Pfannen der Hintern-Keu-
len. Die Vorder-Blaͤtter hatten eine
gleichmaͤßige Structur mit dem Hirſch
ebenfalls mit Flechſen und Sehnen an-
gehefftet. Jm Koͤpffgen hatte es gleiche
Beſchaffenheit, geſtalt es denn vorne ſechs
Zaͤhngen unten gewachſen und obẽ nichts
hatte, als eine raſplichte dicke Haut: Die
Back-Zaͤhne waren eben auch, wie beym
Hirſch, formiret, deren zu jeder Seite acht
doppelte unten und oben ſtunden. Die
Zunge war ſehr zart und delicat gewach-
ſen, daß ſolche vermuthlich von einem
ſubtilen Geſchmack ſeyn muß. Die Na-
ſen-Loͤcher waren zwar formiret, wie
beym Hirſch; aber wegen zarter empfind-
lichkeit etwas vorwaͤrts ſituiret; Weiln
ſie ungemein von Ferne biß auff drey-
hundert Schritt riechen koͤnnen. Das
Cerebrum oder innerliche Gehirn war ei-
ner Birnen groß, mit vielen Blut-A-
dern durchwunden, von einer milchig-
ten Materie colligiret. Ein mehrers
merckwuͤrdiges hat man bey der Ana-
tomie
dieſes Rehbocks nicht wahrneh-
men koͤnnen.

Ob man nun zwar allhier zu Lande
nicht eben nach Begehren auch eine Gems
zu anatomiren haben koͤnnen, ſo iſt doch
wegen deſſen innerlichen Structur, ratio-
ne
der Viſcerum oder Eingeweyde, zu
muthmaaſſen, daß ſolche meiſt gleicher
Geſtalt wie das Reh innerlich beſchaffen
ſeyn muͤſſe. Es ſchreibet der Weltbe-
ruͤhmte Medicinæ Doctor, Geſnerus in
ſeinem herausgegebenen groſſen Thier-
Buche pag. 143. dieſe Worte: der Gem-
ſen Magen iſt, gleichwie bey dem Rehe,
in vier Theile eingetheilet, darinnen eben-
falls in einem die Faͤcher, im andern die
Blaͤtter, die zwey letztern aber durch eine
Haut im groſſen Wanſt ſepariret ſind:
Man findet darinnen meiſtens bey denen
alten Gemſen die beruͤhmte Gemſen-Ku-
gel, wie bey denen alten Hirſchen das
Hirſch-Creutz im Hertzen, welches jedoch
bey denen jungen wegen ihrer Unvoll-
kommenen Nahrungs-Wiſſenſchafft
nicht anzutreffen, ſondern ſo wohl bey
[Spaltenumbruch] denen Gemſen als Hirſchen durch das
maͤnnliche Alter und eine offtmahlige
ſpiritueuſe kraͤfftige Circulationem San-
gvinis
verurſachet wird. Obgemeldte
Gemſen-Kugeln, welche in den Magen
der alten Gemſen gefunden werden, ſind
von unterſchiedener Groͤſſe, Figuren und
Geſtalt. Es ſchreibet ermeldter Autor,
daß er einsmaͤhls eine Gemſen-Kugel
in einem Gems gefunden, welche am Ge-
wicht 5. Qvint, 2. Scrupel gehabt, und
braun von Farbe ausgeſehẽ, hingegen ha-
be er auch eine von 2. Qvint und 2. Scru-
pel von Aſchgrauer Farbe gefunden, in-
gleichen auch ſchwartze runtzelichte und
glaͤntzende, ſowohl runde, fahle und al-
lenthalben mit kleinen Puͤncktlein uͤber-
zogene: Als man vorgemeldte groſſe laͤng-
lichte Gemſen-Kugel auffgeſpalten und
dieſelbe, umb zu ſehen, woraus die com-
ponir
te Materie beſtehen wuͤrde, ſeciret,
habe man in derſelben nachfolgendes
gefunden, als ein langes Faͤſelein von
Wurtzeln, ein mittelmaͤßiges Faͤſelein von
Kraͤutern, ein wollichtes Faͤſelein von
Baum-Moß, einen Stengel wilde Roſe-
marien oder hiergenannten Pagan, kleine
