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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Oberbefehl über diese Truppen führte Herzog Wellington, in dessen
unmittelbare Umgebung preußischerseits unser Massow kommandirt
wurde. Drei Jahre lang, bis 1818, verblieb er in dieser Stellung,
in der er sich, durch die Zuneigung und das besondre Vertrauen
"des Siegesherzogs" geehrt sah. Die Berichte, die der Hauptmann
von Massow, während dieser 3 Jahre von Paris oder Cambray
aus, wo Wellingtons Hauptquartier war, erstattete und die nicht
nur militairischen, sondern auch allgemein politischen Inhalts wa-
ren, werden noch im großen Generalstab zu Berlin aufbewahrt
und gelten für ausgezeichnete Leistungen.

Bei Ablauf der Okkupation nach Berlin zurückgerufen, wurde
er gegen Ende des Jahres 1818 zum Flügeladjutanten König
Friedrich Wilhelms III. ernannt und stieg, immer in unmittelbarer
Nähe des Königs verbleibend, von Stufe zu Stufe, bis er, nach
langwieriger Krankheit, im Jahre 1843 seinen Abschied nahm und
sich in die ländliche Stille von Steinhöfel zurückzog.

Hier trieb er mit Eifer Landwirthschaft, erweiterte das Schloß,
verschönerte den Park und mehrte und steigerte den Werth des
Familienerbes. Er war in weiten Kreisen ein Tröster der Betrüb-
ten, ein Wohlthäter der Leidenden, ein weiser Rathgeber Aller, die
ihm vertrauend ihr Herz öffneten.

Die Ruhe ländlicher Zurückgezogenheit war ihm lieb gewor-
den; nur einmal noch wurde er ihr entrissen, um auf kurze Zeit,
vielleicht auf Tage nur, die Stille von Steinhöfel mit dem Lärm
von London zu vertauschen.

Der eiserne Herzog war am 14. September 1852 auf seinem
Schlosse Walmer Castle bei Dover, beinah 80jährig gestorben und auf
den 15. November war sein feierliches Begräbniß festgesetzt. Fast
alle europäischen Armeen schickten Deputationen, um "den Feld-
marschall der sieben Reiche" auf seinem letzten Gange zu begleiten;
die preußische Deputation aber bestand aus Graf Nostitz, General
von Scharnhorst und unsrem Massow, der in Veranlassung dieser
Deputirung zum Generallieutenant ernannt worden war. So folgte
dieser denn dem Sarge des großen Feldherrn, unter dessen Augen

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Oberbefehl über dieſe Truppen führte Herzog Wellington, in deſſen
unmittelbare Umgebung preußiſcherſeits unſer Maſſow kommandirt
wurde. Drei Jahre lang, bis 1818, verblieb er in dieſer Stellung,
in der er ſich, durch die Zuneigung und das beſondre Vertrauen
„des Siegesherzogs“ geehrt ſah. Die Berichte, die der Hauptmann
von Maſſow, während dieſer 3 Jahre von Paris oder Cambray
aus, wo Wellingtons Hauptquartier war, erſtattete und die nicht
nur militairiſchen, ſondern auch allgemein politiſchen Inhalts wa-
ren, werden noch im großen Generalſtab zu Berlin aufbewahrt
und gelten für ausgezeichnete Leiſtungen.

Bei Ablauf der Okkupation nach Berlin zurückgerufen, wurde
er gegen Ende des Jahres 1818 zum Flügeladjutanten König
Friedrich Wilhelms III. ernannt und ſtieg, immer in unmittelbarer
Nähe des Königs verbleibend, von Stufe zu Stufe, bis er, nach
langwieriger Krankheit, im Jahre 1843 ſeinen Abſchied nahm und
ſich in die ländliche Stille von Steinhöfel zurückzog.

