Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Mit Mond und Stern im frohen Bunde Wird ihnen Nacht zum heitern Tag, Das Waldesgrün zum sichern Dach. O Liebchen komm, gut ist die Stunde.

Die Jungfrau stand an dem Schieber, es war schon, als wolle sie das Fenster öffnen; aber mit einemmale ließ sie den Vorhang herunter rollen und floh zurück. Der Ritter sang mit weinenden Augen:

O schwacher Sinn! O falsches Herz! Du wählst und giebst für Freude Schmerz! Warst doch allein all' meine Lust, Trug nur Dein Bildniß in der Brust, Und soll Dich nun so gar entbehren, Trüb scheiden, der so fröhlich kam. Ach Gott, erstärk' nur meinen Gram, So wird er früher mich verzehren.

Es kam ihm vor, als sähe er durch die Vorhänge, wie die Prinzessin mit vor den Augen gehaltnen Händen heftig weine, ja als vernähme er ihr leises Schluchzen; plötzlich aber löschte sie ihr Licht und es ließ sich keine Regung in dem dunklen Zimmer mehr vernehmen. Da riß er in wildem Unmuth den Zügel von des Zelters Hals und jagte ihn von sich, während er auf seinen

Mit Mond und Stern im frohen Bunde Wird ihnen Nacht zum heitern Tag, Das Waldesgrün zum sichern Dach. O Liebchen komm, gut ist die Stunde.

Die Jungfrau stand an dem Schieber, es war schon, als wolle sie das Fenster öffnen; aber mit einemmale ließ sie den Vorhang herunter rollen und floh zurück. Der Ritter sang mit weinenden Augen:

O schwacher Sinn! O falsches Herz! Du wählst und giebst für Freude Schmerz! Warst doch allein all’ meine Lust, Trug nur Dein Bildniß in der Brust, Und soll Dich nun so gar entbehren, Trüb scheiden, der so fröhlich kam. Ach Gott, erstärk’ nur meinen Gram, So wird er früher mich verzehren.

Es kam ihm vor, als sähe er durch die Vorhänge, wie die Prinzessin mit vor den Augen gehaltnen Händen heftig weine, ja als vernähme er ihr leises Schluchzen; plötzlich aber löschte sie ihr Licht und es ließ sich keine Regung in dem dunklen Zimmer mehr vernehmen. Da riß er in wildem Unmuth den Zügel von des Zelters Hals und jagte ihn von sich, während er auf seinen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0154" n="146"/>
          <l>Mit Mond und Stern im frohen Bunde</l>
          <l>Wird ihnen Nacht zum heitern Tag,</l>
          <l>Das Waldesgrün zum sichern Dach.</l>
          <l>O Liebchen komm, gut ist die Stunde.</l>
        </lg><lb/>
        <p>Die Jungfrau stand an dem Schieber, es war schon, als wolle sie das Fenster öffnen; aber mit einemmale ließ sie den Vorhang herunter rollen und floh zurück. Der Ritter sang mit weinenden Augen:</p><lb/>
        <lg>
          <l>O schwacher Sinn! O falsches Herz!</l>
          <l>Du wählst und giebst für Freude Schmerz!</l>
          <l>Warst doch allein all&#x2019; meine Lust,</l>
          <l>Trug nur Dein Bildniß in der Brust,</l>
          <l>Und soll Dich nun so gar entbehren,</l>
          <l>Trüb scheiden, der so fröhlich kam.</l>
          <l>Ach Gott, erstärk&#x2019; nur meinen Gram,</l>
          <l>So wird er früher mich verzehren.</l>
        </lg><lb/>
        <p>Es kam ihm vor, als sähe er durch die Vorhänge, wie die Prinzessin mit vor den Augen gehaltnen Händen heftig weine, ja als vernähme er ihr leises Schluchzen; plötzlich aber löschte sie ihr Licht und es ließ sich keine Regung in dem dunklen Zimmer mehr vernehmen. Da riß er in wildem Unmuth den Zügel von des Zelters Hals und jagte ihn von sich, während er auf seinen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0154] Mit Mond und Stern im frohen Bunde Wird ihnen Nacht zum heitern Tag, Das Waldesgrün zum sichern Dach. O Liebchen komm, gut ist die Stunde. Die Jungfrau stand an dem Schieber, es war schon, als wolle sie das Fenster öffnen; aber mit einemmale ließ sie den Vorhang herunter rollen und floh zurück. Der Ritter sang mit weinenden Augen: O schwacher Sinn! O falsches Herz! Du wählst und giebst für Freude Schmerz! Warst doch allein all’ meine Lust, Trug nur Dein Bildniß in der Brust, Und soll Dich nun so gar entbehren, Trüb scheiden, der so fröhlich kam. Ach Gott, erstärk’ nur meinen Gram, So wird er früher mich verzehren. Es kam ihm vor, als sähe er durch die Vorhänge, wie die Prinzessin mit vor den Augen gehaltnen Händen heftig weine, ja als vernähme er ihr leises Schluchzen; plötzlich aber löschte sie ihr Licht und es ließ sich keine Regung in dem dunklen Zimmer mehr vernehmen. Da riß er in wildem Unmuth den Zügel von des Zelters Hals und jagte ihn von sich, während er auf seinen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/154
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/154>, abgerufen am 05.05.2024.