Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünffter Theil/
[Spaltenumbruch] liebt gemacht, und in Gnaden gesetzet.
Hierbey erfordert auch zugleich der Jagd-
Pagen Schuldigkeit, der Auffwartung ih-
rer Gnädigen Herrschafft mit behörigen
Servitiis wohl und mit besonderm Fleiß
abzuwarten, und sind eigendlich des
Adels bey der Jägerey ersterer An-
fang. Dann gleichwie keiner ein Hof-
Jäger werden kan, er sey dann per
Gradus
bürgerlichen Standes von dem
Hunde-Jungen, ferner als Jäger-
Pursch und successive auch zu an-
dern Chargen avanciret; So kan auch
keiner von Rechtswegen ein Forst-Mei-
ster, weniger ein Jäger-Meister wer-
den, der nicht zuvor seine Principia mit
dem Leith-Hunde gelernet, und als Jagd-
Page auffgewartet, ferner zum Jagd-
Juncker und Forst-Meister avanciret.
Dieweiln aber diese Chargen eine etwas
späthe Promotion verursachen, so ver-
ändern die meisten Jagd-Pagen gar
frühzeitig diese Profession, und werden
entweder, nach ihrem Verhalten, guten
Naturel, und Herrschafftlicher Gnade, bey
Hof zu anderen Dignitäten, als Cammer-
Junckern, oder worzu sie sonst zu ge-
brauchen, erhoben; Am allermeisten
aber ziehet das Kalb-Fell solche junge
liederliche leichtsinnige Gemüther gar
öffters an sich, da sie, wo noch einige Herr-
schafftliche Gnade übrig, etwan ein
Fähnlein, oder Fähndrich-Charge erhal-
ten; Wo aber das liederliche Gemüth
einmahl gar zusehr inficiret und keine
Besserung zu hoffen, folglich schärffere
Disciplin nöthig ist, kan auch ein solcher
Wildfang gar füglich unter der Direction
eines scharffen Officiers zum Musquetier
oder Unter-Officier genommen werden,
sodann ists mit dessen Jägerey gäntzlich
aus, und verlohren. Was der Adel-
Stand an und vor sich selbst für eine son-
derbahre Praerogativ vor andern durch
GOTTes sonderbahres Schicksal und
der Uhr-Eltern, zu Kriegs- und Frie-
dens-Zeiten, durch Tugenden er-
langte Ehre denen Nachkommen einen
mercklichen Vortheil bringe, aus einem
uhralten Adelichen Hauß gebohren zu
seyn, ist sonder Zweiffel Jedermann zur Ge-
nuge bekant. Es solte dieselben auch billig
zu ferneren christadelichen Tugenden und
löblichen, sowohl Rittermäßigen, als ge-
lehrten Wissenschafften, gleichsam an-
spohren, und hierinnen ihrer Vor-El-
ter Fußstapffen zu imitiren, Anlaß geben,
nach dem Sprichwort: Nobilis est ille,
[Spaltenumbruch] quem nobilitat sua virtus; Virtute, non
sangvine, niti decet,
sonderlich bey dem
Hoffleben, allwo man gleichsam das
Compendium aller Vortreffligkeiten der
Welt antrifft. Die allerdümmsten Köpf-
fe, und unverständigsten Idioten werden
daselbst zu allem habil gemacht, alles,
was das bäuerische Land-Leben ver-
wildert, wird bey Hoffe zu allem geschickt
gemachet: Die offtmahlige Gegenwart
des Printzen machet denen jungen Leu-
ten ihren Verstand erleuchtend, nach-
dencklich, geschickt, höfflich und subtil; Mit
einem Wort, sie scheinen solcher angeneh-
men Tugenben halber gantz andere Men-
schen zu seyn. Wie aber auch das
allersubtilste desto leichter der Cor-
ruption
unterworffen ist, also wer-
den junge Gemüther bey Hoffe gar leicht
verführet; Dahero sie öffters durch viel-
fältiges simuliren, und dissimuliren, be-
triegerisch, falsch, wollüstig, ehrgeitzig,
leichtsinnig, müßig, und leyder! mehrern
Lastern ergeben, und unterworffen wer-
den. Wann demnach ein junger von Adel,
auff Einrathen seiner Eltern, oder Be-
freunden, das Hoff-Leben antreten will,
soll er zuförderst in der Gottesfurcht,
christlichen, und adelichen Studiis, und
Exercitiis, zu Hause durch Informato-
res pro Fundamento
wohl unterrichtet
seyn, weiln ihm solche Principia Lebens-
lang anhangen werden; Sodann fein in
der Jugend, weil es noch Zeit ist, auf Re-
commendation
Hoher Ministers, suchen
bey der jungen Herrschafft als Page an-
zukommen. Hierbey wäre nicht schäd-
lich, als ein Page dem Ober-Jägermeister
zuvor ein paar Jahr auffzuwarten, da-
mit man ihn zum Hohen Patron gewin-
ne; Das Hoffleben aber dabey begrief-
fe, damit ihm von Jugend auff zugleich
alle daselbst vorfallende Ungelegenhei-
ten, sich gehorsamb, hurtig und geschwind
zu machen, nur eine Lust seyn mögen.
