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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt

1775.
Januar.

Nachdem wir bis jenseits des 58 Grades gekommen waren, ohne Eis
zu sehen, so änderten wir, am sechsten des Abends um 8 Uhr unsern bisherigen
Lauf und steuerten nordwärts. In Absicht des Eises sind die Jahre einander
sehr ungleich; denn An. 1700, gerade um eben diese Jahreszeit, fand Doctor
Halley schon im 52 Grade sehr viel. -- Am achten fiel ein starker Abend-
Thau, welches man bisher als das unfehlbarste Vorzeichen angesehn, daß in
der Nähe Land seyn müsse, und die Matrosen hielten diese Vermuthung für
desto glaubwürdiger, weil sich seit unsrer Abreise von Staaten-Land oft
Sturm-Vögel, Albatrosse und See-Hunde hatten sehen lassen. Nachdem
wir den 54° der Breite erreicht, änderten wir unsern Lauf abermahls, und lie-
fen wieder ostwärts um das Land aufzusuchen, welches Herr Duclos Guyot
am Bord des spanischen Schiffes der Löwe (Leon) entdeckte, als er auf der
Rückkehr von Peru, im Februar des Jahrs 1756, von Callao abgereiset, und
mitten im Winter um Cap Horn gesegelt war. *)

Es ließen sich noch immer viel See-Vögel bisweilen auch Pinguins
und Meergras sehen, als am 14ten der Officier, der des Morgens die Wache
hatte, dem Capitain meldete, daß sich in der Ferne eine Eis-Insel zeige. Wir
seegelten den ganzen Tag darauf zu, fanden aber am Abend, daß das, was
wir für Eis hielten, würkliches Land, und zwar von beträchtlicher Höhe, auch
fast durchgehends mit Schnee bedeckt sey. Alle Umstände ließen vermuthen,
daß dieses eben die von Herrn Guyot sogenannte Isle de St. Pierre sey, nach
welcher wir suchten und deren südliche Spitze dieser Seefahrer im Junius 1756
entdeckt hatte. Er giebt in seinem Tagebuch die Länge auf 38° 10' west-
wärts von Greenwich an, dies trift mit unsern, an der Nordwestlichen Spitze
angestellten Beobachtungen genau zu. Das Südostliche Ende ist, unsern Ob-
servationen nach, nur um 30 bis 40 Meilen weiter gegen Westen belegen. **)

*) Ein Theil des Original-Tagebuchs ist in französischer Sprache abgedruckt, in Herrn
Dalrymples Collection of voyages in the Southern Atlantick Ocean, 1775 Quar-
to,
Das Land, welches Antonio la Roche im Jahr 1675 entdeckte, scheint ebendas-
selbe, und vom Herrn Guyot nur genauer erforscht zu seyn.
**) Man ziehe den Auszug aus Guyots Tagebuch in Dalrymples ebengenannter Samm-
lung zu Rath. p. 5 und p. 15.
Forſter’s Reiſe um die Welt

1775.
Januar.

Nachdem wir bis jenſeits des 58 Grades gekommen waren, ohne Eis
zu ſehen, ſo aͤnderten wir, am ſechſten des Abends um 8 Uhr unſern bisherigen
Lauf und ſteuerten nordwaͤrts. In Abſicht des Eiſes ſind die Jahre einander
ſehr ungleich; denn An. 1700, gerade um eben dieſe Jahreszeit, fand Doctor
Halley ſchon im 52 Grade ſehr viel. — Am achten fiel ein ſtarker Abend-
Thau, welches man bisher als das unfehlbarſte Vorzeichen angeſehn, daß in
der Naͤhe Land ſeyn muͤſſe, und die Matroſen hielten dieſe Vermuthung fuͤr
deſto glaubwuͤrdiger, weil ſich ſeit unſrer Abreiſe von Staaten-Land oft
Sturm-Voͤgel, Albatroſſe und See-Hunde hatten ſehen laſſen. Nachdem
wir den 54° der Breite erreicht, aͤnderten wir unſern Lauf abermahls, und lie-
fen wieder oſtwaͤrts um das Land aufzuſuchen, welches Herr Duclos Guyot
am Bord des ſpaniſchen Schiffes der Loͤwe (Leon) entdeckte, als er auf der
Ruͤckkehr von Peru, im Februar des Jahrs 1756, von Callao abgereiſet, und
mitten im Winter um Cap Horn geſegelt war. *)

