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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder
Er nam kein Blat fürs Maul; die Jüden schalt er frey/
Und meldete sich selbst/ daß er Messias sey.
Noch halff' es alles nichts. Jhr kundtet ihn nicht hören/
An Geistes Ohren taub. Doch gleichwol auch nicht wehren.
Was wart jhr gegen GOtt? das Volck beschämet euch.
Verachtet euren Bann/ wird Seelen-frey und reich.
Jetzt trugt ihr Steine zu/ und woltet ihn entleben;
Jetzt stürtzen von den Velß'; ietzt in die Bande geben.
Doch stricht ihr in die Lufft. Wer streitet wider GOtt/
Der schlegt sich selbst auffs Maul/ und wird deß Pöbels
Spott.
Jhr brauchtet manchen Fund. Erdachtet glatte Fragen.
Was aber ihr für Ruhm mit euch anheim getragen!
Deß rühmt euch jo nur nicht. Es bleibet doch darbey/
Der Menschen Klugheit ist für GOtt nur Narrerey.
Biß daß die Zeit kam an/ daß er/ ümb wessen willen
Er kommen/ führt' hinaus. Der Esel und das Füllen
Bracht Jhn zu Jebus ein. Daß zweyerley Geschlecht'
Er zu dem Testament' und neuen Rechte brächt'
Hosanna singt man ihm. Es spreitet mancher Jüde
Die Palmen auff den Weg/ weil kömpt der rechte Friede.
Als er zu Tische saß/ erfeuchtet Häupt und Bart
Das Nardenwasser dem/ der vor gesalbet ward
Zu dem gedritten Ampt'. Er ließ uns noch zur letzte/
Als er zum letzten sich mit seinen Jüngern setzte/
Und aß das Osterlamb/ ein hohes Liebespfandt
Ein rechtes Ostermahl/ das er selbst wird genandt/
Das grosse Sacrament/ da wir GOtt selbsten essen
Jn und mit Brodt' und Wein'. Ob schon der Feind besessen
Jscharioth/ den Dieb/ so würdigt' er ihn doch/
Daß er ihm reichte zu den letzten Bissen noch.
Drauff wird er Teuflisch gantz. Steht auff bey Nacht/ und übet
Das rechte Werck der Nacht. Betrübt den/ der ihn liebet.
Verkäuffet GOtt ümm Koth. Der schändliche Gewinn
Macht daß der Geitzhalß hier gibt Seel' und HER-
REN hin.
Jetzt
Poetiſcher Waͤlder
Er nam kein Blat fuͤrs Maul; die Juͤden ſchalt er frey/
Und meldete ſich ſelbſt/ daß er Meſſias ſey.
Noch halff’ es alles nichts. Jhr kundtet ihn nicht hoͤren/
An Geiſtes Ohren taub. Doch gleichwol auch nicht wehren.
Was wart jhr gegen GOtt? das Volck beſchaͤmet euch.
Verachtet euren Bann/ wird Seelen-frey und reich.
Jetzt trugt ihr Steine zu/ und woltet ihn entleben;
Jetzt ſtuͤrtzen von den Velß’; ietzt in die Bande geben.
Doch ſtricht ihr in die Lufft. Wer ſtreitet wider GOtt/
Der ſchlegt ſich ſelbſt auffs Maul/ und wird deß Poͤbels
Spott.
Jhr brauchtet manchen Fund. Erdachtet glatte Fragen.
Was aber ihr fuͤr Ruhm mit euch anheim getragen!
Deß ruͤhmt euch jo nur nicht. Es bleibet doch darbey/
Der Menſchen Klugheit iſt fuͤr GOtt nur Narrerey.
Biß daß die Zeit kam an/ daß er/ uͤmb weſſen willen
Er kommen/ fuͤhrt’ hinaus. Der Eſel und das Fuͤllen
Bracht Jhn zu Jebus ein. Daß zweyerley Geſchlecht’
Er zu dem Teſtament’ und neuen Rechte braͤcht’
Hoſanna ſingt man ihm. Es ſpreitet mancher Juͤde
Die Palmen auff den Weg/ weil koͤmpt der rechte Friede.