Vornehmlich, wo sie ihre Hoffmeister
und Informatores haben, da sie zu denen
Studiis Ethicis, Politicis, und Historicis.
zu guten Sprachen und Künsten, auch
löblichen Exercitiis gehalten, dabey in
Gottesfurcht, Höfflichen und Adelichen
Tugenden, und Sitten, gewöhnet, oder
mit allem Ernst, und Zucht darzu er-
zogen werden, auch mit der Zeit, wann
sie erwachsen, und sich wohl gehalten,
auff des Herren Unkosten fremde Län-
der durchreisset haben, qualificiret wie-

derkom-

Fuͤnffter Theil/
[Spaltenumbruch] liebt gemacht, und in Gnaden geſetzet.
Hierbey erfordert auch zugleich der Jagd-
Pagen Schuldigkeit, der Auffwartung ih-
rer Gnaͤdigen Herrſchafft mit behoͤrigen
Servitiis wohl und mit beſonderm Fleiß
abzuwarten, und ſind eigendlich des
Adels bey der Jaͤgerey erſterer An-
fang. Dann gleichwie keiner ein Hof-
Jaͤger werden kan, er ſey dann per
Gradus
buͤrgerlichen Standes von dem
Hunde-Jungen, ferner als Jaͤger-
Purſch und ſuccesſive auch zu an-
dern Chargen avanciret; So kan auch
keiner von Rechtswegen ein Forſt-Mei-
ſter, weniger ein Jaͤger-Meiſter wer-
den, der nicht zuvor ſeine Principia mit
dem Leith-Hunde gelernet, und als Jagd-
Page auffgewartet, ferner zum Jagd-
Juncker und Forſt-Meiſter avanciret.
Dieweiln aber dieſe Chargen eine etwas
ſpaͤthe Promotion verurſachen, ſo ver-
aͤndern die meiſten Jagd-Pagen gar
fruͤhzeitig dieſe Profesſion, und werden
entweder, nach ihrem Verhalten, guten
Naturel, und Herrſchafftlicher Gnade, bey
Hof zu anderen Dignitaͤten, als Cammer-
Junckern, oder worzu ſie ſonſt zu ge-
brauchen, erhoben; Am allermeiſten
aber ziehet das Kalb-Fell ſolche junge
liederliche leichtſinnige Gemuͤther gar
oͤffters an ſich, da ſie, wo noch einige Herr-
ſchafftliche Gnade uͤbrig, etwan ein
Faͤhnlein, oder Faͤhndrich-Charge erhal-
ten; Wo aber das liederliche Gemuͤth
einmahl gar zuſehr inficiret und keine
Beſſerung zu hoffen, folglich ſchaͤrffere
Diſciplin noͤthig iſt, kan auch ein ſolcher
Wildfang gar fuͤglich unter der Direction
eines ſcharffen Officiers zum Muſquetier
oder Unter-Officier genommen werden,
ſodann iſts mit deſſen Jaͤgerey gaͤntzlich
aus, und verlohren. Was der Adel-
Stand an und vor ſich ſelbſt fuͤr eine ſon-
derbahre Prærogativ vor andern durch
GOTTes ſonderbahres Schickſal und
der Uhr-Eltern, zu Kriegs- und Frie-
dens-Zeiten, durch Tugenden er-
langte Ehre denen Nachkommen einen
