mit dem Springbrunnen Ernst, bis sie gewahr ten, daß die aufsteigende Gestalt ein bleiches, weißverschleiertes Weibsbild war. Das weinte bitterlich, das hob die Hände ängstlich ringend über das Haupt, und schritt mit langsam ern- stem Gange nach dem Schloßgebäu. Ausein- ander stob das Burggesind vom Brunnen fort, bleich stand, Entsetzens starr, mit ihren Diene- rinnen, die Braut am Fenster. Als die Gestalt nun dicht unter deren Kammern hinschritt, schaute sie winselnd nach ihr empor, und Bertalda meinte, unter dem Schleier, Undinens bleiche Gesichts- züge zu erkennen. Vorüber aber zog die Jam- mernde, schwer, gezwungen, zögernd, wie zum Hochgericht. Bertalda schrie, man solle den Rit- ter rufen; es wagte sich keine der Zofen aus der Stelle, und auch die Braut selber ver- stummte wieder, wie vor ihrem eignen Laut er- bebend.
Während Jene noch immer bang' am Fen- ster standen, wie Bildsäulen regungslos, war die seltsame Wandrerin in die Burg gelangt, die
mit dem Springbrunnen Ernſt, bis ſie gewahr ten, daß die aufſteigende Geſtalt ein bleiches, weißverſchleiertes Weibsbild war. Das weinte bitterlich, das hob die Haͤnde aͤngſtlich ringend uͤber das Haupt, und ſchritt mit langſam ern- ſtem Gange nach dem Schloßgebaͤu. Ausein- ander ſtob das Burggeſind vom Brunnen fort, bleich ſtand, Entſetzens ſtarr, mit ihren Diene- rinnen, die Braut am Fenſter. Als die Geſtalt nun dicht unter deren Kammern hinſchritt, ſchaute ſie winſelnd nach ihr empor, und Bertalda meinte, unter dem Schleier, Undinens bleiche Geſichts- zuͤge zu erkennen. Voruͤber aber zog die Jam- mernde, ſchwer, gezwungen, zoͤgernd, wie zum Hochgericht. Bertalda ſchrie, man ſolle den Rit- ter rufen; es wagte ſich keine der Zofen aus der Stelle, und auch die Braut ſelber ver- ſtummte wieder, wie vor ihrem eignen Laut er- bebend.
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mit dem Springbrunnen Ernſt, bis ſie gewahr
ten, daß die aufſteigende Geſtalt ein bleiches,
weißverſchleiertes Weibsbild war. Das weinte
bitterlich, das hob die Haͤnde aͤngſtlich ringend
uͤber das Haupt, und ſchritt mit langſam ern-
ſtem Gange nach dem Schloßgebaͤu. Ausein-
ander ſtob das Burggeſind vom Brunnen fort,
bleich ſtand, Entſetzens ſtarr, mit ihren Diene-
rinnen, die Braut am Fenſter. Als die Geſtalt
nun dicht unter deren Kammern hinſchritt, ſchaute
ſie winſelnd nach ihr empor, und Bertalda meinte,
unter dem Schleier, Undinens bleiche Geſichts-
zuͤge zu erkennen. Voruͤber aber zog die Jam-
mernde, ſchwer, gezwungen, zoͤgernd, wie zum
Hochgericht. Bertalda ſchrie, man ſolle den Rit-
ter rufen; es wagte ſich keine der Zofen aus
der Stelle, und auch die Braut ſelber ver-
ſtummte wieder, wie vor ihrem eignen Laut er-
bebend.
Waͤhrend Jene noch immer bang’ am Fen-
ſter ſtanden, wie Bildſaͤulen regungslos, war die
ſeltſame Wandrerin in die Burg gelangt, die
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/195>, abgerufen am 10.06.2024.
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