Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
lich brennenden Berg ausfindig machen können. Das zuerst entdeckte Vorge-1774.
Septem-
ber.

bürge liegt unterm 20 Grade 30 Minuten Süder-Breite und 165 Grad 2 Se-
cunden östlicher Länge, und ward, nach dem Namen des jungen Officiers, der es
zuerst erblickt hatte, Cap Colnett, das ganze Land hingegen, welches von beträcht-
lichem Umfang zu seyn schien, Neu-Caledonien genannt. Noch hatten wir
zwar keinen von den Einwohnern zu Gesicht bekommen, konnten uns aber doch
nicht enthalten, ihrentwegen schon allerhand Vermuthungen zu wagen. Da wir
die Bewohner der Neuen Hebriden so ganz verschieden von den Neu-Seelän-
dern
, und sogar unter sich selbst von einander abweichend gefunden hatten; so
machten wir uns bereits Hofnung, die Bevölkerung Neu-Seelands hier von
Neu-Caledonien ableiten zu können. Es zeigte sich aber nachher, daß diese
Muthmaßungen zu voreilig, und daß es überhaupt nicht wohl möglich sey, die
Bevölkerungs-Geschichte der Eilande im Süd-Meer genau zu bestimmen.

Ehe es finster ward, kamen drey Canots mit Segeln vom Lande auf uns
zu. Die Einwohner hatten das Schiff, der Ferne wegen, vielleicht für ein Canot
mithin auch für ungleich näher gehalten, doch schien es, daß sie ihren Irrthum
bald gewahr wurden, wenigstens kehrten sie nicht lange nachher wiederum zurück.
Gegen Westen bestand das Land aus mehreren Inseln, und gerade vor uns brach sich
die See auf eine ganze Strecke weit, dergestalt, daß wir vermutheten, das ganze
Land müsse, in einiger Entfernung vom Ufer, mit einem Rief von Corallen-Klip-
pen umgeben seyn.

Früh Morgens näherten wir uns bey frischem Winde der Küste, und
entdeckten bald den Rief, der mit selbiger parallel, ohngefähr drey gute See-Mei-
len davon entfernt, lag. Innerhalb des Riefs segelten verschiedene Canots her-
um, deren jedes zwey Seegel, eins hinter dem andern aufgerichtet, führte. Die
Mannschaft dieser Fahrzeuge beschäftigte sich mit Fischfangen. Nicht lange dar-
auf stießen noch etliche Canots vom Lande, fuhren über den Rief, und nach uns
her. Sobald sie nahe genug waren, riefen wir ihnen zu, sie gafften uns zwar eine
Weile an, segelten aber alsdenn ganz gleichgültig wiederum zurück. Unterdes-
sen hatten wir eine Oefnung im Rief entdeckt und zu Sondirung derselben zwey
Boote in See gesetzt. Es währete nicht lange, so gaben unsre Leute ein Zeichen,
daß sie eine bequeme und sichere Einfahrt in den Rief gefunden hätten, und wir

P p 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
lich brennenden Berg ausfindig machen koͤnnen. Das zuerſt entdeckte Vorge-1774.
Septem-
ber.

buͤrge liegt unterm 20 Grade 30 Minuten Suͤder-Breite und 165 Grad 2 Se-
cunden oͤſtlicher Laͤnge, und ward, nach dem Namen des jungen Officiers, der es
zuerſt erblickt hatte, Cap Colnett, das ganze Land hingegen, welches von betraͤcht-
lichem Umfang zu ſeyn ſchien, Neu-Caledonien genannt. Noch hatten wir
zwar keinen von den Einwohnern zu Geſicht bekommen, konnten uns aber doch
nicht enthalten, ihrentwegen ſchon allerhand Vermuthungen zu wagen. Da wir
die Bewohner der Neuen Hebriden ſo ganz verſchieden von den Neu-Seelaͤn-
dern
, und ſogar unter ſich ſelbſt von einander abweichend gefunden hatten; ſo
machten wir uns bereits Hofnung, die Bevoͤlkerung Neu-Seelands hier von
Neu-Caledonien ableiten zu koͤnnen. Es zeigte ſich aber nachher, daß dieſe
Muthmaßungen zu voreilig, und daß es uͤberhaupt nicht wohl moͤglich ſey, die
Bevoͤlkerungs-Geſchichte der Eilande im Suͤd-Meer genau zu beſtimmen.

Ehe es finſter ward, kamen drey Canots mit Segeln vom Lande auf uns
zu. Die Einwohner hatten das Schiff, der Ferne wegen, vielleicht fuͤr ein Canot
mithin auch fuͤr ungleich naͤher gehalten, doch ſchien es, daß ſie ihren Irrthum
bald gewahr wurden, wenigſtens kehrten ſie nicht lange nachher wiederum zuruͤck.
Gegen Weſten beſtand das Land aus mehreren Inſeln, und gerade vor uns brach ſich
die See auf eine ganze Strecke weit, dergeſtalt, daß wir vermutheten, das ganze
Land muͤſſe, in einiger Entfernung vom Ufer, mit einem Rief von Corallen-Klip-
pen umgeben ſeyn.

