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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Raules einen großen und noch mehr einen werthvollen Besitz ge-
schaffen; aus dem Zehrer ist ein Nährer geworden, aus der Drohne
die Biene.


Aber diese Umwandelung hat sich vollzogen, ohne dem Fried-
richsfelder Schloß, das so vieles sterben und geborenwerden sah,
das Geringste von seinem historischen Zauber zu nehmen. Die-
selbe Sorglichkeit und Pflege, die draußen waltete, zeigte sich auch
drinnen; auf den Feldern erneuerte sie praktisch, im Hause con-
servirte sie pietätvoll; nichts ist verloren gegangen von dem ge-
schichtlichen Material, in dessen Besitz der gegenwärtige Besitzer
eintrat. Das eichengeschnitzte Treppengeländer, der Stucksaal, den
Markgraf Karl baute, die Büsten und Bilder, von denen beinahe
jeder der Vorbesitzer ein einzelnes, wie ein Erinnerungsstück, zurück-
gelassen hat, -- sie befinden sich an altem Platz und nur erweitert
und hinzugefügt wurde vielfach.

Unter diesen Hinzufügungen nennen wir in erster Reihe fünf
Arbeiten Schinkels, von denen drei seiner allerfrühsten Epoche,
zwei muthmaßlich dem Jahre 1814 angehören. Es sind die fol-
genden:

Schloß Owinsk (Architekturbild in Tuschfarben ausgeführt),
Schloß Owinsk, von der Tiefe aus gesehen,
Schloß Owinsk, von der Höhe aus gesehen,
Ein See in Tirol, von hohen Bergen umgeben, ein Fisch-
zug
im Vordergrund (Morgenbeleuchtung),
Ein See von hohen Gebirgen umgeben, Gondeln im Vorder-
grund (Abendbeleuchtung).*)
*) Von keinem dieser fünf Bilder, mit Ausnahme des Architekturbildes,
läßt sich behaupten, daß es nachweisbar von Schinkel herrühre; doch ist es
von allen in hohem Maße wahrscheinlich. Schinkel war bei Aufführung des
Schlosses Owinsk, Provinz Posen, als Bauführer thätig. Es war dies 1801.
Die Vereinigung von Architekt und Landschaftsmaler, die sonst in hundert
Fällen kaum einmal vorkommt, war eben bei Schinkel charakteristisch und es
ist nicht anzunehmen, daß sich damals -- und noch dazu in Owinsk --
ein anderer Architekt an seiner Seite befunden habe, der dies alles auch ver-
mocht hätte. -- Was die beiden andern Bilder (Gebirgsseen, Morgen- und
Abendbeleuchtung, Pendants) angeht, so stellen sie genau dasselbe dar, wie die

Raules einen großen und noch mehr einen werthvollen Beſitz ge-
ſchaffen; aus dem Zehrer iſt ein Nährer geworden, aus der Drohne
die Biene.


Aber dieſe Umwandelung hat ſich vollzogen, ohne dem Fried-
richsfelder Schloß, das ſo vieles ſterben und geborenwerden ſah,
das Geringſte von ſeinem hiſtoriſchen Zauber zu nehmen. Die-
ſelbe Sorglichkeit und Pflege, die draußen waltete, zeigte ſich auch
drinnen; auf den Feldern erneuerte ſie praktiſch, im Hauſe con-
ſervirte ſie pietätvoll; nichts iſt verloren gegangen von dem ge-
ſchichtlichen Material, in deſſen Beſitz der gegenwärtige Beſitzer
eintrat. Das eichengeſchnitzte Treppengeländer, der Stuckſaal, den
Markgraf Karl baute, die Büſten und Bilder, von denen beinahe
jeder der Vorbeſitzer ein einzelnes, wie ein Erinnerungsſtück, zurück-
gelaſſen hat, — ſie befinden ſich an altem Platz und nur erweitert
und hinzugefügt wurde vielfach.