Als er zu Tiſche ſaß/ erfeuchtet Haͤupt und Bart
Das Nardenwaſſer dem/ der vor geſalbet ward
Zu dem gedritten Ampt’. Er ließ uns noch zur letzte/
Als er zum letzten ſich mit ſeinen Juͤngern ſetzte/
Und aß das Oſterlamb/ ein hohes Liebespfandt
Ein rechtes Oſtermahl/ das er ſelbſt wird genandt/
Das groſſe Sacrament/ da wir GOtt ſelbſten eſſen
Jn und mit Brodt’ und Wein’. Ob ſchon der Feind beſeſſen
Jſcharioth/ den Dieb/ ſo wuͤrdigt’ er ihn doch/
Daß er ihm reichte zu den letzten Biſſen noch.
Dꝛauff wird er Teufliſch gantz. Steht auff bey Nacht/ uñ uͤbet
Das rechte Werck der Nacht. Betruͤbt den/ der ihn liebet.
Verkaͤuffet GOtt uͤm̃ Koth. Der ſchaͤndliche Gewinn
Macht daß der Geitzhalß hier gibt Seel’ und HER-
REN hin.
Jetzt
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[6/0026] Poetiſcher Waͤlder Er nam kein Blat fuͤrs Maul; die Juͤden ſchalt er frey/ Und meldete ſich ſelbſt/ daß er Meſſias ſey. Noch halff’ es alles nichts. Jhr kundtet ihn nicht hoͤren/ An Geiſtes Ohren taub. Doch gleichwol auch nicht wehren. Was wart jhr gegen GOtt? das Volck beſchaͤmet euch. Verachtet euren Bann/ wird Seelen-frey und reich. Jetzt trugt ihr Steine zu/ und woltet ihn entleben; Jetzt ſtuͤrtzen von den Velß’; ietzt in die Bande geben. Doch ſtricht ihr in die Lufft. Wer ſtreitet wider GOtt/ Der ſchlegt ſich ſelbſt auffs Maul/ und wird deß Poͤbels Spott. Jhr brauchtet manchen Fund. Erdachtet glatte Fragen. Was aber ihr fuͤr Ruhm mit euch anheim getragen! Deß ruͤhmt euch jo nur nicht. Es bleibet doch darbey/ Der Menſchen Klugheit iſt fuͤr GOtt nur Narrerey. Biß daß die Zeit kam an/ daß er/ uͤmb weſſen willen Er kommen/ fuͤhrt’ hinaus. Der Eſel und das Fuͤllen Bracht Jhn zu Jebus ein. Daß zweyerley Geſchlecht’ Er zu dem Teſtament’ und neuen Rechte braͤcht’ Hoſanna ſingt man ihm. Es ſpreitet mancher Juͤde Die Palmen auff den Weg/ weil koͤmpt der rechte Friede. Als er zu Tiſche ſaß/ erfeuchtet Haͤupt und Bart Das Nardenwaſſer dem/ der vor geſalbet ward Zu dem gedritten Ampt’. Er ließ uns noch zur letzte/ Als er zum letzten ſich mit ſeinen Juͤngern ſetzte/ Und aß das Oſterlamb/ ein hohes Liebespfandt Ein rechtes Oſtermahl/ das er ſelbſt wird genandt/ Das groſſe Sacrament/ da wir GOtt ſelbſten eſſen Jn und mit Brodt’ und Wein’. Ob ſchon der Feind beſeſſen Jſcharioth/ den Dieb/ ſo wuͤrdigt’ er ihn doch/ Daß er ihm reichte zu den letzten Biſſen noch. Dꝛauff wird er Teufliſch gantz. Steht auff bey Nacht/ uñ uͤbet Das rechte Werck der Nacht. Betruͤbt den/ der ihn liebet. Verkaͤuffet GOtt uͤm̃ Koth. Der ſchaͤndliche Gewinn Macht daß der Geitzhalß hier gibt Seel’ und HER- REN hin. Jetzt

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/26>, abgerufen am 28.04.2024.