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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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was Kleidsames überhaupt noch gar nicht gesehn; er
wolle nicht von sich selber reden, aber ein Prinz
hätte sich drin vergaffen können."

Die gute Frau hörte wohl heraus, daß er sich
einen Spaß mache. Trotzdem sagte sie: "Ja, wenn
Dörr mal anfängt, denn is er so forsch und fein,
daß ich mitunter gar nicht weiß, wo er's herhat.
Alltags is nich viel mit ihm, aber mit eins is er
wie vertauscht un gar nich mehr derselbe un ich
sage denn immer: es is am Ende doch was mit
ihm un er kann es man blos nich so zeigen."

So plauderte man beim Thee, bis 10 Uhr her¬
an war. Dann brach Botho auf und Lene und
Frau Dörr begleiteten ihn durch den Vorgarten bis
an die Gartenthür. Als sie hier standen, erinnerte
die Dörr daran, daß man das Vielliebchen noch
immer vergessen habe. Botho schien aber die
Mahnung überhören zu wollen und betonte nur
nochmals, wie hübsch der Nachmittag gewesen sei.
"Wir müssen öfter so gehn, Lene, und wenn ich
wiederkomme, dann überlegen wir wohin. O, ich
werde schon etwas finden, etwas Hübsches und Stil¬
les, und recht weit und nicht so blos über Feld."

"Und dann nehmen wir Frau Dörr wieder
mit," sagte Lene, "oder bitten sie darum. Nicht
wahr, Botho?"

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was Kleidſames überhaupt noch gar nicht geſehn; er
wolle nicht von ſich ſelber reden, aber ein Prinz
hätte ſich drin vergaffen können.“

Die gute Frau hörte wohl heraus, daß er ſich
einen Spaß mache. Trotzdem ſagte ſie: „Ja, wenn
Dörr mal anfängt, denn is er ſo forſch und fein,
daß ich mitunter gar nicht weiß, wo er's herhat.
Alltags is nich viel mit ihm, aber mit eins is er
wie vertauſcht un gar nich mehr derſelbe un ich
ſage denn immer: es is am Ende doch was mit
ihm un er kann es man blos nich ſo zeigen.“

So plauderte man beim Thee, bis 10 Uhr her¬
an war. Dann brach Botho auf und Lene und
Frau Dörr begleiteten ihn durch den Vorgarten bis
an die Gartenthür. Als ſie hier ſtanden, erinnerte
die Dörr daran, daß man das Vielliebchen noch
immer vergeſſen habe. Botho ſchien aber die
Mahnung überhören zu wollen und betonte nur
nochmals, wie hübſch der Nachmittag geweſen ſei.
„Wir müſſen öfter ſo gehn, Lene, und wenn ich
wiederkomme, dann überlegen wir wohin. O, ich
werde ſchon etwas finden, etwas Hübſches und Stil¬
les, und recht weit und nicht ſo blos über Feld.“

„Und dann nehmen wir Frau Dörr wieder
mit,“ ſagte Lene, „oder bitten ſie darum. Nicht
wahr, Botho?“

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[99/0109] was Kleidſames überhaupt noch gar nicht geſehn; er wolle nicht von ſich ſelber reden, aber ein Prinz hätte ſich drin vergaffen können.“ Die gute Frau hörte wohl heraus, daß er ſich einen Spaß mache. Trotzdem ſagte ſie: „Ja, wenn Dörr mal anfängt, denn is er ſo forſch und fein, daß ich mitunter gar nicht weiß, wo er's herhat. Alltags is nich viel mit ihm, aber mit eins is er wie vertauſcht un gar nich mehr derſelbe un ich ſage denn immer: es is am Ende doch was mit ihm un er kann es man blos nich ſo zeigen.“ So plauderte man beim Thee, bis 10 Uhr her¬ an war. Dann brach Botho auf und Lene und Frau Dörr begleiteten ihn durch den Vorgarten bis an die Gartenthür. Als ſie hier ſtanden, erinnerte die Dörr daran, daß man das Vielliebchen noch immer vergeſſen habe. Botho ſchien aber die Mahnung überhören zu wollen und betonte nur nochmals, wie hübſch der Nachmittag geweſen ſei. „Wir müſſen öfter ſo gehn, Lene, und wenn ich wiederkomme, dann überlegen wir wohin. O, ich werde ſchon etwas finden, etwas Hübſches und Stil¬ les, und recht weit und nicht ſo blos über Feld.“ „Und dann nehmen wir Frau Dörr wieder mit,“ ſagte Lene, „oder bitten ſie darum. Nicht wahr, Botho?“ 7*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/109>, abgerufen am 29.04.2024.