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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Septem-
ber
davon weg zu ziehen. Eine schwache Seeluft, welche gegen Abend eintrat,
gab ihnen Gelegenheit sich etwas zu erhohlen, um Mitternacht aber mußten sie
wieder an die Arbeit, und zwar wechselsweise, um desto länger dabey aushalten
zu können. Der folgende Morgen war so windstill, daß wir, im kleinen Boot,
aufs Vogelschießen ausfuhren, doch hatten wir kein sonderliches Glück. End-
lich stellte sich gegen Abend, ein frischer Wind ein: Da wir nun bisher, hier
am Nord-Ende, umsonst nach einer Einfahrt in den Rief gesucht hatten; so
ließ der Capitain das Schiff umwenden, in der Absicht, geraden weges zurück-
und um das südöstliche Ende von Neu-Caledonien herum zu segeln. Der
nördlichste Theil dieses Landes den wir gesehen haben, liegt unterm 19° 37' süd-
licher Breite und unterm 163° 40' östlicher Länge.

Am folgenden Morgen segelten wir wiederum an dem District Balladd
vorbey, woselbst unser Schiff vor Anker gelegen hatte. Der öftern Windstillen we-
gen war die Fahrt herzlich langweilig und verdrieslich. In zween Tagen kamen
wir nicht über 20 Seemeilen vorwärts, und da das Land noch ziemlich weit
gegen Süden herabzulaufen schien, so fieng uns an bange zu werden, daß wir
erst spät nach Neu-Seeland kommen würden, von wo wir, dem Vernehmen nach
aufs neue, jedoch zum letzten mahl, gegen den Südpol kreuzen sollten. Indessen
war die Sache einmahl angefangen, sie mußte folglich auch durchgesetzt werden:
Zu dem Ende steuerten wir, so schwach und unterbrochen der Wind auch seyn
mogte, immer ostwärts nach Süden herab.

Am 22sten Abends sahen wir eine vorragende stumpfe Landspitze, die
zum Andenken des heut eingefallnen Königl. Krönungstages, Coronation-Cap
(das Krönungs Cap) genannt ward. Die an der nördlichen Küste dieses Lan-
des befindlichen Felsenriefe erstreckten sich nicht bis hieher; dem ohnerachtet
mußten wir uns, Sicherheitswegen, immer 4 bis 5 Seemeilen vom Lande hal-
ten, und konnten also, von der Beschaffenheit desselben, nichts deutlich unterschei-
den! nur so viel bemerkten wir sehr genau, daß die im Innern des Landes ge-
legene Reihe von Bergen immer in eben der Höhe fortlief, in welcher wir sie
beym Ankerplatze gefunden hatten. Am Morgen entdeckte man, daß von ei-
nem Fleck Landes, der nicht weniger als eine halbe Meile lang seyn konnte, viel
Rauch empor stieg. Nahe dabey war die Seeküste mit einer unzählbaren Menge

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Septem-
ber
davon weg zu ziehen. Eine ſchwache Seeluft, welche gegen Abend eintrat,
gab ihnen Gelegenheit ſich etwas zu erhohlen, um Mitternacht aber mußten ſie
wieder an die Arbeit, und zwar wechſelsweiſe, um deſto laͤnger dabey aushalten
zu koͤnnen. Der folgende Morgen war ſo windſtill, daß wir, im kleinen Boot,
aufs Vogelſchießen ausfuhren, doch hatten wir kein ſonderliches Gluͤck. End-
lich ſtellte ſich gegen Abend, ein friſcher Wind ein: Da wir nun bisher, hier
am Nord-Ende, umſonſt nach einer Einfahrt in den Rief geſucht hatten; ſo
ließ der Capitain das Schiff umwenden, in der Abſicht, geraden weges zuruͤck-
und um das ſuͤdoͤſtliche Ende von Neu-Caledonien herum zu ſegeln. Der
noͤrdlichſte Theil dieſes Landes den wir geſehen haben, liegt unterm 19° 37′ ſuͤd-
licher Breite und unterm 163° 40′ oͤſtlicher Laͤnge.

Am folgenden Morgen ſegelten wir wiederum an dem Diſtrict Balladd
vorbey, woſelbſt unſer Schiff vor Anker gelegen hatte. Der oͤftern Windſtillen we-
gen war die Fahrt herzlich langweilig und verdrieslich. In zween Tagen kamen
wir nicht uͤber 20 Seemeilen vorwaͤrts, und da das Land noch ziemlich weit
gegen Suͤden herabzulaufen ſchien, ſo fieng uns an bange zu werden, daß wir
erſt ſpaͤt nach Neu-Seeland kommen wuͤrden, von wo wir, dem Vernehmen nach
aufs neue, jedoch zum letzten mahl, gegen den Suͤdpol kreuzen ſollten. Indeſſen
war die Sache einmahl angefangen, ſie mußte folglich auch durchgeſetzt werden:
Zu dem Ende ſteuerten wir, ſo ſchwach und unterbrochen der Wind auch ſeyn
mogte, immer oſtwaͤrts nach Suͤden herab.

