Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

gründetes, der Vernunft sogar furchtbar ge¬
wordenes Scheinrecht ertheilen. So lange
die grosse Masse des Menschengeschlechts
in einem Zustande der Unmündigkeit bleibt
-- und es hatte noch unlängst den Anschein,
dass sie es ewig bleiben würde -- so lange
kann dieser Unterschied subtil und überflü¬
ssig scheinen; für denkende Menschen aber
und für Völker, welche anfangen sich zu
fühlen, ist er ohne Zweifel sehr gegründet
und sehr erheblich zugleich. Nach diesen
Voraussetzungen wäre es demnach offenbar:
wer Josephs Recht, in den Niederlanden
nach seiner Erkenntniss des Bessern zu herr¬
schen, in Zweifel zieht, und seine Reform
gewaltthätig nennt, der darf ihm wenigstens
nicht das usurpirte, im Stumpfsinn und im
Aberglauben des Volkes geschöpfte Recht der
Stände entgegensetzen.

Doch die Frage von Recht bei Seite, so

C 5

gründetes, der Vernunft sogar furchtbar ge¬
wordenes Scheinrecht ertheilen. So lange
die groſse Masse des Menschengeschlechts
in einem Zustande der Unmündigkeit bleibt
— und es hatte noch unlängst den Anschein,
daſs sie es ewig bleiben würde — so lange
kann dieser Unterschied subtil und überflü¬
ſsig scheinen; für denkende Menschen aber
und für Völker, welche anfangen sich zu
fühlen, ist er ohne Zweifel sehr gegründet
und sehr erheblich zugleich. Nach diesen
Vorausſetzungen wäre es demnach offenbar:
wer Josephs Recht, in den Niederlanden
nach seiner Erkenntniſs des Bessern zu herr¬
schen, in Zweifel zieht, und seine Reform
gewaltthätig nennt, der darf ihm wenigstens
nicht das usurpirte, im Stumpfsinn und im
Aberglauben des Volkes geschöpfte Recht der
Stände entgegensetzen.

Doch die Frage von Recht bei Seite, so

C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0047" n="41"/>
gründetes, der Vernunft sogar furchtbar ge¬<lb/>
wordenes <hi rendition="#i">Scheinrecht</hi> ertheilen. So lange<lb/>
die gro&#x017F;se Masse des Menschengeschlechts<lb/>
in einem Zustande der Unmündigkeit bleibt<lb/>
&#x2014; und es hatte noch unlängst den Anschein,<lb/>
da&#x017F;s sie es ewig bleiben würde &#x2014; so lange<lb/>
kann dieser Unterschied subtil und überflü¬<lb/>
&#x017F;sig scheinen; für denkende Menschen aber<lb/>
und für Völker, welche anfangen sich zu<lb/>
fühlen, ist er ohne Zweifel sehr gegründet<lb/>
und sehr erheblich zugleich. Nach diesen<lb/>
Voraus&#x017F;etzungen wäre es demnach offenbar:<lb/>
wer <hi rendition="#i">Josephs</hi> Recht, in den Niederlanden<lb/>
nach seiner Erkenntni&#x017F;s des Bessern zu herr¬<lb/>
schen, in Zweifel zieht, und seine Reform<lb/>
gewaltthätig nennt, der darf ihm wenigstens<lb/>
nicht das usurpirte, im Stumpfsinn und im<lb/>
Aberglauben des Volkes geschöpfte Recht der<lb/>
Stände entgegensetzen.</p><lb/>
          <p>Doch die Frage von Recht bei Seite, so<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0047] gründetes, der Vernunft sogar furchtbar ge¬ wordenes Scheinrecht ertheilen. So lange die groſse Masse des Menschengeschlechts in einem Zustande der Unmündigkeit bleibt — und es hatte noch unlängst den Anschein, daſs sie es ewig bleiben würde — so lange kann dieser Unterschied subtil und überflü¬ ſsig scheinen; für denkende Menschen aber und für Völker, welche anfangen sich zu fühlen, ist er ohne Zweifel sehr gegründet und sehr erheblich zugleich. Nach diesen Vorausſetzungen wäre es demnach offenbar: wer Josephs Recht, in den Niederlanden nach seiner Erkenntniſs des Bessern zu herr¬ schen, in Zweifel zieht, und seine Reform gewaltthätig nennt, der darf ihm wenigstens nicht das usurpirte, im Stumpfsinn und im Aberglauben des Volkes geschöpfte Recht der Stände entgegensetzen. Doch die Frage von Recht bei Seite, so C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/47
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/47>, abgerufen am 02.05.2024.