Hier trieb er mit Eifer Landwirthſchaft, erweiterte das Schloß,
verſchönerte den Park und mehrte und ſteigerte den Werth des
Familienerbes. Er war in weiten Kreiſen ein Tröſter der Betrüb-
ten, ein Wohlthäter der Leidenden, ein weiſer Rathgeber Aller, die
ihm vertrauend ihr Herz öffneten.

Die Ruhe ländlicher Zurückgezogenheit war ihm lieb gewor-
den; nur einmal noch wurde er ihr entriſſen, um auf kurze Zeit,
vielleicht auf Tage nur, die Stille von Steinhöfel mit dem Lärm
von London zu vertauſchen.

Der eiſerne Herzog war am 14. September 1852 auf ſeinem
Schloſſe Walmer Caſtle bei Dover, beinah 80jährig geſtorben und auf
den 15. November war ſein feierliches Begräbniß feſtgeſetzt. Faſt
alle europäiſchen Armeen ſchickten Deputationen, um „den Feld-
marſchall der ſieben Reiche“ auf ſeinem letzten Gange zu begleiten;
die preußiſche Deputation aber beſtand aus Graf Noſtitz, General
von Scharnhorſt und unſrem Maſſow, der in Veranlaſſung dieſer
Deputirung zum Generallieutenant ernannt worden war. So folgte
dieſer denn dem Sarge des großen Feldherrn, unter deſſen Augen

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[163/0175] Oberbefehl über dieſe Truppen führte Herzog Wellington, in deſſen unmittelbare Umgebung preußiſcherſeits unſer Maſſow kommandirt wurde. Drei Jahre lang, bis 1818, verblieb er in dieſer Stellung, in der er ſich, durch die Zuneigung und das beſondre Vertrauen „des Siegesherzogs“ geehrt ſah. Die Berichte, die der Hauptmann von Maſſow, während dieſer 3 Jahre von Paris oder Cambray aus, wo Wellingtons Hauptquartier war, erſtattete und die nicht nur militairiſchen, ſondern auch allgemein politiſchen Inhalts wa- ren, werden noch im großen Generalſtab zu Berlin aufbewahrt und gelten für ausgezeichnete Leiſtungen. Bei Ablauf der Okkupation nach Berlin zurückgerufen, wurde er gegen Ende des Jahres 1818 zum Flügeladjutanten König Friedrich Wilhelms III. ernannt und ſtieg, immer in unmittelbarer Nähe des Königs verbleibend, von Stufe zu Stufe, bis er, nach langwieriger Krankheit, im Jahre 1843 ſeinen Abſchied nahm und ſich in die ländliche Stille von Steinhöfel zurückzog. Hier trieb er mit Eifer Landwirthſchaft, erweiterte das Schloß, verſchönerte den Park und mehrte und ſteigerte den Werth des Familienerbes. Er war in weiten Kreiſen ein Tröſter der Betrüb- ten, ein Wohlthäter der Leidenden, ein weiſer Rathgeber Aller, die ihm vertrauend ihr Herz öffneten. Die Ruhe ländlicher Zurückgezogenheit war ihm lieb gewor- den; nur einmal noch wurde er ihr entriſſen, um auf kurze Zeit, vielleicht auf Tage nur, die Stille von Steinhöfel mit dem Lärm von London zu vertauſchen. Der eiſerne Herzog war am 14. September 1852 auf ſeinem Schloſſe Walmer Caſtle bei Dover, beinah 80jährig geſtorben und auf den 15. November war ſein feierliches Begräbniß feſtgeſetzt. Faſt alle europäiſchen Armeen ſchickten Deputationen, um „den Feld- marſchall der ſieben Reiche“ auf ſeinem letzten Gange zu begleiten; die preußiſche Deputation aber beſtand aus Graf Noſtitz, General von Scharnhorſt und unſrem Maſſow, der in Veranlaſſung dieſer Deputirung zum Generallieutenant ernannt worden war. So folgte dieſer denn dem Sarge des großen Feldherrn, unter deſſen Augen 11*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/175>, abgerufen am 28.04.2024.