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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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herte sich indessen der Thür, und rief ganz un-
willig und keck: wenn Ihr Unfug treiben wollt,
Ihr Erdgeister, so soll Euch Kühleborn was
Bessres lehren. -- Das Entsetzen der Andern
ward durch diese wunderlichen Worte vermehrt,
sie sahen das Mädchen scheu an, und Huldbrand
wollte sich eben zu einer Frage an sie erman-
nen, da sagte es von draußen: ich bin kein Erd-
geist, wohl aber ein Geist, der noch im irdi-
schen Körper hauset. Wollt Ihr mir helfen,
und fürchtet Ihr Gott, Ihr drinnen in der
Hütte, so thut mir auf. Undine hatte bei die-
sen Worten die Thür bereits geöffnet, und leuch-
tete mit einer Ampel in die stürmige Nacht hin-
aus, so daß man draußen einen alten Priester
wahrnahm, der vor dem unversehnen Anblicke
des wunderschönen Mägdleins erschreckt zurücke
trat. Er mochte wohl denken, es müsse Spuk
und Zauberei mit im Spiele sein, wo ein so
herrliches Bild aus einer so niedern Hüttenpfor-
te erscheine; deshalben fing er an zu beten:
alle gute Geister loben Gott den Herrn! --

herte ſich indeſſen der Thuͤr, und rief ganz un-
willig und keck: wenn Ihr Unfug treiben wollt,
Ihr Erdgeiſter, ſo ſoll Euch Kuͤhleborn was
Beſſres lehren. — Das Entſetzen der Andern
ward durch dieſe wunderlichen Worte vermehrt,
ſie ſahen das Maͤdchen ſcheu an, und Huldbrand
wollte ſich eben zu einer Frage an ſie erman-
nen, da ſagte es von draußen: ich bin kein Erd-
geiſt, wohl aber ein Geiſt, der noch im irdi-
ſchen Koͤrper hauſet. Wollt Ihr mir helfen,
und fuͤrchtet Ihr Gott, Ihr drinnen in der
Huͤtte, ſo thut mir auf. Undine hatte bei die-
ſen Worten die Thuͤr bereits geoͤffnet, und leuch-
tete mit einer Ampel in die ſtuͤrmige Nacht hin-
aus, ſo daß man draußen einen alten Prieſter
wahrnahm, der vor dem unverſehnen Anblicke
des wunderſchoͤnen Maͤgdleins erſchreckt zuruͤcke
trat. Er mochte wohl denken, es muͤſſe Spuk
und Zauberei mit im Spiele ſein, wo ein ſo
herrliches Bild aus einer ſo niedern Huͤttenpfor-
te erſcheine; deshalben fing er an zu beten:
alle gute Geiſter loben Gott den Herrn! —

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[60/0074] herte ſich indeſſen der Thuͤr, und rief ganz un- willig und keck: wenn Ihr Unfug treiben wollt, Ihr Erdgeiſter, ſo ſoll Euch Kuͤhleborn was Beſſres lehren. — Das Entſetzen der Andern ward durch dieſe wunderlichen Worte vermehrt, ſie ſahen das Maͤdchen ſcheu an, und Huldbrand wollte ſich eben zu einer Frage an ſie erman- nen, da ſagte es von draußen: ich bin kein Erd- geiſt, wohl aber ein Geiſt, der noch im irdi- ſchen Koͤrper hauſet. Wollt Ihr mir helfen, und fuͤrchtet Ihr Gott, Ihr drinnen in der Huͤtte, ſo thut mir auf. Undine hatte bei die- ſen Worten die Thuͤr bereits geoͤffnet, und leuch- tete mit einer Ampel in die ſtuͤrmige Nacht hin- aus, ſo daß man draußen einen alten Prieſter wahrnahm, der vor dem unverſehnen Anblicke des wunderſchoͤnen Maͤgdleins erſchreckt zuruͤcke trat. Er mochte wohl denken, es muͤſſe Spuk und Zauberei mit im Spiele ſein, wo ein ſo herrliches Bild aus einer ſo niedern Huͤttenpfor- te erſcheine; deshalben fing er an zu beten: alle gute Geiſter loben Gott den Herrn! —

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/74>, abgerufen am 26.04.2024.