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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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und dann ist es wieder gut. Aber das nutzt uns
nichts. Und es ist auch nichts zu verzeihn."

"Lene . . ."

"Du mußt noch einen Augenblick hören. Ach,
mein einziger Botho, Du willst es mir verbergen,
aber es geht zu End'. Und rasch, ich weiß es."

"Wie Du nur sprichst."

"Ich hab' es freilich nur geträumt," fuhr Lene
fort. "Aber warum hab' ich es geträumt? weil es
mir den ganzen Tag vor der Seele steht. Mein
Traum war nur, was mir mein Herz eingab. Und
was ich Dir noch sagen wollte, Botho, und warum
ich Dir die paar Schritte nachgelaufen bin: es bleibt
doch bei dem, was ich Dir gestern Abend sagte.
Daß ich diesen Sommer leben konnte, war mir ein
Glück und bleibt mir ein Glück, auch wenn ich von
heut ab unglücklich werde."

"Lene, Lene, sprich nicht so . . ."

"Du fühlst selbst, daß ich Recht habe; Dein
gutes Herz sträubt sich nur, es zuzugestehen und
will es nicht wahr haben. Aber ich weiß es:
gestern, als wir über die Wiese gingen und plau¬
derten und ich Dir den Strauß pflückte, das war
unser letztes Glück und unsere letzte schöne Stunde."


Mit diesem Gespräche hatte der Tag geschlossen
und nun war der andre Morgen, und die Sommer¬

und dann iſt es wieder gut. Aber das nutzt uns
nichts. Und es iſt auch nichts zu verzeihn.“

„Lene . . .“

„Du mußt noch einen Augenblick hören. Ach,
mein einziger Botho, Du willſt es mir verbergen,
aber es geht zu End'. Und raſch, ich weiß es.“

„Wie Du nur ſprichſt.“

„Ich hab' es freilich nur geträumt,“ fuhr Lene
fort. „Aber warum hab' ich es geträumt? weil es
mir den ganzen Tag vor der Seele ſteht. Mein
Traum war nur, was mir mein Herz eingab. Und
was ich Dir noch ſagen wollte, Botho, und warum
ich Dir die paar Schritte nachgelaufen bin: es bleibt
doch bei dem, was ich Dir geſtern Abend ſagte.
Daß ich dieſen Sommer leben konnte, war mir ein
Glück und bleibt mir ein Glück, auch wenn ich von
heut ab unglücklich werde.“

„Lene, Lene, ſprich nicht ſo . . .“

„Du fühlſt ſelbſt, daß ich Recht habe; Dein
gutes Herz ſträubt ſich nur, es zuzugeſtehen und
will es nicht wahr haben. Aber ich weiß es:
geſtern, als wir über die Wieſe gingen und plau¬
derten und ich Dir den Strauß pflückte, das war
unſer letztes Glück und unſere letzte ſchöne Stunde.“


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und nun war der andre Morgen, und die Sommer¬

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[146/0156] und dann iſt es wieder gut. Aber das nutzt uns nichts. Und es iſt auch nichts zu verzeihn.“ „Lene . . .“ „Du mußt noch einen Augenblick hören. Ach, mein einziger Botho, Du willſt es mir verbergen, aber es geht zu End'. Und raſch, ich weiß es.“ „Wie Du nur ſprichſt.“ „Ich hab' es freilich nur geträumt,“ fuhr Lene fort. „Aber warum hab' ich es geträumt? weil es mir den ganzen Tag vor der Seele ſteht. Mein Traum war nur, was mir mein Herz eingab. Und was ich Dir noch ſagen wollte, Botho, und warum ich Dir die paar Schritte nachgelaufen bin: es bleibt doch bei dem, was ich Dir geſtern Abend ſagte. Daß ich dieſen Sommer leben konnte, war mir ein Glück und bleibt mir ein Glück, auch wenn ich von heut ab unglücklich werde.“ „Lene, Lene, ſprich nicht ſo . . .“ „Du fühlſt ſelbſt, daß ich Recht habe; Dein gutes Herz ſträubt ſich nur, es zuzugeſtehen und will es nicht wahr haben. Aber ich weiß es: geſtern, als wir über die Wieſe gingen und plau¬ derten und ich Dir den Strauß pflückte, das war unſer letztes Glück und unſere letzte ſchöne Stunde.“ Mit dieſem Geſpräche hatte der Tag geſchloſſen und nun war der andre Morgen, und die Sommer¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/156>, abgerufen am 28.04.2024.