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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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meisters) und reihte diese Inschrift unter die Namen ein, die den
Sockel des großen Rheinsberger Obelisken in goldener Schrift
umziehen. Unser Hochkirch-Marwitz aber stieg von Stufe zu
Stufe, commandirte das altmärkische Kürassierregiment, das zu
Salzwedel lag, und starb erst 1797 als Generallieutenant. Die
Friedersdorfer Kirche erwähnt seiner nicht.

Der dritte und jüngste Bruder war der Kammerherr Mar-
witz (Berndt Friedrich August). Sein Leben verlief ohne historische
Momente, ohne Thaten nach außen. Kurz vor seinem Tode wurde
er als interimistischer Intendant an die Spitze der königlichen
Schauspiele berufen. Die Memoiren seines Sohnes äußern sich bei
dieser Gelegenheit: "Der Aerger über das scheußliche Komödianten-
volk, mit dem er verkehren mußte, vorzüglich aber die unvermeid-
lichen Erkältungen während der Vorstellungen, gaben ihm den
letzten Stoß." Er starb 1793. Seine Gedenktafel in der Frieders-
dorfer Kirche fügt seinem Namen einfach die Worte hinzu: "Grad,
bieder, rechtschaffen." So war er. Es ward ihm nicht gegeben,
zum Ruhm seiner Familie durch andere, als durch stille Thaten
beisteuern zu können, aber was ihm versagt blieb, wurde seinen
drei Söhnen um so reichlicher gewährt. Diese drei Söhne waren:
August Ludwig, Alexander und Eberhard. Nur dem Na-
men des Aeltesten begegnen wir in der Friedersdorfer Kirche. Ueber
der Eingangsthür, in ziemlicher Höhe vom Beschauer, befindet sich
ein reicher, in drei Felder getheilter Goldrahmen, in dessen Mittel-
feld wir das Bildniß August Ludwigs von der Marwitz, rechts
und links aber die Bildnisse seiner beiden Frauen erblicken. Er
war zweimal verheirathet; das Bildniß seiner ersten Frau, einer
geborenen Gräfin Brühl, zeichnet sich durch einen Ausdruck ge-
winnender Liebenswürdigkeit aus und prägt sich dem Gedächtniß
des Beschauers ein.

Ueber den Charakter und reichen Lebensinhalt dieses für die
Entwickelungs-Geschichte unseres Vaterlandes bedeutungsvollen
Mannes, spreche ich ausführlicher in dem folgenden Kapitel. Das
vorligende betrifft mehr die Dinge als die Personen, mehr das

meiſters) und reihte dieſe Inſchrift unter die Namen ein, die den
Sockel des großen Rheinsberger Obelisken in goldener Schrift
umziehen. Unſer Hochkirch-Marwitz aber ſtieg von Stufe zu
Stufe, commandirte das altmärkiſche Küraſſierregiment, das zu
Salzwedel lag, und ſtarb erſt 1797 als Generallieutenant. Die
Friedersdorfer Kirche erwähnt ſeiner nicht.

Der dritte und jüngſte Bruder war der Kammerherr Mar-
witz (Berndt Friedrich Auguſt). Sein Leben verlief ohne hiſtoriſche
Momente, ohne Thaten nach außen. Kurz vor ſeinem Tode wurde
er als interimiſtiſcher Intendant an die Spitze der königlichen
Schauſpiele berufen. Die Memoiren ſeines Sohnes äußern ſich bei
dieſer Gelegenheit: „Der Aerger über das ſcheußliche Komödianten-
volk, mit dem er verkehren mußte, vorzüglich aber die unvermeid-
lichen Erkältungen während der Vorſtellungen, gaben ihm den
letzten Stoß.“ Er ſtarb 1793. Seine Gedenktafel in der Frieders-
dorfer Kirche fügt ſeinem Namen einfach die Worte hinzu: „Grad,
bieder, rechtſchaffen.“ So war er. Es ward ihm nicht gegeben,
zum Ruhm ſeiner Familie durch andere, als durch ſtille Thaten
beiſteuern zu können, aber was ihm verſagt blieb, wurde ſeinen
drei Söhnen um ſo reichlicher gewährt. Dieſe drei Söhne waren:
Auguſt Ludwig, Alexander und Eberhard. Nur dem Na-
men des Aelteſten begegnen wir in der Friedersdorfer Kirche. Ueber
der Eingangsthür, in ziemlicher Höhe vom Beſchauer, befindet ſich
ein reicher, in drei Felder getheilter Goldrahmen, in deſſen Mittel-
feld wir das Bildniß Auguſt Ludwigs von der Marwitz, rechts
und links aber die Bildniſſe ſeiner beiden Frauen erblicken. Er
war zweimal verheirathet; das Bildniß ſeiner erſten Frau, einer
geborenen Gräfin Brühl, zeichnet ſich durch einen Ausdruck ge-
winnender Liebenswürdigkeit aus und prägt ſich dem Gedächtniß
des Beſchauers ein.

