Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Effi Briest
geglichenen Kontos war. Effi war bei diesem Ge¬
spräch sehr ausgelassen, fühlte sich ganz als junge
Frau und war froh, die nach der Gesindestube hin
ausquartierte Roswitha auf unbestimmte Zeit los
zu sein.

Am anderen Morgen sagte sie: "Das Wetter
ist schön und mild und ich hoffe, die Veranda nach
der Plantage hinaus ist noch in gutem Stande, und
wir können uns ins Freie setzen und da das Früh¬
stück nehmen. In unsere Zimmer kommen wir ohne¬
hin noch früh genug, und der Kessiner Winter ist
wirklich um vier Wochen zu lang."

Innstetten war sehr einverstanden. Die Veranda,
von der Effi gesprochen, und die vielleicht richtiger
ein Zelt genannt worden wäre, war schon im Sommer
hergerichtet worden, drei, vier Wochen vor Effi's
Abreise nach Hohen-Cremmen, und bestand aus einem
großen gedielten Podium, vorn offen, mit einer
mächtigen Marquise zu Häupten, während links und
rechts breite Leinwandvorhänge waren, die sich mit
Hülfe von Ringen an einer Eisenstange hin und her
schieben ließen. Es war ein reizender Platz, den
ganzen Sommer über von allen Badegästen, die hier
vorüber mußten, bewundert.

Effi hatte sich in einen Schaukelstuhl gelehnt
und sagte, während sie das Kaffeebrett von der Seite

Effi Brieſt
geglichenen Kontos war. Effi war bei dieſem Ge¬
ſpräch ſehr ausgelaſſen, fühlte ſich ganz als junge
Frau und war froh, die nach der Geſindeſtube hin
ausquartierte Roswitha auf unbeſtimmte Zeit los
zu ſein.

Am anderen Morgen ſagte ſie: „Das Wetter
iſt ſchön und mild und ich hoffe, die Veranda nach
der Plantage hinaus iſt noch in gutem Stande, und
wir können uns ins Freie ſetzen und da das Früh¬
ſtück nehmen. In unſere Zimmer kommen wir ohne¬
hin noch früh genug, und der Keſſiner Winter iſt
wirklich um vier Wochen zu lang.“

Innſtetten war ſehr einverſtanden. Die Veranda,
von der Effi geſprochen, und die vielleicht richtiger
ein Zelt genannt worden wäre, war ſchon im Sommer
hergerichtet worden, drei, vier Wochen vor Effi's
Abreiſe nach Hohen-Cremmen, und beſtand aus einem
großen gedielten Podium, vorn offen, mit einer
mächtigen Marquiſe zu Häupten, während links und
rechts breite Leinwandvorhänge waren, die ſich mit
Hülfe von Ringen an einer Eiſenſtange hin und her
ſchieben ließen. Es war ein reizender Platz, den
ganzen Sommer über von allen Badegäſten, die hier
vorüber mußten, bewundert.

Effi hatte ſich in einen Schaukelſtuhl gelehnt
und ſagte, während ſie das Kaffeebrett von der Seite

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0217" n="208"/><fw place="top" type="header">Effi Brie&#x017F;t<lb/></fw> geglichenen Kontos war. Effi war bei die&#x017F;em Ge¬<lb/>
&#x017F;präch &#x017F;ehr ausgela&#x017F;&#x017F;en, fühlte &#x017F;ich ganz als junge<lb/>
Frau und war froh, die nach der Ge&#x017F;inde&#x017F;tube hin<lb/>
ausquartierte Roswitha auf unbe&#x017F;timmte Zeit los<lb/>
zu &#x017F;ein.</p><lb/>
        <p>Am anderen Morgen &#x017F;agte &#x017F;ie: &#x201E;Das Wetter<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;chön und mild und ich hoffe, die Veranda nach<lb/>
der Plantage hinaus i&#x017F;t noch in gutem Stande, und<lb/>
wir können uns ins Freie &#x017F;etzen und da das Früh¬<lb/>
&#x017F;tück nehmen. In un&#x017F;ere Zimmer kommen wir ohne¬<lb/>
hin noch früh genug, und der Ke&#x017F;&#x017F;iner Winter i&#x017F;t<lb/>
wirklich um vier Wochen zu lang.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Inn&#x017F;tetten war &#x017F;ehr einver&#x017F;tanden. Die Veranda,<lb/>
von der Effi ge&#x017F;prochen, und die vielleicht richtiger<lb/>
ein Zelt genannt worden wäre, war &#x017F;chon im Sommer<lb/>
hergerichtet worden, drei, vier Wochen vor Effi's<lb/>
Abrei&#x017F;e nach Hohen-Cremmen, und be&#x017F;tand aus einem<lb/>
großen gedielten Podium, vorn offen, mit einer<lb/>
mächtigen Marqui&#x017F;e zu Häupten, während links und<lb/>
rechts breite Leinwandvorhänge waren, die &#x017F;ich mit<lb/>
Hülfe von Ringen an einer Ei&#x017F;en&#x017F;tange hin und her<lb/>
&#x017F;chieben ließen. Es war ein reizender Platz, den<lb/>
ganzen Sommer über von allen Badegä&#x017F;ten, die hier<lb/>
vorüber mußten, bewundert.</p><lb/>
        <p>Effi hatte &#x017F;ich in einen Schaukel&#x017F;tuhl gelehnt<lb/>
und &#x017F;agte, während &#x017F;ie das Kaffeebrett von der Seite<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0217] Effi Brieſt geglichenen Kontos war. Effi war bei dieſem Ge¬ ſpräch ſehr ausgelaſſen, fühlte ſich ganz als junge Frau und war froh, die nach der Geſindeſtube hin ausquartierte Roswitha auf unbeſtimmte Zeit los zu ſein. Am anderen Morgen ſagte ſie: „Das Wetter iſt ſchön und mild und ich hoffe, die Veranda nach der Plantage hinaus iſt noch in gutem Stande, und wir können uns ins Freie ſetzen und da das Früh¬ ſtück nehmen. In unſere Zimmer kommen wir ohne¬ hin noch früh genug, und der Keſſiner Winter iſt wirklich um vier Wochen zu lang.“ Innſtetten war ſehr einverſtanden. Die Veranda, von der Effi geſprochen, und die vielleicht richtiger ein Zelt genannt worden wäre, war ſchon im Sommer hergerichtet worden, drei, vier Wochen vor Effi's Abreiſe nach Hohen-Cremmen, und beſtand aus einem großen gedielten Podium, vorn offen, mit einer mächtigen Marquiſe zu Häupten, während links und rechts breite Leinwandvorhänge waren, die ſich mit Hülfe von Ringen an einer Eiſenſtange hin und her ſchieben ließen. Es war ein reizender Platz, den ganzen Sommer über von allen Badegäſten, die hier vorüber mußten, bewundert. Effi hatte ſich in einen Schaukelſtuhl gelehnt und ſagte, während ſie das Kaffeebrett von der Seite

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/217
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/217>, abgerufen am 06.05.2024.