Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Unnatürliches, dass nur die lange Gewohn¬
heit nicht frei zu seyn, die Möglichkeit er¬
klärt, wie man seinen tückischen Führern
so etwas nachsprechen könne. Nous ne vou¬
lons pas etre libres
! Arme, betrogene Bra¬
banter! das sagt ihr ohne Bedenken hin; und
indem ihr noch mit Entzücken euren Sieg
über die weltliche Tyrannei erzählt, fühlt ihr
nicht, wessen Sklaven ihr waret und noch
seid? Schon recht! ihr könnt auch nicht
mehr frei seyn; ihr seid geborene Knechte:
Einem Herrn entlauft ihr; aber des andern
Zeichen ist euch eingebrannt, an welchem
es jedem Klügeren spottleicht wird, euch
wieder zu kennen und einzufangen, wähntet
ihr gleich, ihr wäret frei!

Wie der Vogel, der den Faden bricht,
und zum Walde kehrt:
er schleppt des Gefängnisses Schmach,
noch ein Stückchen des Fadens nach;
er ist der alte, freigeborne Vogel nicht --!
A 4

Unnatürliches, daſs nur die lange Gewohn¬
heit nicht frei zu seyn, die Möglichkeit er¬
klärt, wie man seinen tückischen Führern
so etwas nachsprechen könne. Nous ne vou¬
lons pas être libres
! Arme, betrogene Bra¬
banter! das sagt ihr ohne Bedenken hin; und
indem ihr noch mit Entzücken euren Sieg
über die weltliche Tyrannei erzählt, fühlt ihr
nicht, wessen Sklaven ihr waret und noch
seid? Schon recht! ihr könnt auch nicht
mehr frei seyn; ihr seid geborene Knechte:
Einem Herrn entlauft ihr; aber des andern
Zeichen ist euch eingebrannt, an welchem
es jedem Klügeren spottleicht wird, euch
wieder zu kennen und einzufangen, wähntet
ihr gleich, ihr wäret frei!

Wie der Vogel, der den Faden bricht,
und zum Walde kehrt:
er schleppt des Gefängnisses Schmach,
noch ein Stückchen des Fadens nach;
er ist der alte, freigeborne Vogel nicht —!
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0013" n="7"/>
Unnatürliches, da&#x017F;s nur die lange Gewohn¬<lb/>
heit <hi rendition="#i">nicht</hi> frei zu seyn, die Möglichkeit er¬<lb/>
klärt, wie man seinen tückischen Führern<lb/>
so etwas nachsprechen könne. <hi rendition="#i">Nous ne vou¬<lb/>
lons pas être libres</hi>! Arme, betrogene Bra¬<lb/>
banter! das sagt ihr ohne Bedenken hin; und<lb/>
indem ihr noch mit Entzücken euren Sieg<lb/>
über die weltliche Tyrannei erzählt, fühlt ihr<lb/>
nicht, wessen Sklaven ihr waret und noch<lb/>
seid? Schon recht! ihr könnt auch nicht<lb/>
mehr frei seyn; ihr seid geborene Knechte:<lb/>
Einem Herrn entlauft ihr; aber des andern<lb/>
Zeichen ist euch eingebrannt, an welchem<lb/>
es jedem Klügeren spottleicht wird, euch<lb/>
wieder zu kennen und einzufangen, wähntet<lb/>
ihr gleich, ihr wäret frei!</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wie der Vogel, der den Faden bricht,</l><lb/>
            <l>und zum Walde kehrt:</l><lb/>
            <l>er schleppt des Gefängnisses Schmach,</l><lb/>
            <l>noch ein Stückchen des Fadens nach;</l><lb/>
            <l>er ist der alte, freigeborne Vogel nicht &#x2014;!</l><lb/>
          </lg>
          <fw place="bottom" type="sig">A 4<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0013] Unnatürliches, daſs nur die lange Gewohn¬ heit nicht frei zu seyn, die Möglichkeit er¬ klärt, wie man seinen tückischen Führern so etwas nachsprechen könne. Nous ne vou¬ lons pas être libres! Arme, betrogene Bra¬ banter! das sagt ihr ohne Bedenken hin; und indem ihr noch mit Entzücken euren Sieg über die weltliche Tyrannei erzählt, fühlt ihr nicht, wessen Sklaven ihr waret und noch seid? Schon recht! ihr könnt auch nicht mehr frei seyn; ihr seid geborene Knechte: Einem Herrn entlauft ihr; aber des andern Zeichen ist euch eingebrannt, an welchem es jedem Klügeren spottleicht wird, euch wieder zu kennen und einzufangen, wähntet ihr gleich, ihr wäret frei! Wie der Vogel, der den Faden bricht, und zum Walde kehrt: er schleppt des Gefängnisses Schmach, noch ein Stückchen des Fadens nach; er ist der alte, freigeborne Vogel nicht —! A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/13
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/13>, abgerufen am 02.05.2024.