Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
in den Jahren 1772 bis 1775.

Ich blieb Nachmittags an Bord, um unsre bisher gemachten Samm-1774.
April.

lungen in Ordnung zu bringen. Abends kamen auch die übrigen Herren zurück.
Sie hatten den Nachmittag zu Untersuchung zwoer, südwärts von unserm Haven
gelegenen Buchten zugebracht, aber gefunden, daß an beyden Orten ein Schiff
nicht füglich vor Anker gehen könnte, weil es, bey stürmischer See nicht Schutz
genug gegen die Wellen haben würde, auch das Anlanden und Einschiffen, der
hohen Brandung wegen, sehr gefährlich ist. Indessen war ihnen ihre Mühe
durch eine Menge von Erfrischungen und durch den vortheilhaften Einkauf unter-
schiedner Schweine belohnet worden. Die Einwohner thaten daselbst weniger
zurückhaltend als in unserm Haven; auch befand sich unter denselben eine Anzahl
Frauensleute, mit denen die Matrosen bald Bekanntschaft machten, weil
verschiedne sich eben so gefällig bewiesen, als die auf den andern Süd-
see-Inseln. Sie waren kleiner als die Mannsleute, aber von sehr proportionir-
tem Gliederbau. Einige glichen, in der Form und den Zügen des Gesichtes,
dem schön gebildeten vornehmern Frauenzimmer auf Tahiti. Ihre Far-
be war im Ganzen genommen, wie die Farbe des gemeinen Volks auf den So-
cietäts-Inseln
: Sie hatten aber keine Puncturen, sondern die waren nur un-
ter den Mannsleuten üblich und entstellten solche ganz. Eines der artigsten
Mädchen ließ sich von Herrn Hodges zeichnen, und ein getreuer Kupferstich
davon findet sich in Capitain Cooks Nachricht von dieser Reise. Sie waren
alle in Kleidungen von Maulbeer-Rinde gehüllet. Der Unterschied im Zeuge
war aber, gegen die große Mannigfaltigkeit, die wir auf Tahiti bemerkt hat-
ten, hier nur sehr gering. Auch schien es nicht so häufig als dort zu seyn, weil
man hier, anstatt viele Stücken um sich zu schlagen, wie die üppigern Vorneh-
men auf Tahiti zu thun pflegen, nur einen einzigen Ahau oder Mantel um-
hieng, der von den Schultern bis auf die Knie reichte. Um den Hals hatten
sie zuweilen einige lose Schnüre, die keinen sonderlichen Putz machten. Außer
diesen sahe man eben keine andre Zierrathen. Als unsre Leute sich wieder ein-
schiffen wollten, war einer von den Matrosen so saumselig in seiner Schuldig-
keit, daß er dafür vom Capitain einige Schläge bekam: Diese Kleinigkeit wür-
de nicht verdienen hier angemerkt zu werden, wenn sie nicht die Einwohner ver-
anlaßt hätte, sehr aufmerksam darauf zu seyn, und dabey auszurufen: Tape-a-

in den Jahren 1772 bis 1775.

Ich blieb Nachmittags an Bord, um unſre bisher gemachten Samm-1774.
April.

