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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Aufführung dieses Monumentes an, und mit Gewissenhaftigkeit
sind die Testaments-Vollstrecker diesem letzten Willen nachgekommen.
Es ist kein Grabmal, sondern ein Monument ("dem Andenken
der Familie von Jürgaß errichtet") und stellt eine nach allen vier
Seiten hin geöffnete Nische dar, in der gesenkten Blickes ein Engel
des Friedens steht. Der ganze Bau besteht aus drei Etagen, aus
einem hohen Postament von Sandstein, das zunächst einen Eisen-
würfel, und auf dem Würfel die Engelsgestalt und die gothische
Nische trägt. Der Eisenwürfel ist mit Inschriften überdeckt. Was
im Durchlesen dieser Inschriften am meisten überrascht, ist das,
daß die beiden letzten Jürgaße einer überaus zahlreichen Familie
angehörten (es waren 8 Brüder und eine Schwester), daß aber
alle 8 Brüder starben ohne Kinder hinterlassen zu haben; -- ein
neuer Beweis, daß der Proceß des Lebens nach frischem Blut
verlangt.

Von den Inschriften mögen hier nur die beiden stehen, die,
auf lang oder kurz hin die Namen der beiden letzten Jürgaße der
Nachwelt erhalten werden.

Auf dem Seitenfeld zur Linken lesen wir wie folgt: Herr
Alexander Constantin Maximilian von Wahlen-Jürgaß, Königlich
Preußischer General-Lieutenant von der Cavallerie, Drost zu Stück-
hausen, Ritter vieler hohen Orden, Erbherr auf Trieglitz, geboren
den 15. Junius 1758 zu Gantzer, focht von 1778 bis 1816 in
allen Preußischen Kriegen, wohnte 26 Schlachten und Haupt-
gefechten bei, ward bei Hainau durch den Schenkel und bei Ligny
durch die Brust geschossen. Ein Muster der Tapferkeit und der
Herzensgüte, geehrt und geliebt von seinem Könige und von
jedermann, starb er zu Gantzer den 8. November 1833. (Dies
ist "de gode Herr." Weitere biographische Notizen, namentlich
über seine militärische Laufbahn, gebe ich in den Anmerkungen.
Uebrigens bemerke ich schon hier, daß das obengenannte Familien-
gut Trieglitz und nicht Trieplatz heißt, wie man gelegentlich ge-
druckt findet. Trieplatz ist ein alt-Rohrsches Nachbargut.)

Auf dem Seitenfelde zur Rechten begegnen wir einer doppelten

Aufführung dieſes Monumentes an, und mit Gewiſſenhaftigkeit
ſind die Teſtaments-Vollſtrecker dieſem letzten Willen nachgekommen.
Es iſt kein Grabmal, ſondern ein Monument („dem Andenken
der Familie von Jürgaß errichtet“) und ſtellt eine nach allen vier
Seiten hin geöffnete Niſche dar, in der geſenkten Blickes ein Engel
des Friedens ſteht. Der ganze Bau beſteht aus drei Etagen, aus
einem hohen Poſtament von Sandſtein, das zunächſt einen Eiſen-
würfel, und auf dem Würfel die Engelsgeſtalt und die gothiſche
Niſche trägt. Der Eiſenwürfel iſt mit Inſchriften überdeckt. Was
im Durchleſen dieſer Inſchriften am meiſten überraſcht, iſt das,
daß die beiden letzten Jürgaße einer überaus zahlreichen Familie
angehörten (es waren 8 Brüder und eine Schweſter), daß aber
alle 8 Brüder ſtarben ohne Kinder hinterlaſſen zu haben; — ein
neuer Beweis, daß der Proceß des Lebens nach friſchem Blut
verlangt.

Von den Inſchriften mögen hier nur die beiden ſtehen, die,
auf lang oder kurz hin die Namen der beiden letzten Jürgaße der
Nachwelt erhalten werden.

