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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
unnütz desfalls bis nach Süd-Georgien zu gehen, so lange man sie nehmlich an1775.
Januar.

der Küste von Süd-Amerika, bis zu den Falklands-Inseln herab in so großer
Menge antrift! Die Portugiesen, und selbst die Nord-Amerikaner haben seit
einigen Jahren in gedachten Gegenden einen beträchtlichen Wallfischfang einge-
richtet. Wenn also Süd-Georgien dem menschlichen Geschlechte schon in der
Folge einmahl wichtig werden könnte; so ist dieser Zeitpunkt vorjetzt doch noch
sehr weit entfernt, und wohl nicht eher zu gewarten, als bis Patagonien und
Tierra del Fuego so stark bewohnt und gesittet, als es jetzt in ähnlichen Breiten
auf der nördlichen Halbkugel, Schottland und Schweden sind.

Am 26sten liefen wir bey frischem Winde, und für das hiesige Clima
ziemlich klarem Wetter gen Süden. Die letzten Pinguins, die wir auf Süd-
Georgien
bekommen, waren nunmehr verzehrt, und wir mußten uns wieder
an unsre gewöhnliche ekelhafte eingesalzene Kost halten. Doch die Vorstellung,
nun bald wieder nach dem Vorgebürge der guten Hoffnung zu kommen, machte
uns einen großen Theil aller Unannehmlichkeiten erträglich. Am 27sten be-
fanden wir uns um Mittag unterm 591/2° südlicher Breite, und sahen verschied-
ne Mallemucken (procellaria glacialis) die in diesen hohen Breiten gemeinig-
lich Vorläufer des Eises sind. Wir bekamen auch in der That, zwischen sechs
und sieben Uhr verschiedne Eis-Eilande, und eine Menge loses Eis zu Gesicht.
Das neblichte, nasse Wetter, welches diesen Tag einfiel, hinderte uns ferner,
so gerade als bisher gen Süden herabzusteuern.

Am folgenden Morgen fanden wir uns von einer großen Eismasse umge-
ben, und am Nachmittage stießen wir auf etliche feste Eisfelder nebst vielen losen
Eisstücken, welches uns zu jedermanns herzlicher Freude umzukehren nöthigte.
Die Mannschaft war nun auch in der That dieses strengen Clima's ganz und gar
überdrüßig, weil das stete Wachen, die Anstrengung und die Arbeit, welche zu
Abwendung der mannigfaltigen und oft zu schnell einbrechenden Gefahren erfor-
dert wurde, sie unglaublich sehr abgemattet und ausgemergelt hatte. Wir wa-
ren nun um wenige Meilen jenseits, des 60°. südlicher Breite gekommen, als
wir wieder, je nachdem Wind, Nebel und Eis es zuließ, allmählig anfien-
gen, herauf nach Norden zu steuern. Viele von den Matrosen hatten sich durch
beständige Verkältungen rheumatische Schmerzen zugezogen. Andre fielen oft

Forster's Reise u. die W. zweyter Theil. G g g

in den Jahren 1772 bis 1775.
unnuͤtz desfalls bis nach Suͤd-Georgien zu gehen, ſo lange man ſie nehmlich an1775.
Januar.

der Kuͤſte von Suͤd-Amerika, bis zu den Falklands-Inſeln herab in ſo großer
Menge antrift! Die Portugieſen, und ſelbſt die Nord-Amerikaner haben ſeit
einigen Jahren in gedachten Gegenden einen betraͤchtlichen Wallfiſchfang einge-
richtet. Wenn alſo Suͤd-Georgien dem menſchlichen Geſchlechte ſchon in der
Folge einmahl wichtig werden koͤnnte; ſo iſt dieſer Zeitpunkt vorjetzt doch noch
ſehr weit entfernt, und wohl nicht eher zu gewarten, als bis Patagonien und
Tierra del Fuego ſo ſtark bewohnt und geſittet, als es jetzt in aͤhnlichen Breiten
auf der noͤrdlichen Halbkugel, Schottland und Schweden ſind.

Am 26ſten liefen wir bey friſchem Winde, und fuͤr das hieſige Clima
ziemlich klarem Wetter gen Suͤden. Die letzten Pinguins, die wir auf Suͤd-
Georgien
bekommen, waren nunmehr verzehrt, und wir mußten uns wieder
an unſre gewoͤhnliche ekelhafte eingeſalzene Koſt halten. Doch die Vorſtellung,
nun bald wieder nach dem Vorgebuͤrge der guten Hoffnung zu kommen, machte
uns einen großen Theil aller Unannehmlichkeiten ertraͤglich. Am 27ſten be-
fanden wir uns um Mittag unterm 59½° ſuͤdlicher Breite, und ſahen verſchied-
ne Mallemucken (procellaria glacialis) die in dieſen hohen Breiten gemeinig-
lich Vorlaͤufer des Eiſes ſind. Wir bekamen auch in der That, zwiſchen ſechs
und ſieben Uhr verſchiedne Eis-Eilande, und eine Menge loſes Eis zu Geſicht.
Das neblichte, naſſe Wetter, welches dieſen Tag einfiel, hinderte uns ferner,
ſo gerade als bisher gen Suͤden herabzuſteuern.

