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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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Er weilte in ihrer Nähe, sich überredend, er hoffe auf irgend eine günstige Veränderung; was überall wandelbar sei, könne sich ja auch zu ihm wenden, und vielleicht sei dann der bunte Kreislauf vollendet, und das Bleibende erzeuge sich von selbst. Dennoch wagte er es nicht, eine festere Verbindung für den Augenblick zu wünschen, ja er rückte den Gedanken daran in die bessere Zukunft hinaus, an die er nicht glauben, auf die er nicht hoffen konnte. So hielt er sich in einem selbst geschürzten Netz gefangen, erwartend und verzweifelnd, mit wundem Herzen und überreiztem Gemüth, das nur einer bestimmten Veranlassung bedurfte, um alle verhaltne Bitterkeit gegen den überlästigen Cesario auszuströmen.

Bei weitem ruhiger schien der Maler Emiliens doppelte Treulosigkeit anzusehn. Für den Winter in die Residenz zurückgekehrt, lebte er allein der Kunst, wenig bekümmert um irgend etwas außer ihr. Allein Werners geschärfter, mehr spürender als forschender Blick, der jedes, was er im Laufe des Lebens irgendwo berührte, wieder anfassen und an sich ziehn mußte, hatte ihn in seiner Stille aufgefunden. Er drängte sich an ihn, und führte ihn, unter mehrern Bekannten, auch zu Augusten. Hier hatte Luise öfters Gelegenheit, den Gleichmuth des jungen Künstlers zu bewundern, da niemand, außer

Er weilte in ihrer Nähe, sich überredend, er hoffe auf irgend eine günstige Veränderung; was überall wandelbar sei, könne sich ja auch zu ihm wenden, und vielleicht sei dann der bunte Kreislauf vollendet, und das Bleibende erzeuge sich von selbst. Dennoch wagte er es nicht, eine festere Verbindung für den Augenblick zu wünschen, ja er rückte den Gedanken daran in die bessere Zukunft hinaus, an die er nicht glauben, auf die er nicht hoffen konnte. So hielt er sich in einem selbst geschürzten Netz gefangen, erwartend und verzweifelnd, mit wundem Herzen und überreiztem Gemüth, das nur einer bestimmten Veranlassung bedurfte, um alle verhaltne Bitterkeit gegen den überlästigen Cesario auszuströmen.

Bei weitem ruhiger schien der Maler Emiliens doppelte Treulosigkeit anzusehn. Für den Winter in die Residenz zurückgekehrt, lebte er allein der Kunst, wenig bekümmert um irgend etwas außer ihr. Allein Werners geschärfter, mehr spürender als forschender Blick, der jedes, was er im Laufe des Lebens irgendwo berührte, wieder anfassen und an sich ziehn mußte, hatte ihn in seiner Stille aufgefunden. Er drängte sich an ihn, und führte ihn, unter mehrern Bekannten, auch zu Augusten. Hier hatte Luise öfters Gelegenheit, den Gleichmuth des jungen Künstlers zu bewundern, da niemand, außer

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[115/0117] Er weilte in ihrer Nähe, sich überredend, er hoffe auf irgend eine günstige Veränderung; was überall wandelbar sei, könne sich ja auch zu ihm wenden, und vielleicht sei dann der bunte Kreislauf vollendet, und das Bleibende erzeuge sich von selbst. Dennoch wagte er es nicht, eine festere Verbindung für den Augenblick zu wünschen, ja er rückte den Gedanken daran in die bessere Zukunft hinaus, an die er nicht glauben, auf die er nicht hoffen konnte. So hielt er sich in einem selbst geschürzten Netz gefangen, erwartend und verzweifelnd, mit wundem Herzen und überreiztem Gemüth, das nur einer bestimmten Veranlassung bedurfte, um alle verhaltne Bitterkeit gegen den überlästigen Cesario auszuströmen. Bei weitem ruhiger schien der Maler Emiliens doppelte Treulosigkeit anzusehn. Für den Winter in die Residenz zurückgekehrt, lebte er allein der Kunst, wenig bekümmert um irgend etwas außer ihr. Allein Werners geschärfter, mehr spürender als forschender Blick, der jedes, was er im Laufe des Lebens irgendwo berührte, wieder anfassen und an sich ziehn mußte, hatte ihn in seiner Stille aufgefunden. Er drängte sich an ihn, und führte ihn, unter mehrern Bekannten, auch zu Augusten. Hier hatte Luise öfters Gelegenheit, den Gleichmuth des jungen Künstlers zu bewundern, da niemand, außer

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/117>, abgerufen am 29.04.2024.