Es ließen ſich noch immer viel See-Voͤgel bisweilen auch Pinguins
und Meergras ſehen, als am 14ten der Officier, der des Morgens die Wache
hatte, dem Capitain meldete, daß ſich in der Ferne eine Eis-Inſel zeige. Wir
ſeegelten den ganzen Tag darauf zu, fanden aber am Abend, daß das, was
wir fuͤr Eis hielten, wuͤrkliches Land, und zwar von betraͤchtlicher Hoͤhe, auch
faſt durchgehends mit Schnee bedeckt ſey. Alle Umſtaͤnde ließen vermuthen,
daß dieſes eben die von Herrn Guyot ſogenannte Isle de St. Pierre ſey, nach
welcher wir ſuchten und deren ſuͤdliche Spitze dieſer Seefahrer im Junius 1756
entdeckt hatte. Er giebt in ſeinem Tagebuch die Laͤnge auf 38° 10′ weſt-
waͤrts von Greenwich an, dies trift mit unſern, an der Nordweſtlichen Spitze
angeſtellten Beobachtungen genau zu. Das Suͤdoſtliche Ende iſt, unſern Ob-
ſervationen nach, nur um 30 bis 40 Meilen weiter gegen Weſten belegen. **)

*) Ein Theil des Original-Tagebuchs iſt in franzoͤſiſcher Sprache abgedruckt, in Herrn
Dalrymples Collection of voyages in the Southern Atlantick Ocean, 1775 Quar-
to,
Das Land, welches Antonio la Roche im Jahr 1675 entdeckte, ſcheint ebendaſ-
ſelbe, und vom Herrn Guyot nur genauer erforſcht zu ſeyn.
**) Man ziehe den Auszug aus Guyots Tagebuch in Dalrymples ebengenannter Samm-
lung zu Rath. p. 5 und p. 15.
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[410/0428] Forſter’s Reiſe um die Welt Nachdem wir bis jenſeits des 58 Grades gekommen waren, ohne Eis zu ſehen, ſo aͤnderten wir, am ſechſten des Abends um 8 Uhr unſern bisherigen Lauf und ſteuerten nordwaͤrts. In Abſicht des Eiſes ſind die Jahre einander ſehr ungleich; denn An. 1700, gerade um eben dieſe Jahreszeit, fand Doctor Halley ſchon im 52 Grade ſehr viel. — Am achten fiel ein ſtarker Abend- Thau, welches man bisher als das unfehlbarſte Vorzeichen angeſehn, daß in der Naͤhe Land ſeyn muͤſſe, und die Matroſen hielten dieſe Vermuthung fuͤr deſto glaubwuͤrdiger, weil ſich ſeit unſrer Abreiſe von Staaten-Land oft Sturm-Voͤgel, Albatroſſe und See-Hunde hatten ſehen laſſen. Nachdem wir den 54° der Breite erreicht, aͤnderten wir unſern Lauf abermahls, und lie- fen wieder oſtwaͤrts um das Land aufzuſuchen, welches Herr Duclos Guyot am Bord des ſpaniſchen Schiffes der Loͤwe (Leon) entdeckte, als er auf der Ruͤckkehr von Peru, im Februar des Jahrs 1756, von Callao abgereiſet, und mitten im Winter um Cap Horn geſegelt war. *) Es ließen ſich noch immer viel See-Voͤgel bisweilen auch Pinguins und Meergras ſehen, als am 14ten der Officier, der des Morgens die Wache hatte, dem Capitain meldete, daß ſich in der Ferne eine Eis-Inſel zeige. Wir ſeegelten den ganzen Tag darauf zu, fanden aber am Abend, daß das, was wir fuͤr Eis hielten, wuͤrkliches Land, und zwar von betraͤchtlicher Hoͤhe, auch faſt durchgehends mit Schnee bedeckt ſey. Alle Umſtaͤnde ließen vermuthen, daß dieſes eben die von Herrn Guyot ſogenannte Isle de St. Pierre ſey, nach welcher wir ſuchten und deren ſuͤdliche Spitze dieſer Seefahrer im Junius 1756 entdeckt hatte. Er giebt in ſeinem Tagebuch die Laͤnge auf 38° 10′ weſt- waͤrts von Greenwich an, dies trift mit unſern, an der Nordweſtlichen Spitze angeſtellten Beobachtungen genau zu. Das Suͤdoſtliche Ende iſt, unſern Ob- ſervationen nach, nur um 30 bis 40 Meilen weiter gegen Weſten belegen. **) *) Ein Theil des Original-Tagebuchs iſt in franzoͤſiſcher Sprache abgedruckt, in Herrn Dalrymples Collection of voyages in the Southern Atlantick Ocean, 1775 Quar- to, Das Land, welches Antonio la Roche im Jahr 1675 entdeckte, ſcheint ebendaſ- ſelbe, und vom Herrn Guyot nur genauer erforſcht zu ſeyn. **) Man ziehe den Auszug aus Guyots Tagebuch in Dalrymples ebengenannter Samm- lung zu Rath. p. 5 und p. 15.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/428>, abgerufen am 29.05.2024.