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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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stattung entsprach dem Prunke des übrigen Schlosses.
Es brannte ein silberner Candelaber, dessen braun¬
gelbe Wachskerzen die fast fünfzigjährigen Vorräthe
anzeigten. Das Tafelservice, wenn auch ein wenig
verbraucht, bekundete den gediegenen Ursprung; dem
geringsten Stücke war gleichsam der Stempel des
Hauses: das Doppelwappen mit der obligaten Grafen¬
krone eingeprägt. Allerdings perlte in den venetiani¬
schen Gläsern nur reiner Reckenburger Born und das
japanische Porzellan besah nichts edleres als rothe
Reckenburger Grütze. Als Nachkost wurde auf silber¬
ner Platte der alten Dame eine Schale ihres Eichel¬
trankes, der jungen ein Apfel präsentirt. Keine Sorge
indessen Kinder! Ich hatte während der Reise aus
dem heimischen Proviantkober wacker vorgelegt und bin
auch späterhin auf Reckenburg allezeit satt geworden,
trotz meines damals wie heute noch kräftigen Appe¬
tits. Wenn aber, was der Himmel verhüte! der Eu¬
rige im Alter einmal schwach werden sollte, so kann
ich Euch mit gutem Grund Grützbrei und Eicheltrank
als brave Erhaltungsmittel empfehlen.

In Parenthese sei mir an dieser Stelle noch eine
zweite Bemerkung gestattet: Wenn kein Mitglied des
gräflichen Haus- und Hofstaates jemals freiwillig

ſtattung entſprach dem Prunke des übrigen Schloſſes.
Es brannte ein ſilberner Candelaber, deſſen braun¬
gelbe Wachskerzen die faſt fünfzigjährigen Vorräthe
anzeigten. Das Tafelſervice, wenn auch ein wenig
verbraucht, bekundete den gediegenen Urſprung; dem
geringſten Stücke war gleichſam der Stempel des
Hauſes: das Doppelwappen mit der obligaten Grafen¬
krone eingeprägt. Allerdings perlte in den venetiani¬
ſchen Gläſern nur reiner Reckenburger Born und das
japaniſche Porzellan beſah nichts edleres als rothe
Reckenburger Grütze. Als Nachkoſt wurde auf ſilber¬
ner Platte der alten Dame eine Schale ihres Eichel¬
trankes, der jungen ein Apfel präſentirt. Keine Sorge
indeſſen Kinder! Ich hatte während der Reiſe aus
dem heimiſchen Proviantkober wacker vorgelegt und bin
auch ſpäterhin auf Reckenburg allezeit ſatt geworden,
trotz meines damals wie heute noch kräftigen Appe¬
tits. Wenn aber, was der Himmel verhüte! der Eu¬
rige im Alter einmal ſchwach werden ſollte, ſo kann
ich Euch mit gutem Grund Grützbrei und Eicheltrank
als brave Erhaltungsmittel empfehlen.

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[187/0194] ſtattung entſprach dem Prunke des übrigen Schloſſes. Es brannte ein ſilberner Candelaber, deſſen braun¬ gelbe Wachskerzen die faſt fünfzigjährigen Vorräthe anzeigten. Das Tafelſervice, wenn auch ein wenig verbraucht, bekundete den gediegenen Urſprung; dem geringſten Stücke war gleichſam der Stempel des Hauſes: das Doppelwappen mit der obligaten Grafen¬ krone eingeprägt. Allerdings perlte in den venetiani¬ ſchen Gläſern nur reiner Reckenburger Born und das japaniſche Porzellan beſah nichts edleres als rothe Reckenburger Grütze. Als Nachkoſt wurde auf ſilber¬ ner Platte der alten Dame eine Schale ihres Eichel¬ trankes, der jungen ein Apfel präſentirt. Keine Sorge indeſſen Kinder! Ich hatte während der Reiſe aus dem heimiſchen Proviantkober wacker vorgelegt und bin auch ſpäterhin auf Reckenburg allezeit ſatt geworden, trotz meines damals wie heute noch kräftigen Appe¬ tits. Wenn aber, was der Himmel verhüte! der Eu¬ rige im Alter einmal ſchwach werden ſollte, ſo kann ich Euch mit gutem Grund Grützbrei und Eicheltrank als brave Erhaltungsmittel empfehlen. In Parentheſe ſei mir an dieſer Stelle noch eine zweite Bemerkung geſtattet: Wenn kein Mitglied des gräflichen Haus- und Hofſtaates jemals freiwillig

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/194>, abgerufen am 30.04.2024.