Am folgenden Morgen fanden wir uns von einer großen Eismaſſe umge-
ben, und am Nachmittage ſtießen wir auf etliche feſte Eisfelder nebſt vielen loſen
Eisſtuͤcken, welches uns zu jedermanns herzlicher Freude umzukehren noͤthigte.
Die Mannſchaft war nun auch in der That dieſes ſtrengen Clima’s ganz und gar
uͤberdruͤßig, weil das ſtete Wachen, die Anſtrengung und die Arbeit, welche zu
Abwendung der mannigfaltigen und oft zu ſchnell einbrechenden Gefahren erfor-
dert wurde, ſie unglaublich ſehr abgemattet und ausgemergelt hatte. Wir wa-
ren nun um wenige Meilen jenſeits, des 60°. ſuͤdlicher Breite gekommen, als
wir wieder, je nachdem Wind, Nebel und Eis es zuließ, allmaͤhlig anfien-
gen, herauf nach Norden zu ſteuern. Viele von den Matroſen hatten ſich durch
beſtaͤndige Verkaͤltungen rheumatiſche Schmerzen zugezogen. Andre fielen oft

Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Theil. G g g
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[417/0435] in den Jahren 1772 bis 1775. unnuͤtz desfalls bis nach Suͤd-Georgien zu gehen, ſo lange man ſie nehmlich an der Kuͤſte von Suͤd-Amerika, bis zu den Falklands-Inſeln herab in ſo großer Menge antrift! Die Portugieſen, und ſelbſt die Nord-Amerikaner haben ſeit einigen Jahren in gedachten Gegenden einen betraͤchtlichen Wallfiſchfang einge- richtet. Wenn alſo Suͤd-Georgien dem menſchlichen Geſchlechte ſchon in der Folge einmahl wichtig werden koͤnnte; ſo iſt dieſer Zeitpunkt vorjetzt doch noch ſehr weit entfernt, und wohl nicht eher zu gewarten, als bis Patagonien und Tierra del Fuego ſo ſtark bewohnt und geſittet, als es jetzt in aͤhnlichen Breiten auf der noͤrdlichen Halbkugel, Schottland und Schweden ſind. 1775. Januar. Am 26ſten liefen wir bey friſchem Winde, und fuͤr das hieſige Clima ziemlich klarem Wetter gen Suͤden. Die letzten Pinguins, die wir auf Suͤd- Georgien bekommen, waren nunmehr verzehrt, und wir mußten uns wieder an unſre gewoͤhnliche ekelhafte eingeſalzene Koſt halten. Doch die Vorſtellung, nun bald wieder nach dem Vorgebuͤrge der guten Hoffnung zu kommen, machte uns einen großen Theil aller Unannehmlichkeiten ertraͤglich. Am 27ſten be- fanden wir uns um Mittag unterm 59½° ſuͤdlicher Breite, und ſahen verſchied- ne Mallemucken (procellaria glacialis) die in dieſen hohen Breiten gemeinig- lich Vorlaͤufer des Eiſes ſind. Wir bekamen auch in der That, zwiſchen ſechs und ſieben Uhr verſchiedne Eis-Eilande, und eine Menge loſes Eis zu Geſicht. Das neblichte, naſſe Wetter, welches dieſen Tag einfiel, hinderte uns ferner, ſo gerade als bisher gen Suͤden herabzuſteuern. Am folgenden Morgen fanden wir uns von einer großen Eismaſſe umge- ben, und am Nachmittage ſtießen wir auf etliche feſte Eisfelder nebſt vielen loſen Eisſtuͤcken, welches uns zu jedermanns herzlicher Freude umzukehren noͤthigte. Die Mannſchaft war nun auch in der That dieſes ſtrengen Clima’s ganz und gar uͤberdruͤßig, weil das ſtete Wachen, die Anſtrengung und die Arbeit, welche zu Abwendung der mannigfaltigen und oft zu ſchnell einbrechenden Gefahren erfor- dert wurde, ſie unglaublich ſehr abgemattet und ausgemergelt hatte. Wir wa- ren nun um wenige Meilen jenſeits, des 60°. ſuͤdlicher Breite gekommen, als wir wieder, je nachdem Wind, Nebel und Eis es zuließ, allmaͤhlig anfien- gen, herauf nach Norden zu ſteuern. Viele von den Matroſen hatten ſich durch beſtaͤndige Verkaͤltungen rheumatiſche Schmerzen zugezogen. Andre fielen oft Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Theil. G g g

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/435>, abgerufen am 27.05.2024.