Auf dem Seitenfeld zur Linken leſen wir wie folgt: Herr
Alexander Conſtantin Maximilian von Wahlen-Jürgaß, Königlich
Preußiſcher General-Lieutenant von der Cavallerie, Droſt zu Stück-
hauſen, Ritter vieler hohen Orden, Erbherr auf Trieglitz, geboren
den 15. Junius 1758 zu Gantzer, focht von 1778 bis 1816 in
allen Preußiſchen Kriegen, wohnte 26 Schlachten und Haupt-
gefechten bei, ward bei Hainau durch den Schenkel und bei Ligny
durch die Bruſt geſchoſſen. Ein Muſter der Tapferkeit und der
Herzensgüte, geehrt und geliebt von ſeinem Könige und von
jedermann, ſtarb er zu Gantzer den 8. November 1833. (Dies
iſt „de gode Herr.“ Weitere biographiſche Notizen, namentlich
über ſeine militäriſche Laufbahn, gebe ich in den Anmerkungen.
Uebrigens bemerke ich ſchon hier, daß das obengenannte Familien-
gut Trieglitz und nicht Trieplatz heißt, wie man gelegentlich ge-
druckt findet. Trieplatz iſt ein alt-Rohrſches Nachbargut.)

Auf dem Seitenfelde zur Rechten begegnen wir einer doppelten

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[156/0174] Aufführung dieſes Monumentes an, und mit Gewiſſenhaftigkeit ſind die Teſtaments-Vollſtrecker dieſem letzten Willen nachgekommen. Es iſt kein Grabmal, ſondern ein Monument („dem Andenken der Familie von Jürgaß errichtet“) und ſtellt eine nach allen vier Seiten hin geöffnete Niſche dar, in der geſenkten Blickes ein Engel des Friedens ſteht. Der ganze Bau beſteht aus drei Etagen, aus einem hohen Poſtament von Sandſtein, das zunächſt einen Eiſen- würfel, und auf dem Würfel die Engelsgeſtalt und die gothiſche Niſche trägt. Der Eiſenwürfel iſt mit Inſchriften überdeckt. Was im Durchleſen dieſer Inſchriften am meiſten überraſcht, iſt das, daß die beiden letzten Jürgaße einer überaus zahlreichen Familie angehörten (es waren 8 Brüder und eine Schweſter), daß aber alle 8 Brüder ſtarben ohne Kinder hinterlaſſen zu haben; — ein neuer Beweis, daß der Proceß des Lebens nach friſchem Blut verlangt. Von den Inſchriften mögen hier nur die beiden ſtehen, die, auf lang oder kurz hin die Namen der beiden letzten Jürgaße der Nachwelt erhalten werden. Auf dem Seitenfeld zur Linken leſen wir wie folgt: Herr Alexander Conſtantin Maximilian von Wahlen-Jürgaß, Königlich Preußiſcher General-Lieutenant von der Cavallerie, Droſt zu Stück- hauſen, Ritter vieler hohen Orden, Erbherr auf Trieglitz, geboren den 15. Junius 1758 zu Gantzer, focht von 1778 bis 1816 in allen Preußiſchen Kriegen, wohnte 26 Schlachten und Haupt- gefechten bei, ward bei Hainau durch den Schenkel und bei Ligny durch die Bruſt geſchoſſen. Ein Muſter der Tapferkeit und der Herzensgüte, geehrt und geliebt von ſeinem Könige und von jedermann, ſtarb er zu Gantzer den 8. November 1833. (Dies iſt „de gode Herr.“ Weitere biographiſche Notizen, namentlich über ſeine militäriſche Laufbahn, gebe ich in den Anmerkungen. Uebrigens bemerke ich ſchon hier, daß das obengenannte Familien- gut Trieglitz und nicht Trieplatz heißt, wie man gelegentlich ge- druckt findet. Trieplatz iſt ein alt-Rohrſches Nachbargut.) Auf dem Seitenfelde zur Rechten begegnen wir einer doppelten

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/174>, abgerufen am 13.05.2024.