Fruͤh Morgens naͤherten wir uns bey friſchem Winde der Kuͤſte, und
entdeckten bald den Rief, der mit ſelbiger parallel, ohngefaͤhr drey gute See-Mei-
len davon entfernt, lag. Innerhalb des Riefs ſegelten verſchiedene Canots her-
um, deren jedes zwey Seegel, eins hinter dem andern aufgerichtet, fuͤhrte. Die
Mannſchaft dieſer Fahrzeuge beſchaͤftigte ſich mit Fiſchfangen. Nicht lange dar-
auf ſtießen noch etliche Canots vom Lande, fuhren uͤber den Rief, und nach uns
her. Sobald ſie nahe genug waren, riefen wir ihnen zu, ſie gafften uns zwar eine
Weile an, ſegelten aber alsdenn ganz gleichguͤltig wiederum zuruͤck. Unterdeſ-
ſen hatten wir eine Oefnung im Rief entdeckt und zu Sondirung derſelben zwey
Boote in See geſetzt. Es waͤhrete nicht lange, ſo gaben unſre Leute ein Zeichen,
daß ſie eine bequeme und ſichere Einfahrt in den Rief gefunden haͤtten, und wir

P p 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0313" n="299"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
lich brennenden Berg ausfindig machen ko&#x0364;nnen. Das zuer&#x017F;t entdeckte Vorge-<note place="right">1774.<lb/>
Septem-<lb/>
ber.</note><lb/>
bu&#x0364;rge liegt unterm 20 Grade 30 Minuten Su&#x0364;der-Breite und 165 Grad 2 Se-<lb/>
cunden o&#x0364;&#x017F;tlicher La&#x0364;nge, und ward, nach dem Namen des jungen Officiers, der es<lb/>
zuer&#x017F;t erblickt hatte, <persName>Cap <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Colnett</hi></hi></persName>, das ganze Land hingegen, welches von betra&#x0364;cht-<lb/>
lichem Umfang zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Caledonien</placeName></hi> genannt. Noch hatten wir<lb/>
zwar keinen von den Einwohnern zu Ge&#x017F;icht bekommen, konnten uns aber doch<lb/>
nicht enthalten, ihrentwegen &#x017F;chon allerhand Vermuthungen zu wagen. Da wir<lb/>
die Bewohner der <hi rendition="#fr"><placeName>Neuen Hebriden</placeName></hi> &#x017F;o ganz ver&#x017F;chieden von den <hi rendition="#fr">Neu-Seela&#x0364;n-<lb/>
dern</hi>, und &#x017F;ogar unter &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t von einander abweichend gefunden hatten; &#x017F;o<lb/>
machten wir uns bereits Hofnung, die Bevo&#x0364;lkerung <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Seelands</placeName></hi> hier von<lb/><hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Caledonien</placeName></hi> ableiten zu ko&#x0364;nnen. Es zeigte &#x017F;ich aber nachher, daß die&#x017F;e<lb/>
Muthmaßungen zu voreilig, und daß es u&#x0364;berhaupt nicht wohl mo&#x0364;glich &#x017F;ey, die<lb/>
Bevo&#x0364;lkerungs-Ge&#x017F;chichte der Eilande im <placeName>Su&#x0364;d-Meer</placeName> genau zu be&#x017F;timmen.</p><lb/>
        <p>Ehe es fin&#x017F;ter ward, kamen drey Canots mit Segeln vom Lande auf uns<lb/>
zu. Die Einwohner hatten das Schiff, der Ferne wegen, vielleicht fu&#x0364;r ein Canot<lb/>
mithin auch fu&#x0364;r ungleich na&#x0364;her gehalten, doch &#x017F;chien es, daß &#x017F;ie ihren Irrthum<lb/>
bald gewahr wurden, wenig&#x017F;tens kehrten &#x017F;ie nicht lange nachher wiederum zuru&#x0364;ck.<lb/>
Gegen We&#x017F;ten be&#x017F;tand das Land aus mehreren In&#x017F;eln, und gerade vor uns brach &#x017F;ich<lb/>
die See auf eine ganze Strecke weit, derge&#x017F;talt, daß wir vermutheten, das ganze<lb/>
Land mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, in einiger Entfernung vom Ufer, mit einem Rief von Corallen-Klip-<lb/>
pen umgeben &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Fru&#x0364;h Morgens na&#x0364;herten wir uns bey fri&#x017F;chem Winde der Ku&#x0364;&#x017F;te, und<lb/>
entdeckten bald den Rief, der mit &#x017F;elbiger parallel, ohngefa&#x0364;hr drey gute See-Mei-<lb/>
