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Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Der Schrecken verflog beim Anblick des fröhlichen Gesichtes ihres hereintretenden Mädchens, aber doch mußte sie sich Gewalt antun, um ruhig zu erscheinen, obwohl die Zofe sichtlich genug mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war. Herr Jesus, rief das muntere Ding, noch unter der Thüre, nun hab' ich doch Recht, trotz Eueres Auslachens, gnädiges Fräulein; das ist gewiß und wahrhaftig ein Prinz oder ein Graf, oder wie die schönen fremden Herren heißen mögen, das hab' ich mir wohl gedacht.

Du bist ein thörichtes Kind, erwiderte das Fräulein, aber wo bleibst du denn so lange, daß du dich gar nicht sehen läßt?

Habt Ihr mich gerufen? Wahrhaftig, ich hab' es nicht gehört. Aber wie Euch die neue Frisur prächtig steht, Herr des Himmels, prächtig sag' ich, gnädiges Fräulein!

Du hattest wohl an der Hausthüre oder auf der Straße so wichtige Geschäfte, daß du mich nicht hören konntest. Ist der Vater schon ausgegangen?

Nein bewahre, so eben ist der ... na, ich sag' einmal der fremde Prinz aus seinem Zimmer gekommen, der gnädige Herr hat ihm das Geleit gegeben bis an die Treppe hinaus. Und der hat Euch wirklich und wahrhaftig mit eigenen Händen die herrlichen Touren geflochten? Das bedeutet Glück gnädiges Fräulein, großes Glück, sag' ich; ich wollt' Häuser darauf bauen.

Julie kehrte sich ab und lehnte ihre Stirne leise

Der Schrecken verflog beim Anblick des fröhlichen Gesichtes ihres hereintretenden Mädchens, aber doch mußte sie sich Gewalt antun, um ruhig zu erscheinen, obwohl die Zofe sichtlich genug mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war. Herr Jesus, rief das muntere Ding, noch unter der Thüre, nun hab' ich doch Recht, trotz Eueres Auslachens, gnädiges Fräulein; das ist gewiß und wahrhaftig ein Prinz oder ein Graf, oder wie die schönen fremden Herren heißen mögen, das hab' ich mir wohl gedacht.

Du bist ein thörichtes Kind, erwiderte das Fräulein, aber wo bleibst du denn so lange, daß du dich gar nicht sehen läßt?

Habt Ihr mich gerufen? Wahrhaftig, ich hab' es nicht gehört. Aber wie Euch die neue Frisur prächtig steht, Herr des Himmels, prächtig sag' ich, gnädiges Fräulein!

Du hattest wohl an der Hausthüre oder auf der Straße so wichtige Geschäfte, daß du mich nicht hören konntest. Ist der Vater schon ausgegangen?

Nein bewahre, so eben ist der … na, ich sag' einmal der fremde Prinz aus seinem Zimmer gekommen, der gnädige Herr hat ihm das Geleit gegeben bis an die Treppe hinaus. Und der hat Euch wirklich und wahrhaftig mit eigenen Händen die herrlichen Touren geflochten? Das bedeutet Glück gnädiges Fräulein, großes Glück, sag' ich; ich wollt' Häuser darauf bauen.

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[0034] Der Schrecken verflog beim Anblick des fröhlichen Gesichtes ihres hereintretenden Mädchens, aber doch mußte sie sich Gewalt antun, um ruhig zu erscheinen, obwohl die Zofe sichtlich genug mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war. Herr Jesus, rief das muntere Ding, noch unter der Thüre, nun hab' ich doch Recht, trotz Eueres Auslachens, gnädiges Fräulein; das ist gewiß und wahrhaftig ein Prinz oder ein Graf, oder wie die schönen fremden Herren heißen mögen, das hab' ich mir wohl gedacht. Du bist ein thörichtes Kind, erwiderte das Fräulein, aber wo bleibst du denn so lange, daß du dich gar nicht sehen läßt? Habt Ihr mich gerufen? Wahrhaftig, ich hab' es nicht gehört. Aber wie Euch die neue Frisur prächtig steht, Herr des Himmels, prächtig sag' ich, gnädiges Fräulein! Du hattest wohl an der Hausthüre oder auf der Straße so wichtige Geschäfte, daß du mich nicht hören konntest. Ist der Vater schon ausgegangen? Nein bewahre, so eben ist der … na, ich sag' einmal der fremde Prinz aus seinem Zimmer gekommen, der gnädige Herr hat ihm das Geleit gegeben bis an die Treppe hinaus. Und der hat Euch wirklich und wahrhaftig mit eigenen Händen die herrlichen Touren geflochten? Das bedeutet Glück gnädiges Fräulein, großes Glück, sag' ich; ich wollt' Häuser darauf bauen. Julie kehrte sich ab und lehnte ihre Stirne leise

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:04:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:04:13Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/34>, abgerufen am 26.04.2024.