Am 22ſten Abends ſahen wir eine vorragende ſtumpfe Landſpitze, die
zum Andenken des heut eingefallnen Koͤnigl. Kroͤnungstages, Coronation-Cap
(das Kroͤnungs Cap) genannt ward. Die an der noͤrdlichen Kuͤſte dieſes Lan-
des befindlichen Felſenriefe erſtreckten ſich nicht bis hieher; dem ohnerachtet
mußten wir uns, Sicherheitswegen, immer 4 bis 5 Seemeilen vom Lande hal-
ten, und konnten alſo, von der Beſchaffenheit deſſelben, nichts deutlich unterſchei-
den! nur ſo viel bemerkten wir ſehr genau, daß die im Innern des Landes ge-
legene Reihe von Bergen immer in eben der Hoͤhe fortlief, in welcher wir ſie
beym Ankerplatze gefunden hatten. Am Morgen entdeckte man, daß von ei-
nem Fleck Landes, der nicht weniger als eine halbe Meile lang ſeyn konnte, viel
Rauch empor ſtieg. Nahe dabey war die Seekuͤſte mit einer unzaͤhlbaren Menge

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[340/0358] Forſter’s Reiſe um die Welt davon weg zu ziehen. Eine ſchwache Seeluft, welche gegen Abend eintrat, gab ihnen Gelegenheit ſich etwas zu erhohlen, um Mitternacht aber mußten ſie wieder an die Arbeit, und zwar wechſelsweiſe, um deſto laͤnger dabey aushalten zu koͤnnen. Der folgende Morgen war ſo windſtill, daß wir, im kleinen Boot, aufs Vogelſchießen ausfuhren, doch hatten wir kein ſonderliches Gluͤck. End- lich ſtellte ſich gegen Abend, ein friſcher Wind ein: Da wir nun bisher, hier am Nord-Ende, umſonſt nach einer Einfahrt in den Rief geſucht hatten; ſo ließ der Capitain das Schiff umwenden, in der Abſicht, geraden weges zuruͤck- und um das ſuͤdoͤſtliche Ende von Neu-Caledonien herum zu ſegeln. Der noͤrdlichſte Theil dieſes Landes den wir geſehen haben, liegt unterm 19° 37′ ſuͤd- licher Breite und unterm 163° 40′ oͤſtlicher Laͤnge. 1774. Septem- ber Am folgenden Morgen ſegelten wir wiederum an dem Diſtrict Balladd vorbey, woſelbſt unſer Schiff vor Anker gelegen hatte. Der oͤftern Windſtillen we- gen war die Fahrt herzlich langweilig und verdrieslich. In zween Tagen kamen wir nicht uͤber 20 Seemeilen vorwaͤrts, und da das Land noch ziemlich weit gegen Suͤden herabzulaufen ſchien, ſo fieng uns an bange zu werden, daß wir erſt ſpaͤt nach Neu-Seeland kommen wuͤrden, von wo wir, dem Vernehmen nach aufs neue, jedoch zum letzten mahl, gegen den Suͤdpol kreuzen ſollten. Indeſſen war die Sache einmahl angefangen, ſie mußte folglich auch durchgeſetzt werden: Zu dem Ende ſteuerten wir, ſo ſchwach und unterbrochen der Wind auch ſeyn mogte, immer oſtwaͤrts nach Suͤden herab. Am 22ſten Abends ſahen wir eine vorragende ſtumpfe Landſpitze, die zum Andenken des heut eingefallnen Koͤnigl. Kroͤnungstages, Coronation-Cap (das Kroͤnungs Cap) genannt ward. Die an der noͤrdlichen Kuͤſte dieſes Lan- des befindlichen Felſenriefe erſtreckten ſich nicht bis hieher; dem ohnerachtet mußten wir uns, Sicherheitswegen, immer 4 bis 5 Seemeilen vom Lande hal- ten, und konnten alſo, von der Beſchaffenheit deſſelben, nichts deutlich unterſchei- den! nur ſo viel bemerkten wir ſehr genau, daß die im Innern des Landes ge- legene Reihe von Bergen immer in eben der Hoͤhe fortlief, in welcher wir ſie beym Ankerplatze gefunden hatten. Am Morgen entdeckte man, daß von ei- nem Fleck Landes, der nicht weniger als eine halbe Meile lang ſeyn konnte, viel Rauch empor ſtieg. Nahe dabey war die Seekuͤſte mit einer unzaͤhlbaren Menge

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/358>, abgerufen am 31.05.2024.