Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
an der nördlichen Seite der Einfahrt in Cooks-Straße belegen. Er schien1774.
October.

von oben an bis schier auf die Mitte, mit Eis und Schnee bedeckt zu seyn.
Den Gipfel konnte man nur dann und wann erblicken, gemeingiich aber war
er in Wolken verhüllt. Der ganze Berg hat ein majestätisches Ansehen, und
andre Berge neben ihm sehen nur als kleine Hügel aus. Er steht auf einer
großen Ebene, oder vielmehr, er breitet sich allmählig darin aus, und der oberste
Gipfel endigt sich in eine sehr dünne Spitze. Dem Raume nach zu urtheilen,
den der darauf liegende Schnee einnimt, muß dieser Berg wohl fast so hoch als
der Pik von Teneriffa seyn.

Der Wind, der bisher noch immer gelinde gewesen, verwandelte sich
jetzt auf einmahl in solchen Sturm, daß wir die Stunde über acht Meilen da-
mit zurücklegten. Zu gleicher Zeit ward die Luft sehr rauh und kalt, indem das
Thermometer bis auf 58° fiel. Wie froh waren wir, uns hier an der westli-
chen
Küste von Neu-Seeland zu befinden, wo dieser Sturm uns günstig war,
dahingegen er, an der Ostseite dieses Landes, uns äußerst gefährlich würde gewe-
sen seyn, welches wir bey unsrer vorjährigen Anwesenheit allhier, genugsam erfahren
hatten. Am folgenden Morgen trieb er uns beym Cap Stephens, bey der Admi-
ralitäts-Bay
und Point-Jakson vorüber, und brachte uns sodann in Köni-
gin Charlotten-Sund
, wo die Berge schon einigen Schutz gaben. So langten
wir endlich zum dritten mahl auf dieser Reise glücklich wieder auf unserm ehe-
maligen Ankerplatz, in Schip-Cove, an. Der Anblick jedes bekannten Ge-
genstandes, so wild und öde er auch immer seyn mochte, machte auf uns einen
angenehmen Eindruck, und die Hofnung, unsre erschöpten Kräfte hier wieder zu
sammlen und zu stärken, erregte ungewöhnliche Fröhlichkeit im ganzen Schiff.



in den Jahren 1772 bis 1775.
an der noͤrdlichen Seite der Einfahrt in Cooks-Straße belegen. Er ſchien1774.
October.

von oben an bis ſchier auf die Mitte, mit Eis und Schnee bedeckt zu ſeyn.
Den Gipfel konnte man nur dann und wann erblicken, gemeingiich aber war
er in Wolken verhuͤllt. Der ganze Berg hat ein majeſtaͤtiſches Anſehen, und
andre Berge neben ihm ſehen nur als kleine Huͤgel aus. Er ſteht auf einer
großen Ebene, oder vielmehr, er breitet ſich allmaͤhlig darin aus, und der oberſte
Gipfel endigt ſich in eine ſehr duͤnne Spitze. Dem Raume nach zu urtheilen,
den der darauf liegende Schnee einnimt, muß dieſer Berg wohl faſt ſo hoch als
der Pik von Teneriffa ſeyn.