mercklichen Vortheil bringe, aus einem
uhralten Adelichen Hauß gebohren zu
ſeyn, iſt ſonder Zweiffel Jedermañ zur Ge-
nuge bekant. Es ſolte dieſelben auch billig
zu ferneren chriſtadelichen Tugenden und
loͤblichen, ſowohl Rittermaͤßigen, als ge-
lehrten Wiſſenſchafften, gleichſam an-
ſpohren, und hierinnen ihrer Vor-El-
ter Fußſtapffen zu imitiren, Anlaß geben,
nach dem Sprichwort: Nobilis eſt ille,
[Spaltenumbruch] quem nobilitat ſua virtus; Virtute, non
ſangvine, niti decet,
ſonderlich bey dem
Hoffleben, allwo man gleichſam das
Compendium aller Vortreffligkeiten der
Welt antrifft. Die allerduͤmmſten Koͤpf-
fe, und unverſtaͤndigſten Idioten werden
daſelbſt zu allem habil gemacht, alles,
was das baͤueriſche Land-Leben ver-
wildert, wird bey Hoffe zu allem geſchickt
gemachet: Die offtmahlige Gegenwart
des Printzen machet denen jungen Leu-
ten ihren Verſtand erleuchtend, nach-
dencklich, geſchickt, hoͤfflich und ſubtil; Mit
einem Wort, ſie ſcheinen ſolcher angeneh-
men Tugenben halber gantz andere Men-
ſchen zu ſeyn. Wie aber auch das
allerſubtilſte deſto leichter der Cor-
ruption
unterworffen iſt, alſo wer-
den junge Gemuͤther bey Hoffe gar leicht
verfuͤhret; Dahero ſie oͤffters durch viel-
faͤltiges ſimuliren, und disſimuliren, be-
triegeriſch, falſch, wolluͤſtig, ehrgeitzig,
leichtſinnig, muͤßig, und leyder! mehrern
Laſtern ergeben, und unterworffen wer-
den. Wann demnach ein junger von Adel,
auff Einrathen ſeiner Eltern, oder Be-
freunden, das Hoff-Leben antreten will,
ſoll er zufoͤrderſt in der Gottesfurcht,
chriſtlichen, und adelichen Studiis, und
Exercitiis, zu Hauſe durch Informato-
res pro Fundamento
wohl unterrichtet
ſeyn, weiln ihm ſolche Principia Lebens-
lang anhangen werden; Sodann fein in
der Jugend, weil es noch Zeit iſt, auf Re-
commendation
Hoher Miniſters, ſuchen
bey der jungen Herrſchafft als Page an-
zukommen. Hierbey waͤre nicht ſchaͤd-
lich, als ein Page dem Ober-Jaͤgermeiſter
zuvor ein paar Jahr auffzuwarten, da-
mit man ihn zum Hohen Patron gewin-
ne; Das Hoffleben aber dabey begrief-
fe, damit ihm von Jugend auff zugleich
alle daſelbſt vorfallende Ungelegenhei-
ten, ſich gehorſamb, hurtig und geſchwind
zu machen, nur eine Luſt ſeyn moͤgen.
Vornehmlich, wo ſie ihre Hoffmeiſter
und Informatores haben, da ſie zu denen
Studiis Ethicis, Politicis, und Hiſtoricis.