Blaͤtter unbekanter Kraͤuter, einen
Stengel Farren-Kraut und Frauen-
Haar, einen krum gebogenen Dorn und
dergleichen collectanea mehr, welche man
nicht ſo gar eigentlich expliciren, oder er-
kennen koͤnnen. So weit obgemeldter
Autor. Ein mehrers habe ich nicht von der
Gemſen Eigenſchafft erfahren koͤnnen,
und halte ich gaͤntzlich dafuͤr, daß die
Gemſen uͤberhaupt eine Art von Ziegen
oder wilden Geiſſen ſeyen, nach ihrer Lan-
des-Art, wie bey uns allhier die Rehe, in-
dem ſie deꝛgleichen geſpaltene Lauff-Klau-
en, auch nur unten ihre Zaͤhne, item die
Nahrung der Kraͤuter und Wurtzeln,
wie allhier bey uns die Rehe, durch das
Wiederkauen zu ſich nehmen und con-
coquir
en, nur daß ſie in der aͤuſerlichen
Structur, Haar und Farben, nach dem
Climate Cœli, Nahrung, Lufft und Waſ-
ſer ſehr different variiren. Von dem Ge-
hoͤrngen aber habe biß dato ſowohl nach
deſſen Natur und Eigenſchafft phyſice,
als deren innerlichen Beſchaffenheit ana-
tomice
noch keinen Grund, ob das Ge-
hoͤrn einer Gems ebenfalls die jaͤhrliche
Veraͤnderung, wie eines Reh-Bocks
Gehoͤrngen, oder Hirſchs-Geweyh ha-
be, daß es jaͤhrlich abgeworffen, und wie-
der auffgeſetzet werde und ſeinen Zu-
gang, Wachsthum und Nahrung per

Ductus
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[133/0235] Von denen wilden Thieren. war 13. ein und eine halbe Ellen, biß zum Ausgange des Weydelochs. Die Hertz- Cammer war von 13. Ribben, die Lufft- Roͤhre gieng an dem Ruͤckgrad, wie beym Hirſche, war auch keine Galle an der Leber zu mercken, aͤuſſerlich waren die Flechſen und Sehnen der Vordern- und Hintern-Laͤuffte ordiniret, wie beym Hirſch vermeldet, wie auch die Kugel und Pfannen der Hintern-Keu- len. Die Vorder-Blaͤtter hatten eine gleichmaͤßige Structur mit dem Hirſch ebenfalls mit Flechſen und Sehnen an- gehefftet. Jm Koͤpffgen hatte es gleiche Beſchaffenheit, geſtalt es denn vorne ſechs Zaͤhngen unten gewachſen und obẽ nichts hatte, als eine raſplichte dicke Haut: Die Back-Zaͤhne waren eben auch, wie beym Hirſch, formiret, deren zu jeder Seite acht doppelte unten und oben ſtunden. Die Zunge war ſehr zart und delicat gewach- ſen, daß ſolche vermuthlich von einem ſubtilen Geſchmack ſeyn muß. Die Na- ſen-Loͤcher waren zwar formiret, wie beym Hirſch; aber wegen zarter empfind- lichkeit etwas vorwaͤrts ſituiret; Weiln ſie ungemein von Ferne biß auff drey- hundert Schritt riechen koͤnnen. Das Cerebrum oder innerliche Gehirn war ei- ner Birnen groß, mit vielen Blut-A- dern durchwunden, von einer milchig- ten Materie colligiret. Ein mehrers merckwuͤrdiges hat man bey der Ana- tomie dieſes Rehbocks nicht wahrneh- men koͤnnen. Ob man nun zwar allhier zu Lande nicht eben nach Begehren auch eine Gems zu anatomiren haben koͤnnen, ſo iſt doch wegen deſſen innerlichen Structur, ratio- ne der Viſcerum oder Eingeweyde, zu muthmaaſſen, daß ſolche meiſt gleicher Geſtalt wie das Reh innerlich beſchaffen ſeyn muͤſſe. Es ſchreibet der Weltbe- ruͤhmte