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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Der Oden
Kein böses Tyger ist so wilde/
kein Leoparde so ergrimmt/
daß/ wenn er ümm den Gatten kömmt/
Er sich nicht trage zahm und milde.

Was einmahl sich zusammen fügt/
das wird durch anders nichts vergnügt/
als wenn es seinen Freund kan sehn.
Und wenn sein Liebes sich entbricht/
so weiß es auch zu bleiben nicht;
So ists mit seiner Lust geschehn.
Die buhlerische Wicke prangt/
wenn sie hat einen Helm erlangt
den sie darff brünstiglich ümmschlingen.
Jngleichen seht den Rüstenbaum/
wie daß der liebend' Eppich kaum
von seinem Freunde sich läßt dringen.
Was sich einander hertzlich giebt/
das liebt das/ was es gleiche liebt/
und kan sich sonst an nichts erlaben.
Das Turteltäublein fleugt und girrt/
wenn sie nicht bald sieht ihren Wirth/
und in gewelter Zeit kan haben.
So unbarmhertzig bin ich nicht/
daß/ was euch heisset eure Pflicht/
Jch schlechter dinge tadeln wolte.
So bin ich auch nicht so bethört/
daß ich/ was die Natur uns lehrt/
und fast gebeut/ verdammen solte.
So wenig Gifft uns nicht verletzt;
Das Feuer brennt, das Wasser netzt;
So wenig kan die Zähren halten/
das aus der Ehe hinterbleibt/
wo

Der Oden
Kein boͤſes Tyger iſt ſo wilde/
kein Leoparde ſo ergrim̃t/
daß/ wenn er uͤmm den Gatten koͤm̃t/
Er ſich nicht trage zahm und milde.

Was einmahl ſich zuſammen fuͤgt/
das wird durch andeꝛs nichts veꝛgnuͤgt/
als wenn es ſeinen Freund kan ſehn.
Und wenn ſein Liebes ſich entbricht/
ſo weiß es auch zu bleiben nicht;
So iſts mit ſeiner Luſt geſchehn.
Die buhleriſche Wicke prangt/
wenn ſie hat einen Helm erlangt
den ſie darff bruͤnſtiglich uͤm̃ſchlingen.
Jngleichen ſeht den Ruͤſtenbaum/
wie daß der liebend’ Eppich kaum
von ſeinem Freunde ſich laͤßt dringen.
Was ſich einander hertzlich giebt/
das liebt das/ was es gleiche liebt/
und kan ſich ſonſt an nichts erlaben.
Das Turteltaͤublein fleugt und girꝛt/
wenn ſie nicht bald ſieht ihren Wirth/
und in gewelter Zeit kan haben.
So unbarmhertzig bin ich nicht/
daß/ was euch heiſſet eure Pflicht/
Jch ſchlechter dinge tadeln wolte.
So bin ich auch nicht ſo bethoͤrt/
daß ich/ was die Natur uns lehrt/
und faſt gebeut/ verdammen ſolte.
So wenig Gifft uns nicht verletzt;
Das Feuer brennt, das Waſſer netzt;
So wenig kan die Zaͤhren halten/
das aus der Ehe hinterbleibt/
wo
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[316/0336] Der Oden Kein boͤſes Tyger iſt ſo wilde/ kein Leoparde ſo ergrim̃t/ daß/ wenn er uͤmm den Gatten koͤm̃t/ Er ſich nicht trage zahm und milde. Was einmahl ſich zuſammen fuͤgt/ das wird durch andeꝛs nichts veꝛgnuͤgt/ als wenn es ſeinen Freund kan ſehn. Und wenn ſein Liebes ſich entbricht/ ſo weiß es auch zu bleiben nicht; So iſts mit ſeiner Luſt geſchehn. Die buhleriſche Wicke prangt/ wenn ſie hat einen Helm erlangt den ſie darff bruͤnſtiglich uͤm̃ſchlingen. Jngleichen ſeht den Ruͤſtenbaum/ wie daß der liebend’ Eppich kaum von ſeinem Freunde ſich laͤßt dringen. Was ſich einander hertzlich giebt/ das liebt das/ was es gleiche liebt/ und kan ſich ſonſt an nichts erlaben. Das Turteltaͤublein fleugt und girꝛt/ wenn ſie nicht bald ſieht ihren Wirth/ und in gewelter Zeit kan haben. So unbarmhertzig bin ich nicht/ daß/ was euch heiſſet eure Pflicht/ Jch ſchlechter dinge tadeln wolte. So bin ich auch nicht ſo bethoͤrt/ daß ich/ was die Natur uns lehrt/ und faſt gebeut/ verdammen ſolte. So wenig Gifft uns nicht verletzt; Das Feuer brennt, das Waſſer netzt; So wenig kan die Zaͤhren halten/ das aus der Ehe hinterbleibt/ wo

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/336>, abgerufen am 31.05.2024.