lungen in Ordnung zu bringen. Abends kamen auch die uͤbrigen Herren zuruͤck.
Sie hatten den Nachmittag zu Unterſuchung zwoer, ſuͤdwaͤrts von unſerm Haven
gelegenen Buchten zugebracht, aber gefunden, daß an beyden Orten ein Schiff
nicht fuͤglich vor Anker gehen koͤnnte, weil es, bey ſtuͤrmiſcher See nicht Schutz
genug gegen die Wellen haben wuͤrde, auch das Anlanden und Einſchiffen, der
hohen Brandung wegen, ſehr gefaͤhrlich iſt. Indeſſen war ihnen ihre Muͤhe
durch eine Menge von Erfriſchungen und durch den vortheilhaften Einkauf unter-
ſchiedner Schweine belohnet worden. Die Einwohner thaten daſelbſt weniger
zuruͤckhaltend als in unſerm Haven; auch befand ſich unter denſelben eine Anzahl
Frauensleute, mit denen die Matroſen bald Bekanntſchaft machten, weil
verſchiedne ſich eben ſo gefaͤllig bewieſen, als die auf den andern Suͤd-
ſee-Inſeln. Sie waren kleiner als die Mannsleute, aber von ſehr proportionir-
tem Gliederbau. Einige glichen, in der Form und den Zuͤgen des Geſichtes,
dem ſchoͤn gebildeten vornehmern Frauenzimmer auf Tahiti. Ihre Far-
be war im Ganzen genommen, wie die Farbe des gemeinen Volks auf den So-
cietaͤts-Inſeln
: Sie hatten aber keine Puncturen, ſondern die waren nur un-
ter den Mannsleuten uͤblich und entſtellten ſolche ganz. Eines der artigſten
Maͤdchen ließ ſich von Herrn Hodges zeichnen, und ein getreuer Kupferſtich
davon findet ſich in Capitain Cooks Nachricht von dieſer Reiſe. Sie waren
alle in Kleidungen von Maulbeer-Rinde gehuͤllet. Der Unterſchied im Zeuge
war aber, gegen die große Mannigfaltigkeit, die wir auf Tahiti bemerkt hat-
ten, hier nur ſehr gering. Auch ſchien es nicht ſo haͤufig als dort zu ſeyn, weil
man hier, anſtatt viele Stuͤcken um ſich zu ſchlagen, wie die uͤppigern Vorneh-
men auf Tahiti zu thun pflegen, nur einen einzigen Ahau oder Mantel um-
hieng, der von den Schultern bis auf die Knie reichte. Um den Hals hatten
ſie zuweilen einige loſe Schnuͤre, die keinen ſonderlichen Putz machten. Außer
dieſen ſahe man eben keine andre Zierrathen. Als unſre Leute ſich wieder ein-
ſchiffen wollten, war einer von den Matroſen ſo ſaumſelig in ſeiner Schuldig-
keit, daß er dafuͤr vom Capitain einige Schlaͤge bekam: Dieſe Kleinigkeit wuͤr-
de nicht verdienen hier angemerkt zu werden, wenn ſie nicht die Einwohner ver-
anlaßt haͤtte, ſehr aufmerkſam darauf zu ſeyn, und dabey auszurufen: Tape-a-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0035" n="23"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi> </fw><lb/>
        <p>Ich blieb Nachmittags an Bord, um un&#x017F;re bisher gemachten Samm-<note place="right">1774.<lb/>
April.</note><lb/>
lungen in Ordnung zu bringen. Abends kamen auch die u&#x0364;brigen Herren zuru&#x0364;ck.<lb/>
Sie hatten den Nachmittag zu Unter&#x017F;uchung zwoer, &#x017F;u&#x0364;dwa&#x0364;rts von un&#x017F;erm Haven<lb/>
gelegenen Buchten zugebracht, aber gefunden, daß an beyden Orten ein Schiff<lb/>
nicht fu&#x0364;glich vor Anker gehen ko&#x0364;nnte, weil es, bey &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;cher See nicht Schutz<lb/>
genug gegen die Wellen haben wu&#x0364;rde, auch das Anlanden und Ein&#x017F;chiffen, der<lb/>
hohen Brandung wegen, &#x017F;ehr gefa&#x0364;hrlich i&#x017F;t. Inde&#x017F;&#x017F;en war ihnen ihre Mu&#x0364;he<lb/>
durch eine Menge von Erfri&#x017F;chungen und durch den vortheilhaften Einkauf unter-<lb/>
&#x017F;chiedner Schweine belohnet worden. Die Einwohner thaten da&#x017F;elb&#x017F;t weniger<lb/>
zuru&#x0364;ckhaltend als in un&#x017F;erm Haven; auch befand &#x017F;ich unter den&#x017F;elben eine Anzahl<lb/>
Frauensleute, mit denen die Matro&#x017F;en bald Bekannt&#x017F;chaft machten, weil<lb/>
ver&#x017F;chiedne &#x017F;ich eben &#x017F;o gefa&#x0364;llig bewie&#x017F;en, als die auf den andern Su&#x0364;d-<lb/>
&#x017F;ee-In&#x017F;eln. Sie waren kleiner als die Mannsleute, aber von &#x017F;ehr proportionir-<lb/>
tem Gliederbau. Einige glichen, in der Form und den Zu&#x0364;gen des Ge&#x017F;ichtes,<lb/>
dem &#x017F;cho&#x0364;n gebildeten vornehmern Frauenzimmer auf <hi rendition="#fr"><placeName>Tahiti</placeName></hi>. Ihre Far-<lb/>
be war im Ganzen genommen, wie die Farbe des gemeinen Volks auf den <placeName>So-<lb/>
cieta&#x0364;ts-In&#x017F;eln</placeName>: Sie hatten aber keine Puncturen, &#x017F;ondern die waren nur un-<lb/>
ter den Mannsleuten u&#x0364;blich und ent&#x017F;tellten &#x017F;olche ganz. Eines der artig&#x017F;ten<lb/>