Medicinæ Doctor, Geſnerus in ſeinem herausgegebenen groſſen Thier- Buche pag. 143. dieſe Worte: der Gem- ſen Magen iſt, gleichwie bey dem Rehe, in vier Theile eingetheilet, darinnen eben- falls in einem die Faͤcher, im andern die Blaͤtter, die zwey letztern aber durch eine Haut im groſſen Wanſt ſepariret ſind: Man findet darinnen meiſtens bey denen alten Gemſen die beruͤhmte Gemſen-Ku- gel, wie bey denen alten Hirſchen das Hirſch-Creutz im Hertzen, welches jedoch bey denen jungen wegen ihrer Unvoll- kommenen Nahrungs-Wiſſenſchafft nicht anzutreffen, ſondern ſo wohl bey denen Gemſen als Hirſchen durch das maͤnnliche Alter und eine offtmahlige ſpiritueuſe kraͤfftige Circulationem San- gvinis verurſachet wird. Obgemeldte Gemſen-Kugeln, welche in den Magen der alten Gemſen gefunden werden, ſind von unterſchiedener Groͤſſe, Figuren und Geſtalt. Es ſchreibet ermeldter Autor, daß er einsmaͤhls eine Gemſen-Kugel in einem Gems gefunden, welche am Ge- wicht 5. Qvint, 2. Scrupel gehabt, und braun von Farbe ausgeſehẽ, hingegen ha- be er auch eine von 2. Qvint und 2. Scru- pel von Aſchgrauer Farbe gefunden, in- gleichen auch ſchwartze runtzelichte und glaͤntzende, ſowohl runde, fahle und al- lenthalben mit kleinen Puͤncktlein uͤber- zogene: Als man vorgemeldte groſſe laͤng- lichte Gemſen-Kugel auffgeſpalten und dieſelbe, umb zu ſehen, woraus die com- ponirte Materie beſtehen wuͤrde, ſeciret, habe man in derſelben nachfolgendes gefunden, als ein langes Faͤſelein von Wurtzeln, ein mittelmaͤßiges Faͤſelein von Kraͤutern, ein wollichtes Faͤſelein von Baum-Moß, einen Stengel wilde Roſe- marien oder hiergenannten Pagan, kleine Blaͤtter unbekanter Kraͤuter, einen Stengel Farren-Kraut und Frauen- Haar, einen krum gebogenen Dorn und dergleichen collectanea mehr, welche man nicht ſo gar eigentlich expliciren, oder er- kennen koͤnnen. So weit obgemeldter Autor. Ein mehrers habe ich nicht von der Gemſen Eigenſchafft erfahren koͤnnen, und halte ich gaͤntzlich dafuͤr, daß die Gemſen uͤberhaupt eine Art von Ziegen oder wilden Geiſſen ſeyen, nach ihrer Lan- des-Art, wie bey uns allhier die Rehe, in- dem ſie deꝛgleichen geſpaltene Lauff-Klau- en, auch nur unten ihre Zaͤhne, item die Nahrung der Kraͤuter und Wurtzeln, wie allhier bey uns die Rehe, durch das Wiederkauen zu ſich nehmen und con- coquiren, nur daß ſie in der aͤuſerlichen Structur, Haar und Farben, nach dem Climate Cœli, Nahrung, Lufft und Waſ- ſer ſehr different variiren. Von dem Ge- hoͤrngen aber habe biß dato ſowohl nach deſſen Natur und Eigenſchafft phyſice, als deren innerlichen Beſchaffenheit ana- tomice noch keinen Grund, ob das Ge- hoͤrn einer Gems ebenfalls die jaͤhrliche Veraͤnderung, wie eines Reh-Bocks Gehoͤrngen, oder Hirſchs-Geweyh ha- be, daß es jaͤhrlich abgeworffen, und wie- der auffgeſetzet werde und ſeinen Zu- gang, Wachsthum und Nahrung per Ductus R 3

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/235>, abgerufen am 28.04.2024.