zu guten Sprachen und Kuͤnſten, auch
loͤblichen Exercitiis gehalten, dabey in
Gottesfurcht, Hoͤfflichen und Adelichen
Tugenden, und Sitten, gewoͤhnet, oder
mit allem Ernſt, und Zucht darzu er-
zogen werden, auch mit der Zeit, wann
ſie erwachſen, und ſich wohl gehalten,
auff des Herren Unkoſten fremde Laͤn-
der durchreiſſet haben, qualificiret wie-

derkom-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0406" n="266"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nffter Theil/</hi></fw><lb/><cb/>
liebt gemacht, und in Gnaden ge&#x017F;etzet.<lb/>
Hierbey erfordert auch zugleich der Jagd-<lb/><hi rendition="#aq">Pagen</hi> Schuldigkeit, der Auffwartung ih-<lb/>
rer Gna&#x0364;digen Herr&#x017F;chafft mit beho&#x0364;rigen<lb/><hi rendition="#aq">Servitiis</hi> wohl und mit be&#x017F;onderm Fleiß<lb/>
abzuwarten, und &#x017F;ind eigendlich des<lb/>
Adels bey der Ja&#x0364;gerey er&#x017F;terer An-<lb/>
fang. Dann gleichwie keiner ein Hof-<lb/>
Ja&#x0364;ger werden kan, er &#x017F;ey dann <hi rendition="#aq">per<lb/>
Gradus</hi> bu&#x0364;rgerlichen Standes von dem<lb/>
Hunde-Jungen, ferner als Ja&#x0364;ger-<lb/>
Pur&#x017F;ch und <hi rendition="#aq">&#x017F;ucces&#x017F;ive</hi> auch zu an-<lb/>
dern <hi rendition="#aq">Chargen avancir</hi>et; So kan auch<lb/>
keiner von Rechtswegen ein For&#x017F;t-Mei-<lb/>
&#x017F;ter, weniger ein Ja&#x0364;ger-Mei&#x017F;ter wer-<lb/>
den, der nicht zuvor &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Principia</hi> mit<lb/>
dem Leith-Hunde gelernet, und als Jagd-<lb/><hi rendition="#aq">Page</hi> auffgewartet, ferner zum Jagd-<lb/>
Juncker und For&#x017F;t-Mei&#x017F;ter <hi rendition="#aq">avancir</hi>et.<lb/>
Dieweiln aber die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Chargen</hi> eine etwas<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;the <hi rendition="#aq">Promotion</hi> verur&#x017F;achen, &#x017F;o ver-<lb/>
a&#x0364;ndern die mei&#x017F;ten Jagd-<hi rendition="#aq">Pagen</hi> gar<lb/>
fru&#x0364;hzeitig die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Profes&#x017F;ion,</hi> und werden<lb/>
entweder, nach ihrem Verhalten, guten<lb/><hi rendition="#aq">Naturel,</hi> und Herr&#x017F;chafftlicher Gnade, bey<lb/>
Hof zu anderen <hi rendition="#aq">Dignit</hi>a&#x0364;ten, als Cammer-<lb/>
Junckern, oder worzu &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t zu ge-<lb/>
brauchen, erhoben; Am allermei&#x017F;ten<lb/>
aber ziehet das Kalb-Fell &#x017F;olche junge<lb/>
liederliche leicht&#x017F;innige Gemu&#x0364;ther gar<lb/>
o&#x0364;ffters an &#x017F;ich, da &#x017F;ie, wo noch einige Herr-<lb/>
&#x017F;chafftliche Gnade u&#x0364;brig, etwan ein<lb/>
Fa&#x0364;hnlein, oder Fa&#x0364;hndrich-<hi rendition="#aq">Charge</hi> erhal-<lb/>
ten; Wo aber das liederliche Gemu&#x0364;th<lb/>
einmahl gar zu&#x017F;ehr <hi rendition="#aq">inficir</hi>et und keine<lb/>
Be&#x017F;&#x017F;erung zu hoffen, folglich &#x017F;cha&#x0364;rffere<lb/><hi rendition="#aq">Di&#x017F;ciplin</hi> no&#x0364;thig i&#x017F;t, kan auch ein &#x017F;olcher<lb/>
Wildfang gar fu&#x0364;glich unter der <hi rendition="#aq">Direction</hi><lb/>
eines &#x017F;charffen <hi rendition="#aq">Officiers</hi> zum <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;quetier</hi><lb/>