Ma&#x0364;dchen ließ &#x017F;ich von Herrn <hi rendition="#fr"><persName>Hodges</persName></hi> zeichnen, und ein getreuer Kupfer&#x017F;tich<lb/>
davon findet &#x017F;ich in Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cooks</persName></hi> Nachricht von die&#x017F;er Rei&#x017F;e. Sie waren<lb/>
alle in Kleidungen von Maulbeer-Rinde gehu&#x0364;llet. Der Unter&#x017F;chied im Zeuge<lb/>
war aber, gegen die große Mannigfaltigkeit, die wir auf <hi rendition="#fr"><placeName>Tahiti</placeName></hi> bemerkt hat-<lb/>
ten, hier nur &#x017F;ehr gering. Auch &#x017F;chien es nicht &#x017F;o ha&#x0364;ufig als dort zu &#x017F;eyn, weil<lb/>
man hier, an&#x017F;tatt viele Stu&#x0364;cken um &#x017F;ich zu &#x017F;chlagen, wie die u&#x0364;ppigern Vorneh-<lb/>
men auf <hi rendition="#fr"><placeName>Tahiti</placeName></hi> zu thun pflegen, nur einen einzigen <hi rendition="#fr">Ahau</hi> oder Mantel um-<lb/>
hieng, der von den Schultern bis auf die Knie reichte. Um den Hals hatten<lb/>
&#x017F;ie zuweilen einige lo&#x017F;e Schnu&#x0364;re, die keinen &#x017F;onderlichen Putz machten. Außer<lb/>
die&#x017F;en &#x017F;ahe man eben keine andre Zierrathen. Als un&#x017F;re Leute &#x017F;ich wieder ein-<lb/>
&#x017F;chiffen wollten, war einer von den Matro&#x017F;en &#x017F;o &#x017F;aum&#x017F;elig in &#x017F;einer Schuldig-<lb/>
keit, daß er dafu&#x0364;r vom Capitain einige Schla&#x0364;ge bekam: Die&#x017F;e Kleinigkeit wu&#x0364;r-<lb/>
de nicht verdienen hier angemerkt zu werden, wenn &#x017F;ie nicht die Einwohner ver-<lb/>
anlaßt ha&#x0364;tte, &#x017F;ehr aufmerk&#x017F;am darauf zu &#x017F;eyn, und dabey auszurufen: <hi rendition="#fr">Tape-a-</hi><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0035] in den Jahren 1772 bis 1775. Ich blieb Nachmittags an Bord, um unſre bisher gemachten Samm- lungen in Ordnung zu bringen. Abends kamen auch die uͤbrigen Herren zuruͤck. Sie hatten den Nachmittag zu Unterſuchung zwoer, ſuͤdwaͤrts von unſerm Haven gelegenen Buchten zugebracht, aber gefunden, daß an beyden Orten ein Schiff nicht fuͤglich vor Anker gehen koͤnnte, weil es, bey ſtuͤrmiſcher See nicht Schutz genug gegen die Wellen haben wuͤrde, auch das Anlanden und Einſchiffen, der hohen Brandung wegen, ſehr gefaͤhrlich iſt. Indeſſen war ihnen ihre Muͤhe durch eine Menge von Erfriſchungen und durch den vortheilhaften Einkauf unter- ſchiedner Schweine belohnet worden. Die Einwohner thaten daſelbſt weniger zuruͤckhaltend als in unſerm Haven; auch befand ſich unter denſelben eine Anzahl Frauensleute, mit denen die Matroſen bald Bekanntſchaft machten, weil verſchiedne ſich eben ſo gefaͤllig bewieſen, als die auf den andern Suͤd- ſee-Inſeln. Sie waren kleiner als die Mannsleute, aber von ſehr proportionir- tem Gliederbau. Einige glichen, in der Form und den Zuͤgen des Geſichtes, dem ſchoͤn gebildeten vornehmern Frauenzimmer auf Tahiti. Ihre Far- be war im Ganzen genommen, wie die Farbe des gemeinen Volks auf den So- cietaͤts-Inſeln: Sie hatten aber keine Puncturen, ſondern die waren nur un- ter den Mannsleuten uͤblich und entſtellten ſolche ganz. Eines der artigſten Maͤdchen ließ ſich von Herrn Hodges zeichnen, und ein getreuer Kupferſtich davon findet ſich in Capitain Cooks Nachricht von dieſer Reiſe. Sie waren alle in Kleidungen von Maulbeer-Rinde gehuͤllet. Der Unterſchied im Zeuge war aber, gegen die große Mannigfaltigkeit, die wir auf Tahiti bemerkt hat- ten, hier nur ſehr gering. Auch ſchien es nicht ſo haͤufig als dort zu ſeyn, weil man hier, anſtatt viele Stuͤcken um ſich zu ſchlagen, wie die uͤppigern Vorneh- men auf Tahiti zu thun pflegen, nur einen einzigen Ahau oder Mantel um- hieng, der von den Schultern bis auf die Knie reichte. Um den Hals hatten ſie zuweilen einige loſe Schnuͤre, die keinen ſonderlichen Putz machten. Außer dieſen ſahe man eben keine andre Zierrathen. Als unſre Leute ſich wieder ein- ſchiffen wollten, war einer von den Matroſen ſo ſaumſelig in ſeiner Schuldig- keit, daß er dafuͤr vom Capitain einige Schlaͤge bekam: Dieſe Kleinigkeit wuͤr- de nicht verdienen hier angemerkt zu werden, wenn ſie nicht die Einwohner ver- anlaßt haͤtte, ſehr aufmerkſam darauf zu ſeyn, und dabey auszurufen: Tape-a- 1774. April.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/35
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/35>, abgerufen am 11.12.2024.