Der Wind, der bisher noch immer gelinde geweſen, verwandelte ſich
jetzt auf einmahl in ſolchen Sturm, daß wir die Stunde uͤber acht Meilen da-
mit zuruͤcklegten. Zu gleicher Zeit ward die Luft ſehr rauh und kalt, indem das
Thermometer bis auf 58° fiel. Wie froh waren wir, uns hier an der weſtli-
chen
Kuͤſte von Neu-Seeland zu befinden, wo dieſer Sturm uns guͤnſtig war,
dahingegen er, an der Oſtſeite dieſes Landes, uns aͤußerſt gefaͤhrlich wuͤrde gewe-
ſen ſeyn, welches wir bey unſrer vorjaͤhrigen Anweſenheit allhier, genugſam erfahren
hatten. Am folgenden Morgen trieb er uns beym Cap Stephens, bey der Admi-
ralitaͤts-Bay
und Point-Jakſon voruͤber, und brachte uns ſodann in Koͤni-
gin Charlotten-Sund
, wo die Berge ſchon einigen Schutz gaben. So langten
wir endlich zum dritten mahl auf dieſer Reiſe gluͤcklich wieder auf unſerm ehe-
maligen Ankerplatz, in Schip-Cove, an. Der Anblick jedes bekannten Ge-
genſtandes, ſo wild und oͤde er auch immer ſeyn mochte, machte auf uns einen
angenehmen Eindruck, und die Hofnung, unſre erſchoͤpten Kraͤfte hier wieder zu
ſammlen und zu ſtaͤrken, erregte ungewoͤhnliche Froͤhlichkeit im ganzen Schiff.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0369" n="351"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
an der no&#x0364;rdlichen Seite der Einfahrt in <hi rendition="#fr"><placeName>Cooks-Straße</placeName></hi> belegen. Er &#x017F;chien<note place="right">1774.<lb/>
October.</note><lb/>
von oben an bis &#x017F;chier auf die Mitte, mit Eis und Schnee bedeckt zu &#x017F;eyn.<lb/>
Den Gipfel konnte man nur dann und wann erblicken, gemeingiich aber war<lb/>
er in Wolken verhu&#x0364;llt. Der ganze Berg hat ein maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ches An&#x017F;ehen, und<lb/>
andre Berge neben ihm &#x017F;ehen nur als kleine Hu&#x0364;gel aus. Er &#x017F;teht auf einer<lb/>
großen Ebene, oder vielmehr, er breitet &#x017F;ich allma&#x0364;hlig darin aus, und der ober&#x017F;te<lb/>
Gipfel endigt &#x017F;ich in eine &#x017F;ehr du&#x0364;nne Spitze. Dem Raume nach zu urtheilen,<lb/>
den der darauf liegende Schnee einnimt, muß die&#x017F;er Berg wohl fa&#x017F;t &#x017F;o hoch als<lb/>
der Pik von Teneriffa &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Der Wind, der bisher noch immer gelinde gewe&#x017F;en, verwandelte &#x017F;ich<lb/>
jetzt auf einmahl in &#x017F;olchen Sturm, daß wir die Stunde u&#x0364;ber acht Meilen da-<lb/>
mit zuru&#x0364;cklegten. Zu gleicher Zeit ward die Luft &#x017F;ehr rauh und kalt, indem das<lb/>
Thermometer bis auf 58° fiel. Wie froh waren wir, uns hier an der <hi rendition="#fr">we&#x017F;tli-<lb/>
chen</hi> Ku&#x0364;&#x017F;te von <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Seeland</placeName></hi> zu befinden, wo die&#x017F;er Sturm uns gu&#x0364;n&#x017F;tig war,<lb/>
dahingegen er, an der <hi rendition="#fr">O&#x017F;t&#x017F;eite</hi> die&#x017F;es Landes, uns a&#x0364;ußer&#x017F;t gefa&#x0364;hrlich wu&#x0364;rde gewe-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;eyn, welches wir bey un&#x017F;rer vorja&#x0364;hrigen Anwe&#x017F;enheit allhier, genug&#x017F;am erfahren<lb/>
hatten. Am folgenden Morgen trieb er uns beym <placeName>Cap <hi rendition="#fr">Stephens</hi></placeName>, bey der <hi rendition="#fr"><placeName>Admi-<lb/>
ralita&#x0364;ts-Bay</placeName></hi> und <hi rendition="#fr"><placeName>Point-Jak&#x017F;on</placeName></hi> voru&#x0364;ber, und brachte uns &#x017F;odann in <placeName>Ko&#x0364;ni-<lb/>
gin <hi rendition="#fr">Charlotten-Sund</hi></placeName>, wo die Berge &#x017F;chon einigen Schutz gaben. So langten<lb/>
wir endlich zum dritten mahl auf die&#x017F;er Rei&#x017F;e glu&#x0364;cklich wieder auf un&#x017F;erm ehe-<lb/>
maligen Ankerplatz, in <hi rendition="#fr"><placeName>Schip-Cove</placeName></hi>, an. Der Anblick jedes bekannten Ge-<lb/>
gen&#x017F;tandes, &#x017F;o wild und o&#x0364;de er auch immer &#x017F;eyn mochte, machte auf uns einen<lb/>
angenehmen Eindruck, und die Hofnung, un&#x017F;re er&#x017F;cho&#x0364;pten Kra&#x0364;fte hier wieder zu<lb/>
&#x017F;ammlen und zu &#x017F;ta&#x0364;rken, erregte ungewo&#x0364;hnliche Fro&#x0364;hlichkeit im ganzen Schiff.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0369] in den Jahren 1772 bis 1775. an der noͤrdlichen Seite der Einfahrt in Cooks-Straße belegen. Er ſchien von oben an bis ſchier auf die Mitte, mit Eis und Schnee bedeckt zu ſeyn. Den Gipfel konnte man nur dann und wann erblicken, gemeingiich aber war er in Wolken verhuͤllt. Der ganze Berg hat ein majeſtaͤtiſches Anſehen, und andre Berge neben ihm ſehen nur als kleine Huͤgel aus. Er ſteht auf einer großen Ebene, oder vielmehr, er breitet ſich allmaͤhlig darin aus, und der oberſte Gipfel endigt ſich in eine ſehr duͤnne Spitze. Dem Raume nach zu urtheilen, den der darauf liegende Schnee einnimt, muß dieſer Berg wohl faſt ſo hoch als der Pik von Teneriffa ſeyn. 1774. October. Der Wind, der bisher noch immer gelinde geweſen, verwandelte ſich jetzt auf einmahl in ſolchen Sturm, daß wir die Stunde uͤber acht Meilen da- mit zuruͤcklegten. Zu gleicher Zeit ward die Luft ſehr rauh und kalt, indem das Thermometer bis auf 58° fiel. Wie froh waren wir, uns hier an der weſtli- chen Kuͤſte von Neu-Seeland zu befinden, wo dieſer Sturm uns guͤnſtig war, dahingegen er, an der Oſtſeite dieſes Landes, uns aͤußerſt gefaͤhrlich wuͤrde gewe- ſen ſeyn, welches wir bey unſrer vorjaͤhrigen Anweſenheit allhier, genugſam erfahren hatten. Am folgenden Morgen trieb er uns beym Cap Stephens, bey der Admi- ralitaͤts-Bay und Point-Jakſon voruͤber, und brachte uns ſodann in Koͤni- gin Charlotten-Sund, wo die Berge ſchon einigen Schutz gaben. So langten wir endlich zum dritten mahl auf dieſer Reiſe gluͤcklich wieder auf unſerm ehe- maligen Ankerplatz, in Schip-Cove, an. Der Anblick jedes bekannten Ge- genſtandes, ſo wild und oͤde er auch immer ſeyn mochte, machte auf uns einen angenehmen Eindruck, und die Hofnung, unſre erſchoͤpten Kraͤfte hier wieder zu ſammlen und zu ſtaͤrken, erregte ungewoͤhnliche Froͤhlichkeit im ganzen Schiff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/369
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/369>, abgerufen am 04.05.2024.