oder Unter-<hi rendition="#aq">Officier</hi> genommen werden,<lb/>
&#x017F;odann i&#x017F;ts mit de&#x017F;&#x017F;en Ja&#x0364;gerey ga&#x0364;ntzlich<lb/>
aus, und verlohren. Was der Adel-<lb/>
Stand an und vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r eine &#x017F;on-<lb/>
derbahre <hi rendition="#aq">Prærogativ</hi> vor andern durch<lb/>
GOTTes &#x017F;onderbahres Schick&#x017F;al und<lb/>
der Uhr-Eltern, zu Kriegs- und Frie-<lb/>
dens-Zeiten, durch Tugenden er-<lb/>
langte Ehre denen Nachkommen einen<lb/>
mercklichen Vortheil bringe, aus einem<lb/>
uhralten Adelichen Hauß gebohren zu<lb/>
&#x017F;eyn, i&#x017F;t &#x017F;onder Zweiffel Jederman&#x0303; zur Ge-<lb/>
nuge bekant. Es &#x017F;olte die&#x017F;elben auch billig<lb/>
zu ferneren chri&#x017F;tadelichen Tugenden und<lb/>
lo&#x0364;blichen, &#x017F;owohl Ritterma&#x0364;ßigen, als ge-<lb/>
lehrten Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften, gleich&#x017F;am an-<lb/>
&#x017F;pohren, und hierinnen ihrer Vor-El-<lb/>
ter Fuß&#x017F;tapffen zu <hi rendition="#aq">imitir</hi>en, Anlaß geben,<lb/>
nach dem Sprichwort: <hi rendition="#aq">Nobilis e&#x017F;t ille,<lb/><cb/>
quem nobilitat &#x017F;ua virtus; Virtute, non<lb/>
&#x017F;angvine, niti decet,</hi> &#x017F;onderlich bey dem<lb/>
Hoffleben, allwo man gleich&#x017F;am das<lb/><hi rendition="#aq">Compendium</hi> aller Vortreffligkeiten der<lb/>
Welt antrifft. Die allerdu&#x0364;mm&#x017F;ten Ko&#x0364;pf-<lb/>
fe, und unver&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Idiot</hi>en werden<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t zu allem <hi rendition="#aq">habil</hi> gemacht, alles,<lb/>
was das ba&#x0364;ueri&#x017F;che Land-Leben ver-<lb/>
wildert, wird bey Hoffe zu allem ge&#x017F;chickt<lb/>
gemachet: Die offtmahlige Gegenwart<lb/>
des Printzen machet denen jungen Leu-<lb/>
ten ihren Ver&#x017F;tand erleuchtend, nach-<lb/>
dencklich, ge&#x017F;chickt, ho&#x0364;fflich und <hi rendition="#aq">&#x017F;ubtil;</hi> Mit<lb/>
einem Wort, &#x017F;ie &#x017F;cheinen &#x017F;olcher angeneh-<lb/>
men Tugenben halber gantz andere Men-<lb/>
&#x017F;chen zu &#x017F;eyn. Wie aber auch das<lb/>
aller<hi rendition="#aq">&#x017F;ubtil&#x017F;t</hi>e de&#x017F;to leichter der <hi rendition="#aq">Cor-<lb/>
ruption</hi> unterworffen i&#x017F;t, al&#x017F;o wer-<lb/>
den junge Gemu&#x0364;ther bey Hoffe gar leicht<lb/>
verfu&#x0364;hret; Dahero &#x017F;ie o&#x0364;ffters durch viel-<lb/>
fa&#x0364;ltiges <hi rendition="#aq">&#x017F;imulir</hi>en, und <hi rendition="#aq">dis&#x017F;imulir</hi>en, be-<lb/>
triegeri&#x017F;ch, fal&#x017F;ch, wollu&#x0364;&#x017F;tig, ehrgeitzig,<lb/>
leicht&#x017F;innig, mu&#x0364;ßig, und leyder! mehrern<lb/>
La&#x017F;tern ergeben, und unterworffen wer-<lb/>
den. Wann demnach ein junger von Adel,<lb/>
auff Einrathen &#x017F;einer Eltern, oder Be-<lb/>
freunden, das Hoff-Leben antreten will,<lb/>
&#x017F;oll er zufo&#x0364;rder&#x017F;t in der Gottesfurcht,<lb/>
chri&#x017F;tlichen, und adelichen <hi rendition="#aq">Studiis,</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Exercitiis,</hi> zu Hau&#x017F;e durch <hi rendition="#aq">Informato-<lb/>
res pro Fundamento</hi> wohl unterrichtet<lb/>