Ueber den Charakter und reichen Lebensinhalt dieſes für die
Entwickelungs-Geſchichte unſeres Vaterlandes bedeutungsvollen
Mannes, ſpreche ich ausführlicher in dem folgenden Kapitel. Das
vorligende betrifft mehr die Dinge als die Perſonen, mehr das

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[356/0368] meiſters) und reihte dieſe Inſchrift unter die Namen ein, die den Sockel des großen Rheinsberger Obelisken in goldener Schrift umziehen. Unſer Hochkirch-Marwitz aber ſtieg von Stufe zu Stufe, commandirte das altmärkiſche Küraſſierregiment, das zu Salzwedel lag, und ſtarb erſt 1797 als Generallieutenant. Die Friedersdorfer Kirche erwähnt ſeiner nicht. Der dritte und jüngſte Bruder war der Kammerherr Mar- witz (Berndt Friedrich Auguſt). Sein Leben verlief ohne hiſtoriſche Momente, ohne Thaten nach außen. Kurz vor ſeinem Tode wurde er als interimiſtiſcher Intendant an die Spitze der königlichen Schauſpiele berufen. Die Memoiren ſeines Sohnes äußern ſich bei dieſer Gelegenheit: „Der Aerger über das ſcheußliche Komödianten- volk, mit dem er verkehren mußte, vorzüglich aber die unvermeid- lichen Erkältungen während der Vorſtellungen, gaben ihm den letzten Stoß.“ Er ſtarb 1793. Seine Gedenktafel in der Frieders- dorfer Kirche fügt ſeinem Namen einfach die Worte hinzu: „Grad, bieder, rechtſchaffen.“ So war er. Es ward ihm nicht gegeben, zum Ruhm ſeiner Familie durch andere, als durch ſtille Thaten beiſteuern zu können, aber was ihm verſagt blieb, wurde ſeinen drei Söhnen um ſo reichlicher gewährt. Dieſe drei Söhne waren: Auguſt Ludwig, Alexander und Eberhard. Nur dem Na- men des Aelteſten begegnen wir in der Friedersdorfer Kirche. Ueber der Eingangsthür, in ziemlicher Höhe vom Beſchauer, befindet ſich ein reicher, in drei Felder getheilter Goldrahmen, in deſſen Mittel- feld wir das Bildniß Auguſt Ludwigs von der Marwitz, rechts und links aber die Bildniſſe ſeiner beiden Frauen erblicken. Er war zweimal verheirathet; das Bildniß ſeiner erſten Frau, einer geborenen Gräfin Brühl, zeichnet ſich durch einen Ausdruck ge- winnender Liebenswürdigkeit aus und prägt ſich dem Gedächtniß des Beſchauers ein. Ueber den Charakter und reichen Lebensinhalt dieſes für die Entwickelungs-Geſchichte unſeres Vaterlandes bedeutungsvollen Mannes, ſpreche ich ausführlicher in dem folgenden Kapitel. Das vorligende betrifft mehr die Dinge als die Perſonen, mehr das

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/368>, abgerufen am 29.04.2024.