Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeitstisch und ein lederüberzogener Armstuhl stehen noch an alter Stelle; einige Nachschlagebücher sind dicht zur Hand und eine leichte Gallerie von Gußeisen (tracery work) umläuft, in Mittelhöhe des Zimmers, drei Seiten desselben und erleichtert das Herabnehmen der Bücher.

Nischenartig abgezweigt von dem Studirzimmer und kaum so groß wie eine Schiffskoje, befindet sich neben demselben eine Art Cabinet, worin - in derselben Weise wie man in Greenwich den besternten Rock Lord Nelson's aufhebt, den er trug, als ihn die Todeskugel aus dem Mastkorb des "Redoutable" traf - unter einem Glaskasten das letzte Sommercostüm Sir Walter's aufbewahrt. Es ist sehr elegant und zeigt, neben vielem andern, wie großes Gewicht der Verstorbene auf Aeußerlichkeiten legte. Dies Costüm besteht aus einem olivenbraunen Frack mit Stahlknöpfen, weiß und schwarz karirtem Beinkleid (das bekannte Plaidmuster), braunen Gamaschen, gestreifter Sammtweste und grauem, langhaarigem Seidenhut. Die feierliche Empfindung, mit der ich diese Sachen betrachtete, wurde durch die profane Bemerkung "all newly washed", womit ein suffisanter Londoner Cockney sich selbst und das Maß seines Witzes beglaubigte, rasch unterbrochen, und wir verließen die Cabine ziemlich verstimmt, um nunmehr in das Bibliothekzimmer einzutreten.

Die Bibliothek ist ein sehr geräumiges und reich verziertes Zimmer, für dessen Dimensionen die 20,000

Arbeitstisch und ein lederüberzogener Armstuhl stehen noch an alter Stelle; einige Nachschlagebücher sind dicht zur Hand und eine leichte Gallerie von Gußeisen (tracery work) umläuft, in Mittelhöhe des Zimmers, drei Seiten desselben und erleichtert das Herabnehmen der Bücher.

Nischenartig abgezweigt von dem Studirzimmer und kaum so groß wie eine Schiffskoje, befindet sich neben demselben eine Art Cabinet, worin – in derselben Weise wie man in Greenwich den besternten Rock Lord Nelson’s aufhebt, den er trug, als ihn die Todeskugel aus dem Mastkorb des „Redoutable“ traf – unter einem Glaskasten das letzte Sommercostüm Sir Walter’s aufbewahrt. Es ist sehr elegant und zeigt, neben vielem andern, wie großes Gewicht der Verstorbene auf Aeußerlichkeiten legte. Dies Costüm besteht aus einem olivenbraunen Frack mit Stahlknöpfen, weiß und schwarz karirtem Beinkleid (das bekannte Plaidmuster), braunen Gamaschen, gestreifter Sammtweste und grauem, langhaarigem Seidenhut. Die feierliche Empfindung, mit der ich diese Sachen betrachtete, wurde durch die profane Bemerkung „all newly washed“, womit ein suffisanter Londoner Cockney sich selbst und das Maß seines Witzes beglaubigte, rasch unterbrochen, und wir verließen die Cabine ziemlich verstimmt, um nunmehr in das Bibliothekzimmer einzutreten.

Die Bibliothek ist ein sehr geräumiges und reich verziertes Zimmer, für dessen Dimensionen die 20,000

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0357" n="340"/>
Arbeitstisch und ein lederüberzogener Armstuhl stehen noch              an alter Stelle; einige Nachschlagebücher sind dicht zur Hand und eine leichte Gallerie              von Gußeisen (<hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">tracery work</foreign></hi>) umläuft, in Mittelhöhe des Zimmers, drei Seiten desselben und erleichtert das Herabnehmen der Bücher.</p><lb/>
          <p>Nischenartig abgezweigt von dem Studirzimmer und kaum so groß wie eine Schiffskoje, befindet sich neben demselben eine Art Cabinet, worin &#x2013; in derselben Weise wie man in Greenwich den besternten Rock Lord Nelson&#x2019;s aufhebt, den er trug, als ihn die Todeskugel aus dem Mastkorb des &#x201E;Redoutable&#x201C; traf &#x2013; unter einem Glaskasten das letzte Sommercostüm Sir Walter&#x2019;s aufbewahrt. Es ist sehr elegant und zeigt, neben vielem andern, wie großes Gewicht der Verstorbene auf Aeußerlichkeiten legte. Dies Costüm besteht aus einem olivenbraunen Frack mit Stahlknöpfen, weiß und schwarz karirtem Beinkleid (das bekannte Plaidmuster), braunen Gamaschen, gestreifter Sammtweste und grauem, langhaarigem Seidenhut. Die feierliche Empfindung, mit der ich diese Sachen betrachtete, wurde durch die profane Bemerkung <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">&#x201E;all newly washed&#x201C;</foreign></hi>, womit ein suffisanter Londoner Cockney sich selbst und das Maß seines Witzes              beglaubigte, rasch unterbrochen, und wir verließen die Cabine ziemlich verstimmt, um              nunmehr in das Bibliothekzimmer einzutreten.</p><lb/>
          <p>Die Bibliothek ist ein sehr geräumiges und reich verziertes Zimmer, für dessen Dimensionen die 20,000<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0357] Arbeitstisch und ein lederüberzogener Armstuhl stehen noch an alter Stelle; einige Nachschlagebücher sind dicht zur Hand und eine leichte Gallerie von Gußeisen (tracery work) umläuft, in Mittelhöhe des Zimmers, drei Seiten desselben und erleichtert das Herabnehmen der Bücher. Nischenartig abgezweigt von dem Studirzimmer und kaum so groß wie eine Schiffskoje, befindet sich neben demselben eine Art Cabinet, worin – in derselben Weise wie man in Greenwich den besternten Rock Lord Nelson’s aufhebt, den er trug, als ihn die Todeskugel aus dem Mastkorb des „Redoutable“ traf – unter einem Glaskasten das letzte Sommercostüm Sir Walter’s aufbewahrt. Es ist sehr elegant und zeigt, neben vielem andern, wie großes Gewicht der Verstorbene auf Aeußerlichkeiten legte. Dies Costüm besteht aus einem olivenbraunen Frack mit Stahlknöpfen, weiß und schwarz karirtem Beinkleid (das bekannte Plaidmuster), braunen Gamaschen, gestreifter Sammtweste und grauem, langhaarigem Seidenhut. Die feierliche Empfindung, mit der ich diese Sachen betrachtete, wurde durch die profane Bemerkung „all newly washed“, womit ein suffisanter Londoner Cockney sich selbst und das Maß seines Witzes beglaubigte, rasch unterbrochen, und wir verließen die Cabine ziemlich verstimmt, um nunmehr in das Bibliothekzimmer einzutreten. Die Bibliothek ist ein sehr geräumiges und reich verziertes Zimmer, für dessen Dimensionen die 20,000

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/357
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/357>, abgerufen am 28.04.2024.