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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Veranlassung -- am Erscheinen in ihrer Mitte verhindert
sei: "Meine Herren, Frau Oberförster Katzler" -- er
machte hier eine kleine Pause, wie wenn er eine höhere
Titulatur ganz ernsthaft in Erwägung gezogen hätte --
"Frau Oberförster Katzler und Frau von Gundermann,
sie leben hoch!" Rex, Czako, Katzler erhoben sich, um
mit Frau von Gundermann anzustoßen, als aber jeder
von ihnen auf seinen Platz zurückgekehrt war, nahmen
sie die durch den Toast unterbrochenen Privatgespräche
wieder auf, wobei Dubslav als guter Wirt sich darauf
beschränkte, kurze Bemerkungen nach links und rechts
hin einzustreuen. Dies war indessen nicht immer leicht,
am wenigsten leicht bei dem Geplauder, das der Haupt¬
mann und Frau von Gundermann führten, und das so
pausenlos verlief, daß ein Einhaken sich kaum ermög¬
lichte. Czako war ein guter Sprecher, aber er verschwand
neben seiner Partnerin. Ihres Vaters Laufbahn, der
es (ursprünglich Schreib- und Zeichenlehrer) in einer
langen, schon mit Anno 13 beginnenden Dienstzeit bis zum
Hauptmann in der "Plankammer" gebracht hatte, gab
ihr in ihren Augen eine gewisse militärische Zugehörig¬
keit, und als sie, nach mehrmaligem Auslugen, endlich
den ihr wohlbekannten Namenszug des Regiments Alexander
auf Czakos Achselklappe erkannt hatte, sagte sie: "Gott
..., Alexander. Nein, ich sage. Mir war aber doch
auch gleich so Münzstraße. Wir wohnten ja Linienstraße,
Ecke der Weinmeister -- das heißt, als ich meinen Mann
kennen lernte. Vorher draußen, Schönhauser Allee. Wenn
man so wen aus seiner Gegend wieder sieht! Ich bin
ganz glücklich, Herr Hauptmann. Ach, es ist zu traurig
hier. Und wenn wir nicht den Herrn von Stechlin
hätten, so hätten wir so gut wie gar nichts. Mit
Katzlers," aber dies flüsterte sie nur leise, "mit Katzlers
ist es nichts; die sind zu hoch 'raus. Da muß man sich
denn klein machen. Und so toll ist es am Ende doch

Veranlaſſung — am Erſcheinen in ihrer Mitte verhindert
ſei: „Meine Herren, Frau Oberförſter Katzler“ — er
machte hier eine kleine Pauſe, wie wenn er eine höhere
Titulatur ganz ernſthaft in Erwägung gezogen hätte —
„Frau Oberförſter Katzler und Frau von Gundermann,
ſie leben hoch!“ Rex, Czako, Katzler erhoben ſich, um
mit Frau von Gundermann anzuſtoßen, als aber jeder
von ihnen auf ſeinen Platz zurückgekehrt war, nahmen
ſie die durch den Toaſt unterbrochenen Privatgeſpräche
wieder auf, wobei Dubslav als guter Wirt ſich darauf
beſchränkte, kurze Bemerkungen nach links und rechts
hin einzuſtreuen. Dies war indeſſen nicht immer leicht,
am wenigſten leicht bei dem Geplauder, das der Haupt¬
mann und Frau von Gundermann führten, und das ſo
pauſenlos verlief, daß ein Einhaken ſich kaum ermög¬
lichte. Czako war ein guter Sprecher, aber er verſchwand
neben ſeiner Partnerin. Ihres Vaters Laufbahn, der
es (urſprünglich Schreib- und Zeichenlehrer) in einer
langen, ſchon mit Anno 13 beginnenden Dienſtzeit bis zum
Hauptmann in der „Plankammer“ gebracht hatte, gab
ihr in ihren Augen eine gewiſſe militäriſche Zugehörig¬
keit, und als ſie, nach mehrmaligem Auslugen, endlich
den ihr wohlbekannten Namenszug des Regiments Alexander
auf Czakos Achſelklappe erkannt hatte, ſagte ſie: „Gott
..., Alexander. Nein, ich ſage. Mir war aber doch
auch gleich ſo Münzſtraße. Wir wohnten ja Linienſtraße,
Ecke der Weinmeiſter — das heißt, als ich meinen Mann
kennen lernte. Vorher draußen, Schönhauſer Allee. Wenn
man ſo wen aus ſeiner Gegend wieder ſieht! Ich bin
ganz glücklich, Herr Hauptmann. Ach, es iſt zu traurig
hier. Und wenn wir nicht den Herrn von Stechlin
hätten, ſo hätten wir ſo gut wie gar nichts. Mit
Katzlers,“ aber dies flüſterte ſie nur leiſe, „mit Katzlers
iſt es nichts; die ſind zu hoch 'raus. Da muß man ſich
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[36/0043] Veranlaſſung — am Erſcheinen in ihrer Mitte verhindert ſei: „Meine Herren, Frau Oberförſter Katzler“ — er machte hier eine kleine Pauſe, wie wenn er eine höhere Titulatur ganz ernſthaft in Erwägung gezogen hätte — „Frau Oberförſter Katzler und Frau von Gundermann, ſie leben hoch!“ Rex, Czako, Katzler erhoben ſich, um mit Frau von Gundermann anzuſtoßen, als aber jeder von ihnen auf ſeinen Platz zurückgekehrt war, nahmen ſie die durch den Toaſt unterbrochenen Privatgeſpräche wieder auf, wobei Dubslav als guter Wirt ſich darauf beſchränkte, kurze Bemerkungen nach links und rechts hin einzuſtreuen. Dies war indeſſen nicht immer leicht, am wenigſten leicht bei dem Geplauder, das der Haupt¬ mann und Frau von Gundermann führten, und das ſo pauſenlos verlief, daß ein Einhaken ſich kaum ermög¬ lichte. Czako war ein guter Sprecher, aber er verſchwand neben ſeiner Partnerin. Ihres Vaters Laufbahn, der es (urſprünglich Schreib- und Zeichenlehrer) in einer langen, ſchon mit Anno 13 beginnenden Dienſtzeit bis zum Hauptmann in der „Plankammer“ gebracht hatte, gab ihr in ihren Augen eine gewiſſe militäriſche Zugehörig¬ keit, und als ſie, nach mehrmaligem Auslugen, endlich den ihr wohlbekannten Namenszug des Regiments Alexander auf Czakos Achſelklappe erkannt hatte, ſagte ſie: „Gott ..., Alexander. Nein, ich ſage. Mir war aber doch auch gleich ſo Münzſtraße. Wir wohnten ja Linienſtraße, Ecke der Weinmeiſter — das heißt, als ich meinen Mann kennen lernte. Vorher draußen, Schönhauſer Allee. Wenn man ſo wen aus ſeiner Gegend wieder ſieht! Ich bin ganz glücklich, Herr Hauptmann. Ach, es iſt zu traurig hier. Und wenn wir nicht den Herrn von Stechlin hätten, ſo hätten wir ſo gut wie gar nichts. Mit Katzlers,“ aber dies flüſterte ſie nur leiſe, „mit Katzlers iſt es nichts; die ſind zu hoch 'raus. Da muß man ſich denn klein machen. Und ſo toll iſt es am Ende doch

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/43>, abgerufen am 28.04.2024.