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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
wo sie jetzt eben anfangen, ihm ein Grabhaus zu
bauen. Und wenn Sie da stehen, dann überlegen
Sie sich das Leben von dem, und wenn Sie dann
nicht beruhigt sind, dann ist Ihnen freilich nicht zu
helfen."

"Gut, gut. Aber das Jahr ist lang, und jeder
einzelne Tag ... und dann der Abend."

"Mit dem ist immer noch am ehesten fertig zu
werden. Da haben wir ,Sardanapal' oder ,Coppelia'
mit der del Era, und wenn es damit aus ist, dann
haben wir Siechen. Nicht zu verachten. Drei
Seidel beruhigen jedesmal. Es giebt immer noch
viele, sehr viele, die zu der ganzen Sache nicht anders
stehen wie wir, und einer, dem auch viel verquer
gegangen war, sagte mir 'mal: ,Glauben Sie mir,
Wüllersdorf, es geht überhaupt nicht ohne ,Hülfs¬
konstruktionen'.' Der das sagte, war ein Baumeister
und mußt' es also wissen. Und er hatte recht mit
seinem Satz. Es vergeht kein Tag, der mich nicht
an die ,Hülfskonstruktionen' gemahnte."

Wüllersdorf, als er sich so expektoriert, nahm
Hut und Stock. Innstetten aber, der sich bei diesen
Worten seines Freundes seiner eigenen voraufge¬
gangenen Betrachtungen über das ,kleine Glück' er¬
innert haben mochte, nickte halb zustimmend und
lächelte vor sich hin.

Effi Brieſt
wo ſie jetzt eben anfangen, ihm ein Grabhaus zu
bauen. Und wenn Sie da ſtehen, dann überlegen
Sie ſich das Leben von dem, und wenn Sie dann
nicht beruhigt ſind, dann iſt Ihnen freilich nicht zu
helfen.“

„Gut, gut. Aber das Jahr iſt lang, und jeder
einzelne Tag … und dann der Abend.“

„Mit dem iſt immer noch am eheſten fertig zu
werden. Da haben wir ,Sardanapal‘ oder ,Coppelia‘
mit der del Era, und wenn es damit aus iſt, dann
haben wir Siechen. Nicht zu verachten. Drei
Seidel beruhigen jedesmal. Es giebt immer noch
viele, ſehr viele, die zu der ganzen Sache nicht anders
ſtehen wie wir, und einer, dem auch viel verquer
gegangen war, ſagte mir 'mal: ‚Glauben Sie mir,
Wüllersdorf, es geht überhaupt nicht ohne ,Hülfs¬
konſtruktionen‘.‘ Der das ſagte, war ein Baumeiſter
und mußt' es alſo wiſſen. Und er hatte recht mit
ſeinem Satz. Es vergeht kein Tag, der mich nicht
an die ‚Hülfskonſtruktionen‘ gemahnte.“

Wüllersdorf, als er ſich ſo expektoriert, nahm
Hut und Stock. Innſtetten aber, der ſich bei dieſen
Worten ſeines Freundes ſeiner eigenen voraufge¬
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innert haben mochte, nickte halb zuſtimmend und
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[508/0517] Effi Brieſt wo ſie jetzt eben anfangen, ihm ein Grabhaus zu bauen. Und wenn Sie da ſtehen, dann überlegen Sie ſich das Leben von dem, und wenn Sie dann nicht beruhigt ſind, dann iſt Ihnen freilich nicht zu helfen.“ „Gut, gut. Aber das Jahr iſt lang, und jeder einzelne Tag … und dann der Abend.“ „Mit dem iſt immer noch am eheſten fertig zu werden. Da haben wir ,Sardanapal‘ oder ,Coppelia‘ mit der del Era, und wenn es damit aus iſt, dann haben wir Siechen. Nicht zu verachten. Drei Seidel beruhigen jedesmal. Es giebt immer noch viele, ſehr viele, die zu der ganzen Sache nicht anders ſtehen wie wir, und einer, dem auch viel verquer gegangen war, ſagte mir 'mal: ‚Glauben Sie mir, Wüllersdorf, es geht überhaupt nicht ohne ,Hülfs¬ konſtruktionen‘.‘ Der das ſagte, war ein Baumeiſter und mußt' es alſo wiſſen. Und er hatte recht mit ſeinem Satz. Es vergeht kein Tag, der mich nicht an die ‚Hülfskonſtruktionen‘ gemahnte.“ Wüllersdorf, als er ſich ſo expektoriert, nahm Hut und Stock. Innſtetten aber, der ſich bei dieſen Worten ſeines Freundes ſeiner eigenen voraufge¬ gangenen Betrachtungen über das ,kleine Glück‘ er¬ innert haben mochte, nickte halb zuſtimmend und lächelte vor ſich hin.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/517>, abgerufen am 27.04.2024.