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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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führung, wie wir annehmen dürfen, ihm wenig Sorge gemacht
hatte. Seine Hand war zu schwer zur Einfädelung einer Intrigue.
Er gab das Gewicht seines Namens her und ließ dann die andern
machen.

Danckelmann war gestürzt und Barfus wurde Premier-
minister
. Es war eine Zeit, wo sich jeder zu jedem fähig glaubte,
wenigstens bei Hofe. Das bekannte Wort Oxenstiernas wurde wahr
an jedem neuen Tag, und was das erstaunlichste ist: die Dinge
gingen auch so, und gingen zum Theil sogar gut.

Barfus war Premierminister, noch richtiger Universalminister.
Er war alles, er that alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg -- alles
fiel ihm zu. Dazu war er Gouverneur von Berlin, Commandeur
der Garde, Landeshauptmann der Grafschaft Ruppin, und so viel
Stellen sich ihm aufthaten, so viel Quellen flossen in seinen Schatz.
Er wurde sehr reich. Als Gouverneur von Berlin bezog er ein
palastartiges Gebäude, das vor ihm der Obermarschall von
Grumbkow (der Vater des bekannten) besessen hatte. Barfus ließ
es umbauen, erweitern und einen Garten nach der Spree hin an-
legen. Es ist dieß dasselbe Gebäude, das später, und bis auf diesen
Tag, als "Stadtvogtei" eine so hervorragende, aber freilich wenig
poetische Rolle in unserer Stadt- und Staatsgeschichte gespielt hat.

Hans Albrecht war Universalminister, aber er war es nur
durch Zulassung und nicht durch eigene Kraft. Die Dohna-
Dönhofs schoben ihn einfach vor, um in die entstandene Günst-
lingslücke nicht einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günst-
ling einrücken zu lassen, als Danckelmann je gewesen war. Barfus
fiel also die Rolle zu, durch sein bloßes Dasein den Satz zu
predigen: wo ich bin, kann kein anderer sein.

Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürst,
was immer seine Schwächen sein mochten, war aus zu feiner
Schulung, um an der Haltung eines alten Campagnesoldaten, der
nicht einmal französisch sprach, auf die Dauer ein Genüge finden
zu können. Neben einem geborenen Hofmann wie Kolbe-Warten-
berg verschwand er, und die Einführung einer Perückensteuer,

führung, wie wir annehmen dürfen, ihm wenig Sorge gemacht
hatte. Seine Hand war zu ſchwer zur Einfädelung einer Intrigue.
Er gab das Gewicht ſeines Namens her und ließ dann die andern
machen.

Danckelmann war geſtürzt und Barfus wurde Premier-
miniſter
. Es war eine Zeit, wo ſich jeder zu jedem fähig glaubte,
wenigſtens bei Hofe. Das bekannte Wort Oxenſtiernas wurde wahr
an jedem neuen Tag, und was das erſtaunlichſte iſt: die Dinge
gingen auch ſo, und gingen zum Theil ſogar gut.

Barfus war Premierminiſter, noch richtiger Univerſalminiſter.
Er war alles, er that alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg — alles
fiel ihm zu. Dazu war er Gouverneur von Berlin, Commandeur
der Garde, Landeshauptmann der Grafſchaft Ruppin, und ſo viel
Stellen ſich ihm aufthaten, ſo viel Quellen floſſen in ſeinen Schatz.
Er wurde ſehr reich. Als Gouverneur von Berlin bezog er ein
palaſtartiges Gebäude, das vor ihm der Obermarſchall von
Grumbkow (der Vater des bekannten) beſeſſen hatte. Barfus ließ
es umbauen, erweitern und einen Garten nach der Spree hin an-
legen. Es iſt dieß daſſelbe Gebäude, das ſpäter, und bis auf dieſen
Tag, als „Stadtvogtei“ eine ſo hervorragende, aber freilich wenig
poetiſche Rolle in unſerer Stadt- und Staatsgeſchichte geſpielt hat.

Hans Albrecht war Univerſalminiſter, aber er war es nur
durch Zulaſſung und nicht durch eigene Kraft. Die Dohna-
Dönhofs ſchoben ihn einfach vor, um in die entſtandene Günſt-
lingslücke nicht einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günſt-
ling einrücken zu laſſen, als Danckelmann je geweſen war. Barfus
fiel alſo die Rolle zu, durch ſein bloßes Daſein den Satz zu
predigen: wo ich bin, kann kein anderer ſein.

Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürſt,
was immer ſeine Schwächen ſein mochten, war aus zu feiner
Schulung, um an der Haltung eines alten Campagneſoldaten, der
nicht einmal franzöſiſch ſprach, auf die Dauer ein Genüge finden
zu können. Neben einem geborenen Hofmann wie Kolbe-Warten-
berg verſchwand er, und die Einführung einer Perückenſteuer,

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[91/0103] führung, wie wir annehmen dürfen, ihm wenig Sorge gemacht hatte. Seine Hand war zu ſchwer zur Einfädelung einer Intrigue. Er gab das Gewicht ſeines Namens her und ließ dann die andern machen. Danckelmann war geſtürzt und Barfus wurde Premier- miniſter. Es war eine Zeit, wo ſich jeder zu jedem fähig glaubte, wenigſtens bei Hofe. Das bekannte Wort Oxenſtiernas wurde wahr an jedem neuen Tag, und was das erſtaunlichſte iſt: die Dinge gingen auch ſo, und gingen zum Theil ſogar gut. Barfus war Premierminiſter, noch richtiger Univerſalminiſter. Er war alles, er that alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg — alles fiel ihm zu. Dazu war er Gouverneur von Berlin, Commandeur der Garde, Landeshauptmann der Grafſchaft Ruppin, und ſo viel Stellen ſich ihm aufthaten, ſo viel Quellen floſſen in ſeinen Schatz. Er wurde ſehr reich. Als Gouverneur von Berlin bezog er ein palaſtartiges Gebäude, das vor ihm der Obermarſchall von Grumbkow (der Vater des bekannten) beſeſſen hatte. Barfus ließ es umbauen, erweitern und einen Garten nach der Spree hin an- legen. Es iſt dieß daſſelbe Gebäude, das ſpäter, und bis auf dieſen Tag, als „Stadtvogtei“ eine ſo hervorragende, aber freilich wenig poetiſche Rolle in unſerer Stadt- und Staatsgeſchichte geſpielt hat. Hans Albrecht war Univerſalminiſter, aber er war es nur durch Zulaſſung und nicht durch eigene Kraft. Die Dohna- Dönhofs ſchoben ihn einfach vor, um in die entſtandene Günſt- lingslücke nicht einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günſt- ling einrücken zu laſſen, als Danckelmann je geweſen war. Barfus fiel alſo die Rolle zu, durch ſein bloßes Daſein den Satz zu predigen: wo ich bin, kann kein anderer ſein. Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürſt, was immer ſeine Schwächen ſein mochten, war aus zu feiner Schulung, um an der Haltung eines alten Campagneſoldaten, der nicht einmal franzöſiſch ſprach, auf die Dauer ein Genüge finden zu können. Neben einem geborenen Hofmann wie Kolbe-Warten- berg verſchwand er, und die Einführung einer Perückenſteuer,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/103>, abgerufen am 28.04.2024.