&#x017F;eyn, weiln ihm &#x017F;olche <hi rendition="#aq">Principia</hi> Lebens-<lb/>
lang anhangen werden; Sodann fein in<lb/>
der Jugend, weil es noch Zeit i&#x017F;t, auf <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
commendation</hi> Hoher <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;ters,</hi> &#x017F;uchen<lb/>
bey der jungen Herr&#x017F;chafft als <hi rendition="#aq">Page</hi> an-<lb/>
zukommen. Hierbey wa&#x0364;re nicht &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
lich, als ein <hi rendition="#aq">Page</hi> dem Ober-Ja&#x0364;germei&#x017F;ter<lb/>
zuvor ein paar Jahr auffzuwarten, da-<lb/>
mit man ihn zum Hohen <hi rendition="#aq">Patron</hi> gewin-<lb/>
ne; Das Hoffleben aber dabey begrief-<lb/>
fe, damit ihm von Jugend auff zugleich<lb/>
alle da&#x017F;elb&#x017F;t vorfallende Ungelegenhei-<lb/>
ten, &#x017F;ich gehor&#x017F;amb, hurtig und ge&#x017F;chwind<lb/>
zu machen, nur eine Lu&#x017F;t &#x017F;eyn mo&#x0364;gen.<lb/>
Vornehmlich, wo &#x017F;ie ihre Hoffmei&#x017F;ter<lb/>
und <hi rendition="#aq">Informatores</hi> haben, da &#x017F;ie zu denen<lb/><hi rendition="#aq">Studiis Ethicis, Politicis,</hi> und <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toricis.</hi><lb/>
zu guten Sprachen und Ku&#x0364;n&#x017F;ten, auch<lb/>
lo&#x0364;blichen <hi rendition="#aq">Exercitiis</hi> gehalten, dabey in<lb/>
Gottesfurcht, Ho&#x0364;fflichen und Adelichen<lb/>
Tugenden, und Sitten, gewo&#x0364;hnet, oder<lb/>
mit allem Ern&#x017F;t, und Zucht darzu er-<lb/>
zogen werden, auch mit der Zeit, wann<lb/>
&#x017F;ie erwach&#x017F;en, und &#x017F;ich wohl gehalten,<lb/>
auff des Herren Unko&#x017F;ten fremde La&#x0364;n-<lb/>
der durchrei&#x017F;&#x017F;et haben, <hi rendition="#aq">qualificir</hi>et wie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">derkom-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0406] Fuͤnffter Theil/ liebt gemacht, und in Gnaden geſetzet. Hierbey erfordert auch zugleich der Jagd- Pagen Schuldigkeit, der Auffwartung ih- rer Gnaͤdigen Herrſchafft mit behoͤrigen Servitiis wohl und mit beſonderm Fleiß abzuwarten, und ſind eigendlich des Adels bey der Jaͤgerey erſterer An- fang. Dann gleichwie keiner ein Hof- Jaͤger werden kan, er ſey dann per Gradus buͤrgerlichen Standes von dem Hunde-Jungen, ferner als Jaͤger- Purſch und ſuccesſive auch zu an- dern Chargen avanciret; So kan auch keiner von Rechtswegen ein Forſt-Mei- ſter, weniger ein Jaͤger-Meiſter wer- den, der nicht zuvor ſeine Principia mit dem Leith-Hunde gelernet, und als Jagd- Page auffgewartet, ferner zum Jagd- Juncker und Forſt-Meiſter avanciret. Dieweiln aber dieſe Chargen eine etwas ſpaͤthe Promotion verurſachen, ſo ver- aͤndern die meiſten Jagd-Pagen gar fruͤhzeitig dieſe Profesſion, und werden entweder, nach ihrem Verhalten, guten Naturel, und Herrſchafftlicher Gnade, bey Hof zu anderen Dignitaͤten, als Cammer- Junckern, oder worzu ſie ſonſt zu ge- brauchen, erhoben; Am allermeiſten aber ziehet das Kalb-Fell ſolche junge liederliche leichtſinnige Gemuͤther gar oͤffters an ſich, da ſie, wo noch einige Herr- ſchafftliche Gnade uͤbrig, etwan ein Faͤhnlein, oder Faͤhndrich-Charge erhal- ten; Wo aber das liederliche Gemuͤth einmahl gar zuſehr inficiret und keine Beſſerung zu hoffen, folglich ſchaͤrffere