Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

anders kam, als wir damals träumten! Erinnerst Du Dich der stillen Nächte, wenn wir von hier, über den Golf hinaus, nach den fernen Küsten schauten, und Dein Gesang Dich, halb sehnsüchtig, halb in frohem Uebermuth, zu den ungekannten Ländern trug, und Du vermessen aus der Ferne Dein Liebesglück heraufbeschworst. Es nahete Dir, aber von einer andern Seite, als Dir es ahndete. Noch sehe ich, unter den Pinien dort, den schlanken, blondlockigen, Nordländer hervortreten, und sein Erscheinen sittig und schmeichelnd mit dem Zauber Deiner Töne entschuldigen, die ihn unwillkührlich angelockt. Lieber, unglücklicher Eduard! wo irrst Du jetzt umher, jene Nächte verwünschend, wie Du sie einst segnetest! Viola, das Myrtenreis ist nicht wieder gewachsen, was damals brach, als er sich zuerst zu dem Balkon aufschwang. Dein schöner Knabe tritt jetzt auf den halbtrocknen Stamm und arbeitet sich zu mir herauf, um mich zum Spielen zu zwingen. Er wendet sich unwillig ab, da er mich schreiben sieht, was er in den Tod haßt, geht nach dem Ufer, sich zu baden, und ich Thörin überwinde mich kaum, ihn gehn zu lassen. Du tadelst es, daß er uns alle beherrscht. Aber sieh nur den süßen Trotz in Aug' und Mienen, das schmeichelnde und gebietende Lächeln; Du

anders kam, als wir damals träumten! Erinnerst Du Dich der stillen Nächte, wenn wir von hier, über den Golf hinaus, nach den fernen Küsten schauten, und Dein Gesang Dich, halb sehnsüchtig, halb in frohem Uebermuth, zu den ungekannten Ländern trug, und Du vermessen aus der Ferne Dein Liebesglück heraufbeschworst. Es nahete Dir, aber von einer andern Seite, als Dir es ahndete. Noch sehe ich, unter den Pinien dort, den schlanken, blondlockigen, Nordländer hervortreten, und sein Erscheinen sittig und schmeichelnd mit dem Zauber Deiner Töne entschuldigen, die ihn unwillkührlich angelockt. Lieber, unglücklicher Eduard! wo irrst Du jetzt umher, jene Nächte verwünschend, wie Du sie einst segnetest! Viola, das Myrtenreis ist nicht wieder gewachsen, was damals brach, als er sich zuerst zu dem Balkon aufschwang. Dein schöner Knabe tritt jetzt auf den halbtrocknen Stamm und arbeitet sich zu mir herauf, um mich zum Spielen zu zwingen. Er wendet sich unwillig ab, da er mich schreiben sieht, was er in den Tod haßt, geht nach dem Ufer, sich zu baden, und ich Thörin überwinde mich kaum, ihn gehn zu lassen. Du tadelst es, daß er uns alle beherrscht. Aber sieh nur den süßen Trotz in Aug’ und Mienen, das schmeichelnde und gebietende Lächeln; Du

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="62"/>
anders kam, als wir damals träumten! Erinnerst Du Dich der stillen Nächte, wenn wir von hier, über den Golf hinaus, nach den fernen Küsten schauten, und Dein Gesang Dich, halb sehnsüchtig, halb in frohem Uebermuth, zu den ungekannten Ländern trug, und Du vermessen aus der Ferne Dein Liebesglück heraufbeschworst. Es nahete Dir, aber von einer andern Seite, als Dir es ahndete. Noch sehe ich, unter den Pinien dort, den schlanken, blondlockigen, Nordländer hervortreten, und sein Erscheinen sittig und schmeichelnd mit dem Zauber Deiner Töne entschuldigen, die ihn unwillkührlich angelockt. Lieber, unglücklicher Eduard! wo irrst Du jetzt umher, jene Nächte verwünschend, wie Du sie einst segnetest! Viola, das Myrtenreis ist nicht wieder gewachsen, was damals brach, als er sich zuerst zu dem Balkon aufschwang. Dein schöner Knabe tritt jetzt auf den halbtrocknen Stamm und arbeitet sich zu mir herauf, um mich zum Spielen zu zwingen. Er wendet sich unwillig ab, da er mich schreiben sieht, was er in den Tod haßt, geht nach dem Ufer, sich zu baden, und ich Thörin überwinde mich kaum, ihn gehn zu lassen. Du tadelst es, daß er uns alle beherrscht. Aber sieh nur den süßen Trotz in Aug&#x2019; und Mienen, das schmeichelnde und gebietende Lächeln; Du
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0064] anders kam, als wir damals träumten! Erinnerst Du Dich der stillen Nächte, wenn wir von hier, über den Golf hinaus, nach den fernen Küsten schauten, und Dein Gesang Dich, halb sehnsüchtig, halb in frohem Uebermuth, zu den ungekannten Ländern trug, und Du vermessen aus der Ferne Dein Liebesglück heraufbeschworst. Es nahete Dir, aber von einer andern Seite, als Dir es ahndete. Noch sehe ich, unter den Pinien dort, den schlanken, blondlockigen, Nordländer hervortreten, und sein Erscheinen sittig und schmeichelnd mit dem Zauber Deiner Töne entschuldigen, die ihn unwillkührlich angelockt. Lieber, unglücklicher Eduard! wo irrst Du jetzt umher, jene Nächte verwünschend, wie Du sie einst segnetest! Viola, das Myrtenreis ist nicht wieder gewachsen, was damals brach, als er sich zuerst zu dem Balkon aufschwang. Dein schöner Knabe tritt jetzt auf den halbtrocknen Stamm und arbeitet sich zu mir herauf, um mich zum Spielen zu zwingen. Er wendet sich unwillig ab, da er mich schreiben sieht, was er in den Tod haßt, geht nach dem Ufer, sich zu baden, und ich Thörin überwinde mich kaum, ihn gehn zu lassen. Du tadelst es, daß er uns alle beherrscht. Aber sieh nur den süßen Trotz in Aug’ und Mienen, das schmeichelnde und gebietende Lächeln; Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/64
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/64>, abgerufen am 03.05.2024.