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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder
Viel tausend Schmertz und Angst. HErr/ heile/ heile mich/
Weil ich voll Schwachheit bin. O Artzt erweise dich!
Die Seele zittert mir. Ach HErr! ach HErr/ wie lange?
Das Marck verschwindet aus/ das reissen macht mir
bange/
Das meine Beine kreischt. HERR/ wende dich einmal/
Und hilff mir/ so du wilst/ aus dieser Seelen qual.
Wer wird dir/ wenn du mich nun wirst getödtet haben/
Für deine Hülff' vnd Treu' erlegen solche Gaben/
Wie ich bißher gethan? wer wil dir dancken doch/
Und dencken deiner Ehr in jenem finstern Loch/
Jn welches du wirffest? das Hertzenswehe Seuffzen
Macht mich so laß und matt/ daß ich auch kaum kan
geuffzen.
Der Angstschweiß schwemmet mir durch manche gantze Nacht
Mein müdes Lager aus. Das Qual der Thränen macht
Mein Bett' als eine Bach. Wo ist mein' erste Blüte/
Da ich so schöne war? das frewdige Gemüthe?
Die Augen dunckeln mich. Die außgefleischte Haut
Wird schlaff/ und runtzelt sich/ daß mir selbst für mir graut.
Jch bin bey Leben todt. Man drängt mich forn und hinden.
Hier ädert mich dein Grimm/ den ich durch meine Sünden
Gehäuffet hab' auff mich. Dort ängstet mich ein Mann/
(Ach wer'es Einer nur!) dem ich kein Leid gethan.
Weg/ ihr verruchtes Volck/ ihr Vbelthäter/ weichet.
Mein Jammer Seufftzen hat die blaue Burg erreichet
Und ihren Printz bewegt zu müssen gnädig seyn.
Das Wetter ist vorbey. Nun hab' ich Sonnenschein.
Mein Flehen ist erhört. Jch habe GOtt zum Freunde.
Wie ist euch nun zu muth'/ ihr Schlangen arge Feinde?
Erschrecken müsset ihr für meinem GOtt' und mir/
Und plötzlich kehren ümb mit Schanden für und für.
Der
Poetiſcher Waͤlder
Viel tauſend Schmertz und Angſt. HErꝛ/ heile/ heile mich/
Weil ich voll Schwachheit bin. O Artzt erweiſe dich!
Die Seele zittert mir. Ach HErr! ach HErr/ wie lange?
Das Marck verſchwindet aus/ das reiſſen macht mir
bange/
Das meine Beine kreiſcht. HERR/ wende dich einmal/
Und hilff mir/ ſo du wilſt/ aus dieſer Seelen qual.
Wer wird dir/ wenn du mich nun wirſt getoͤdtet haben/
Fuͤr deine Huͤlff’ vnd Treu’ erlegen ſolche Gaben/
Wie ich bißher gethan? wer wil dir dancken doch/
Und dencken deiner Ehr in jenem finſtern Loch/
Jn welches du wirffeſt? das Hertzenswehe Seuffzen
Macht mich ſo laß und matt/ daß ich auch kaum kan
geuffzen.
Der Angſtſchweiß ſchwem̃et mir durch manche gantze Nacht
Mein muͤdes Lager aus. Das Qual der Thraͤnen macht
Mein Bett’ als eine Bach. Wo iſt mein’ erſte Bluͤte/
Da ich ſo ſchoͤne war? das frewdige Gemuͤthe?
Die Augen dunckeln mich. Die außgefleiſchte Haut
Wird ſchlaff/ und runtzelt ſich/ daß mir ſelbſt fuͤr mir graut.
Jch bin bey Leben todt. Man draͤngt mich forn und hinden.
Hier aͤdert mich dein Grimm/ den ich durch meine Suͤnden
Gehaͤuffet hab’ auff mich. Dort aͤngſtet mich ein Mann/
(Ach wer’es Einer nur!) dem ich kein Leid gethan.
Weg/ ihr verruchtes Volck/ ihr Vbelthaͤter/ weichet.
Mein Jammer Seufftzen hat die blaue Burg erreichet
Und ihren Printz bewegt zu muͤſſen gnaͤdig ſeyn.
Das Wetter iſt vorbey. Nun hab’ ich Sonnenſchein.
Mein Flehen iſt erhoͤrt. Jch habe GOtt zum Freunde.
Wie iſt euch nun zu muth’/ ihr Schlangen arge Feinde?
Erſchrecken muͤſſet ihr fuͤr meinem GOtt’ und mir/
Und ploͤtzlich kehren uͤmb mit Schanden fuͤr und fuͤr.
Der
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[16/0036] Poetiſcher Waͤlder Viel tauſend Schmertz und Angſt. HErꝛ/ heile/ heile mich/ Weil ich voll Schwachheit bin. O Artzt erweiſe dich! Die Seele zittert mir. Ach HErr! ach HErr/ wie lange? Das Marck verſchwindet aus/ das reiſſen macht mir bange/ Das meine Beine kreiſcht. HERR/ wende dich einmal/ Und hilff mir/ ſo du wilſt/ aus dieſer Seelen qual. Wer wird dir/ wenn du mich nun wirſt getoͤdtet haben/ Fuͤr deine Huͤlff’ vnd Treu’ erlegen ſolche Gaben/ Wie ich bißher gethan? wer wil dir dancken doch/ Und dencken deiner Ehr in jenem finſtern Loch/ Jn welches du wirffeſt? das Hertzenswehe Seuffzen Macht mich ſo laß und matt/ daß ich auch kaum kan geuffzen. Der Angſtſchweiß ſchwem̃et mir durch manche gantze Nacht Mein muͤdes Lager aus. Das Qual der Thraͤnen macht Mein Bett’ als eine Bach. Wo iſt mein’ erſte Bluͤte/ Da ich ſo ſchoͤne war? das frewdige Gemuͤthe? Die Augen dunckeln mich. Die außgefleiſchte Haut Wird ſchlaff/ und runtzelt ſich/ daß mir ſelbſt fuͤr mir graut. Jch bin bey Leben todt. Man draͤngt mich forn und hinden. Hier aͤdert mich dein Grimm/ den ich durch meine Suͤnden Gehaͤuffet hab’ auff mich. Dort aͤngſtet mich ein Mann/ (Ach wer’es Einer nur!) dem ich kein Leid gethan. Weg/ ihr verruchtes Volck/ ihr Vbelthaͤter/ weichet. Mein Jammer Seufftzen hat die blaue Burg erreichet Und ihren Printz bewegt zu muͤſſen gnaͤdig ſeyn. Das Wetter iſt vorbey. Nun hab’ ich Sonnenſchein. Mein Flehen iſt erhoͤrt. Jch habe GOtt zum Freunde. Wie iſt euch nun zu muth’/ ihr Schlangen arge Feinde? Erſchrecken muͤſſet ihr fuͤr meinem GOtt’ und mir/ Und ploͤtzlich kehren uͤmb mit Schanden fuͤr und fuͤr. Der

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/36>, abgerufen am 29.04.2024.