Diſciplin noͤthig iſt, kan auch ein ſolcher Wildfang gar fuͤglich unter der Direction eines ſcharffen Officiers zum Muſquetier oder Unter-Officier genommen werden, ſodann iſts mit deſſen Jaͤgerey gaͤntzlich aus, und verlohren. Was der Adel- Stand an und vor ſich ſelbſt fuͤr eine ſon- derbahre Prærogativ vor andern durch GOTTes ſonderbahres Schickſal und der Uhr-Eltern, zu Kriegs- und Frie- dens-Zeiten, durch Tugenden er- langte Ehre denen Nachkommen einen mercklichen Vortheil bringe, aus einem uhralten Adelichen Hauß gebohren zu ſeyn, iſt ſonder Zweiffel Jedermañ zur Ge- nuge bekant. Es ſolte dieſelben auch billig zu ferneren chriſtadelichen Tugenden und loͤblichen, ſowohl Rittermaͤßigen, als ge- lehrten Wiſſenſchafften, gleichſam an- ſpohren, und hierinnen ihrer Vor-El- ter Fußſtapffen zu imitiren, Anlaß geben, nach dem Sprichwort: Nobilis eſt ille, quem nobilitat ſua virtus; Virtute, non ſangvine, niti decet, ſonderlich bey dem Hoffleben, allwo man gleichſam das Compendium aller Vortreffligkeiten der Welt antrifft. Die allerduͤmmſten Koͤpf- fe, und unverſtaͤndigſten Idioten werden daſelbſt zu allem habil gemacht, alles, was das baͤueriſche Land-Leben ver- wildert, wird bey Hoffe zu allem geſchickt gemachet: Die offtmahlige Gegenwart des Printzen machet denen jungen Leu- ten ihren Verſtand erleuchtend, nach- dencklich, geſchickt, hoͤfflich und ſubtil; Mit einem Wort, ſie ſcheinen ſolcher angeneh- men Tugenben halber gantz andere Men- ſchen zu ſeyn. Wie aber auch das allerſubtilſte deſto leichter der Cor- ruption unterworffen iſt, alſo wer- den junge Gemuͤther bey Hoffe gar leicht verfuͤhret; Dahero ſie oͤffters durch viel- faͤltiges ſimuliren, und disſimuliren, be- triegeriſch, falſch, wolluͤſtig, ehrgeitzig, leichtſinnig, muͤßig, und leyder! mehrern Laſtern ergeben, und unterworffen wer- den. Wann demnach ein junger von Adel, auff Einrathen ſeiner Eltern, oder Be- freunden, das Hoff-Leben antreten will, ſoll er zufoͤrderſt in der Gottesfurcht, chriſtlichen, und adelichen Studiis, und Exercitiis, zu Hauſe durch Informato- res pro Fundamento wohl unterrichtet ſeyn, weiln ihm ſolche Principia Lebens- lang anhangen werden; Sodann fein in der Jugend, weil es noch Zeit iſt, auf Re- commendation Hoher Miniſters, ſuchen bey der jungen Herrſchafft als Page an- zukommen. Hierbey waͤre nicht ſchaͤd- lich, als ein Page dem Ober-Jaͤgermeiſter zuvor ein paar Jahr auffzuwarten, da- mit man ihn zum Hohen Patron gewin- ne; Das Hoffleben aber dabey begrief- fe, damit ihm von Jugend auff zugleich alle daſelbſt vorfallende Ungelegenhei- ten, ſich gehorſamb, hurtig und geſchwind zu machen, nur eine Luſt ſeyn moͤgen. Vornehmlich, wo ſie ihre Hoffmeiſter und Informatores haben, da ſie zu denen Studiis Ethicis, Politicis, und Hiſtoricis. zu guten Sprachen und Kuͤnſten, auch loͤblichen Exercitiis gehalten, dabey in Gottesfurcht, Hoͤfflichen und Adelichen Tugenden, und Sitten, gewoͤhnet, oder mit allem Ernſt, und Zucht darzu er- zogen werden, auch mit der Zeit, wann ſie erwachſen, und ſich wohl gehalten, auff des Herren Unkoſten fremde Laͤn- der durchreiſſet haben, qualificiret wie- derkom-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/406
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/406>, abgerufen am 27.04.2024.