Unter dieſen Hinzufügungen nennen wir in erſter Reihe fünf
Arbeiten Schinkels, von denen drei ſeiner allerfrühſten Epoche,
zwei muthmaßlich dem Jahre 1814 angehören. Es ſind die fol-
genden:

Schloß Owinsk (Architekturbild in Tuſchfarben ausgeführt),
Schloß Owinsk, von der Tiefe aus geſehen,
Schloß Owinsk, von der Höhe aus geſehen,
Ein See in Tirol, von hohen Bergen umgeben, ein Fiſch-
zug
im Vordergrund (Morgenbeleuchtung),
Ein See von hohen Gebirgen umgeben, Gondeln im Vorder-
grund (Abendbeleuchtung).*)
*) Von keinem dieſer fünf Bilder, mit Ausnahme des Architekturbildes,
läßt ſich behaupten, daß es nachweisbar von Schinkel herrühre; doch iſt es
von allen in hohem Maße wahrſcheinlich. Schinkel war bei Aufführung des
Schloſſes Owinsk, Provinz Poſen, als Bauführer thätig. Es war dies 1801.
Die Vereinigung von Architekt und Landſchaftsmaler, die ſonſt in hundert
Fällen kaum einmal vorkommt, war eben bei Schinkel charakteriſtiſch und es
iſt nicht anzunehmen, daß ſich damals — und noch dazu in Owinsk —
ein anderer Architekt an ſeiner Seite befunden habe, der dies alles auch ver-
mocht hätte. — Was die beiden andern Bilder (Gebirgsſeen, Morgen- und
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[149/0165] Raules einen großen und noch mehr einen werthvollen Beſitz ge- ſchaffen; aus dem Zehrer iſt ein Nährer geworden, aus der Drohne die Biene. Aber dieſe Umwandelung hat ſich vollzogen, ohne dem Fried- richsfelder Schloß, das ſo vieles ſterben und geborenwerden ſah, das Geringſte von ſeinem hiſtoriſchen Zauber zu nehmen. Die- ſelbe Sorglichkeit und Pflege, die draußen waltete, zeigte ſich auch drinnen; auf den Feldern erneuerte ſie praktiſch, im Hauſe con- ſervirte ſie pietätvoll; nichts iſt verloren gegangen von dem ge- ſchichtlichen Material, in deſſen Beſitz der gegenwärtige Beſitzer eintrat. Das eichengeſchnitzte Treppengeländer, der Stuckſaal, den Markgraf Karl baute, die Büſten und Bilder, von denen beinahe jeder der Vorbeſitzer ein einzelnes, wie ein Erinnerungsſtück, zurück- gelaſſen hat, — ſie befinden ſich an altem Platz und nur erweitert und hinzugefügt wurde vielfach. Unter dieſen Hinzufügungen nennen wir in erſter Reihe fünf Arbeiten Schinkels, von denen drei ſeiner allerfrühſten Epoche, zwei muthmaßlich dem Jahre 1814 angehören. Es ſind die fol- genden: Schloß Owinsk (Architekturbild in Tuſchfarben ausgeführt), Schloß Owinsk, von der Tiefe aus geſehen, Schloß Owinsk, von der Höhe aus geſehen, Ein See in Tirol, von hohen Bergen umgeben, ein Fiſch- zug im Vordergrund (Morgenbeleuchtung), Ein See von hohen Gebirgen umgeben, Gondeln im Vorder- grund (Abendbeleuchtung). *) *) Von keinem dieſer fünf Bilder, mit Ausnahme des Architekturbildes, läßt ſich behaupten, daß es nachweisbar von Schinkel herrühre; doch iſt es von allen in hohem Maße wahrſcheinlich. Schinkel war bei Aufführung des Schloſſes Owinsk, Provinz Poſen, als Bauführer thätig. Es war dies 1801. Die Vereinigung von Architekt und Landſchaftsmaler, die ſonſt in hundert Fällen kaum einmal vorkommt, war eben bei Schinkel charakteriſtiſch und es iſt nicht anzunehmen, daß ſich damals — und noch dazu in Owinsk — ein anderer Architekt an ſeiner Seite befunden habe, der dies alles auch ver- mocht hätte. — Was die beiden andern Bilder (Gebirgsſeen, Morgen- und Abendbeleuchtung, Pendants) angeht, ſo ſtellen ſie genau daſſelbe dar, wie die

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/165>, abgerufen am 30.04.2024.