len davon entfernt, lag. Innerhalb des Riefs &#x017F;egelten ver&#x017F;chiedene Canots her-<lb/>
um, deren jedes zwey Seegel, eins hinter dem andern aufgerichtet, fu&#x0364;hrte. Die<lb/>
Mann&#x017F;chaft die&#x017F;er Fahrzeuge be&#x017F;cha&#x0364;ftigte &#x017F;ich mit Fi&#x017F;chfangen. Nicht lange dar-<lb/>
auf &#x017F;tießen noch etliche Canots vom Lande, fuhren u&#x0364;ber den Rief, und nach uns<lb/>
her. Sobald &#x017F;ie nahe genug waren, riefen wir ihnen zu, &#x017F;ie gafften uns zwar eine<lb/>
Weile an, &#x017F;egelten aber alsdenn ganz gleichgu&#x0364;ltig wiederum zuru&#x0364;ck. Unterde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en hatten wir eine Oefnung im Rief entdeckt und zu Sondirung der&#x017F;elben zwey<lb/>
Boote in See ge&#x017F;etzt. Es wa&#x0364;hrete nicht lange, &#x017F;o gaben un&#x017F;re Leute ein Zeichen,<lb/>
daß &#x017F;ie eine bequeme und &#x017F;ichere Einfahrt in den Rief gefunden ha&#x0364;tten, und wir<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0313] in den Jahren 1772 bis 1775. lich brennenden Berg ausfindig machen koͤnnen. Das zuerſt entdeckte Vorge- buͤrge liegt unterm 20 Grade 30 Minuten Suͤder-Breite und 165 Grad 2 Se- cunden oͤſtlicher Laͤnge, und ward, nach dem Namen des jungen Officiers, der es zuerſt erblickt hatte, Cap Colnett, das ganze Land hingegen, welches von betraͤcht- lichem Umfang zu ſeyn ſchien, Neu-Caledonien genannt. Noch hatten wir zwar keinen von den Einwohnern zu Geſicht bekommen, konnten uns aber doch nicht enthalten, ihrentwegen ſchon allerhand Vermuthungen zu wagen. Da wir die Bewohner der Neuen Hebriden ſo ganz verſchieden von den Neu-Seelaͤn- dern, und ſogar unter ſich ſelbſt von einander abweichend gefunden hatten; ſo machten wir uns bereits Hofnung, die Bevoͤlkerung Neu-Seelands hier von Neu-Caledonien ableiten zu koͤnnen. Es zeigte ſich aber nachher, daß dieſe Muthmaßungen zu voreilig, und daß es uͤberhaupt nicht wohl moͤglich ſey, die Bevoͤlkerungs-Geſchichte der Eilande im Suͤd-Meer genau zu beſtimmen. 1774. Septem- ber. Ehe es finſter ward, kamen drey Canots mit Segeln vom Lande auf uns zu. Die Einwohner hatten das Schiff, der Ferne wegen, vielleicht fuͤr ein Canot mithin auch fuͤr ungleich naͤher gehalten, doch ſchien es, daß ſie ihren Irrthum bald gewahr wurden, wenigſtens kehrten ſie nicht lange nachher wiederum zuruͤck. Gegen Weſten beſtand das Land aus mehreren Inſeln, und gerade vor uns brach ſich die See auf eine ganze Strecke weit, dergeſtalt, daß wir vermutheten, das ganze Land muͤſſe, in einiger Entfernung vom Ufer, mit einem Rief von Corallen-Klip- pen umgeben ſeyn. Fruͤh Morgens naͤherten wir uns bey friſchem Winde der Kuͤſte, und entdeckten bald den Rief, der mit ſelbiger parallel, ohngefaͤhr drey gute See-Mei- len davon entfernt, lag. Innerhalb des Riefs ſegelten verſchiedene Canots her- um, deren jedes zwey Seegel, eins hinter dem andern aufgerichtet, fuͤhrte. Die Mannſchaft dieſer Fahrzeuge beſchaͤftigte ſich mit Fiſchfangen. Nicht lange dar- auf ſtießen noch etliche Canots vom Lande, fuhren uͤber den Rief, und nach uns her. Sobald ſie nahe genug waren, riefen wir ihnen zu, ſie gafften uns zwar eine Weile an, ſegelten aber alsdenn ganz gleichguͤltig wiederum zuruͤck. Unterdeſ- ſen hatten wir eine Oefnung im Rief entdeckt und zu Sondirung derſelben zwey Boote in See geſetzt. Es waͤhrete nicht lange, ſo gaben unſre Leute ein Zeichen, daß ſie eine bequeme und ſichere Einfahrt in den Rief gefunden haͤtten, und wir P p 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/313
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/313>, abgerufen am 05.05.2024.