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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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aus Ihrem Garten gleich in den Wald? Ich hasse
jeden unnützen Schritt. Und vielleicht finden wir
noch Champignons. Das wäre himmlisch. Die
können dann noch an den Rehrücken, Champignons
verderben nie 'was."

Der Wirth bejahte nicht blos die hinsichtlich des
bequemeren Weges gestellte Frage, sondern begleitete
die Damen auch persönlich bis an die Gartenpforte,
von der aus man bis zur Waldlisiere nur ein paar
Schritte hatte. Blos eine chaussirte Straße lief
dazwischen. Als diese passirt war, war man drüben
im Waldesschatten und Isabeau, die stark unter der
immer größer werdenden Hitze litt, pries sich glück¬
lich, den verhältnißmäßig weiten Umweg über ein
baumloses Stück Grasland vermieden zu haben. Sie
machte den eleganten, aber mit einem großen Fett¬
fleck ausstaffirten Sonnenschirm zu, hing ihn an
ihren Gürtel und nahm Lenens Arm, während die
beiden andern Damen folgten. Isabeau war augen¬
scheinlich in bester Stimmung und sagte, sich um¬
wendend, zu Margot und Johanna: "Wir müssen
aber doch ein Ziel haben. So blos Wald und
wieder Wald is eigentlich schrecklich. Was meinen
Sie, Johanna?"

Johanna war die größere von den beiden d'Arcs,
sehr hübsch, etwas blaß und mit raffinirter Einfach¬
heit gekleidet. Serge hielt darauf. Ihre Handschuh

aus Ihrem Garten gleich in den Wald? Ich haſſe
jeden unnützen Schritt. Und vielleicht finden wir
noch Champignons. Das wäre himmliſch. Die
können dann noch an den Rehrücken, Champignons
verderben nie 'was.“

Der Wirth bejahte nicht blos die hinſichtlich des
bequemeren Weges geſtellte Frage, ſondern begleitete
die Damen auch perſönlich bis an die Gartenpforte,
von der aus man bis zur Waldliſière nur ein paar
Schritte hatte. Blos eine chauſſirte Straße lief
dazwiſchen. Als dieſe paſſirt war, war man drüben
im Waldesſchatten und Iſabeau, die ſtark unter der
immer größer werdenden Hitze litt, pries ſich glück¬
lich, den verhältnißmäßig weiten Umweg über ein
baumloſes Stück Grasland vermieden zu haben. Sie
machte den eleganten, aber mit einem großen Fett¬
fleck ausſtaffirten Sonnenſchirm zu, hing ihn an
ihren Gürtel und nahm Lenens Arm, während die
beiden andern Damen folgten. Iſabeau war augen¬
ſcheinlich in beſter Stimmung und ſagte, ſich um¬
wendend, zu Margot und Johanna: „Wir müſſen
aber doch ein Ziel haben. So blos Wald und
wieder Wald is eigentlich ſchrecklich. Was meinen
Sie, Johanna?“

Johanna war die größere von den beiden d'Arcs,
ſehr hübſch, etwas blaß und mit raffinirter Einfach¬
heit gekleidet. Serge hielt darauf. Ihre Handſchuh

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[136/0146] aus Ihrem Garten gleich in den Wald? Ich haſſe jeden unnützen Schritt. Und vielleicht finden wir noch Champignons. Das wäre himmliſch. Die können dann noch an den Rehrücken, Champignons verderben nie 'was.“ Der Wirth bejahte nicht blos die hinſichtlich des bequemeren Weges geſtellte Frage, ſondern begleitete die Damen auch perſönlich bis an die Gartenpforte, von der aus man bis zur Waldliſière nur ein paar Schritte hatte. Blos eine chauſſirte Straße lief dazwiſchen. Als dieſe paſſirt war, war man drüben im Waldesſchatten und Iſabeau, die ſtark unter der immer größer werdenden Hitze litt, pries ſich glück¬ lich, den verhältnißmäßig weiten Umweg über ein baumloſes Stück Grasland vermieden zu haben. Sie machte den eleganten, aber mit einem großen Fett¬ fleck ausſtaffirten Sonnenſchirm zu, hing ihn an ihren Gürtel und nahm Lenens Arm, während die beiden andern Damen folgten. Iſabeau war augen¬ ſcheinlich in beſter Stimmung und ſagte, ſich um¬ wendend, zu Margot und Johanna: „Wir müſſen aber doch ein Ziel haben. So blos Wald und wieder Wald is eigentlich ſchrecklich. Was meinen Sie, Johanna?“ Johanna war die größere von den beiden d'Arcs, ſehr hübſch, etwas blaß und mit raffinirter Einfach¬ heit gekleidet. Serge hielt darauf. Ihre Handſchuh

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/146>, abgerufen am 06.05.2024.