François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.chen" der Zucht einer Kinderfrau entwachsen war, Sie hatte kein eigenes Kind gehabt und stand chen“ der Zucht einer Kinderfrau entwachſen war, Sie hatte kein eigenes Kind gehabt und ſtand <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0156" n="149"/> chen“ der Zucht einer Kinderfrau entwachſen war,<lb/> vertauſchte ſie ihr laſtvolles Amt mit dem wenigſtens<lb/> einträglicheren einer Wickelmutter, ohne aber auch<lb/> dann ſich aus dem Geſichtskreiſe ihres Pflegekindes zu<lb/> entfernen, denn ſie theilte mit der neuen Magd das<lb/> Kämmerchen zwiſchen den Gemächern des Hofmeiſters<lb/> und Ehren-Purzels.</p><lb/> <p>Sie hatte kein eigenes Kind gehabt und ſtand<lb/> ganz allein in der weiten Welt; ſo wurde die <hi rendition="#g">kleine</hi><lb/> Hardine ihr Ein und All, und Gott verzeih's der<lb/><hi rendition="#g">großen</hi> Hardine, wenn die Liebe, die ſie nicht in<lb/> gleichem Maße erwidern konnte, ſie ſpäterhin manch¬<lb/> mal wie eine Laſt bedrückte. Die kleine Hardine war<lb/> ihr Augapfel, ihr Lebenszweck, ihre Hoffnung, ihr<lb/> Stolz. <hi rendition="#g">Sie</hi> ſah ſie prophetiſch unter den Großen<lb/> der Erde, <hi rendition="#g">ſie</hi> dereinſt als Englein mit dem goldenen<lb/> Flügelpaar vor Gottes Thron. Der übrigen Menſch¬<lb/> heit mag ſie wohl dann und wann ein wenig biſſig und<lb/> neidiſch und haberiſch vorgekommen ſein; aber biſſig und<lb/> neidiſch und haberiſch nur für die Rechte und Vor¬<lb/> rechte ihres Fräulein Hardine; für ihr Fräulein Har¬<lb/> dine ſann ſie und ſpann ſie, ſparte und darbte ſie; Fräu¬<lb/> lein Hardine iſt die Erbin der paar hundert Thaler<lb/> geworden, die ſie kreuzerweis zuſammengeſcharrt hatte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [149/0156]
chen“ der Zucht einer Kinderfrau entwachſen war,
vertauſchte ſie ihr laſtvolles Amt mit dem wenigſtens
einträglicheren einer Wickelmutter, ohne aber auch
dann ſich aus dem Geſichtskreiſe ihres Pflegekindes zu
entfernen, denn ſie theilte mit der neuen Magd das
Kämmerchen zwiſchen den Gemächern des Hofmeiſters
und Ehren-Purzels.
Sie hatte kein eigenes Kind gehabt und ſtand
ganz allein in der weiten Welt; ſo wurde die kleine
Hardine ihr Ein und All, und Gott verzeih's der
großen Hardine, wenn die Liebe, die ſie nicht in
gleichem Maße erwidern konnte, ſie ſpäterhin manch¬
mal wie eine Laſt bedrückte. Die kleine Hardine war
ihr Augapfel, ihr Lebenszweck, ihre Hoffnung, ihr
Stolz. Sie ſah ſie prophetiſch unter den Großen
der Erde, ſie dereinſt als Englein mit dem goldenen
Flügelpaar vor Gottes Thron. Der übrigen Menſch¬
heit mag ſie wohl dann und wann ein wenig biſſig und
neidiſch und haberiſch vorgekommen ſein; aber biſſig und
neidiſch und haberiſch nur für die Rechte und Vor¬
rechte ihres Fräulein Hardine; für ihr Fräulein Har¬
dine ſann ſie und ſpann ſie, ſparte und darbte ſie; Fräu¬
lein Hardine iſt die Erbin der paar hundert Thaler
geworden, die ſie kreuzerweis zuſammengeſcharrt hatte.
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