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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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zwölften Jahre das Nasenbluten öfters eintrat, und
stärker zu werden schien, so befürchtete seine Mutter
eine Abzehrung. Sie stopfte es daher plötzlich da-
durch, daß sie ihm einen grossen eisernen Schlüssel
in den Nacken legte, und die Hände und Füsse in ein
Gefäß mit kaltem Wasser steckte. Der Knab wur-
de aber die Nacht darauf unruhig, bekam viele Hitze,
fuhr oft auf, und phantasirte gegen Morgen außeror-
dentlich heftig. Man behandelte nun das Uibel, wie
ein hitziges Entzündungsfieber. Zu Ende des dritten
Tages machte die Natur die deutlichsten Anstalten
zum Nasenbluten, und bewirkte es auch in der That,
indem nach einem heftigen Niesen ein Klumpen geron-
nenes Blut aus der Nase abgieng, worauf noch ein
Loth mehr nachtröpfelte. Indessen blieb doch der
Kranke noch über drey Wochen in einem Zustande,
der sich der Blödsinnigkeit näherte, und war äußerst
schwach.*) Vogel erzählt aus Tissot die Geschichte
eines Knaben von vierzehn Jahren, dem aus Unvor-
sichtigkeit bey dem dritten Fieberanfalle der Schweiß
angehalten worden war, und in Zuckungen des Mun-
des, Halses und aller andern Theile verfiel; er hat-
te einen heftigen Todtenkrampf (Tetanus); viele Theile
wurden lahm; er verlohr die Sprache gänzlich, und
blieb bey vierzehn Tage in diesem Zustande, bis ein
anhaltendes hitziges Fieber ihn davon befreyete. Tis-
sot
sah eine starke Bauersfrau von 53 Jahren,
welche nach dem Aufhören des Zeitflusses alle Morgen
häufigen Schweisen unterworfen war, nach Unter-

drückung
*) Samml. auserl. Abhandl. 11 B. S. 31.

zwoͤlften Jahre das Naſenbluten oͤfters eintrat, und
ſtaͤrker zu werden ſchien, ſo befuͤrchtete ſeine Mutter
eine Abzehrung. Sie ſtopfte es daher ploͤtzlich da-
durch, daß ſie ihm einen groſſen eiſernen Schluͤſſel
in den Nacken legte, und die Haͤnde und Fuͤſſe in ein
Gefaͤß mit kaltem Waſſer ſteckte. Der Knab wur-
de aber die Nacht darauf unruhig, bekam viele Hitze,
fuhr oft auf, und phantaſirte gegen Morgen außeror-
dentlich heftig. Man behandelte nun das Uibel, wie
ein hitziges Entzuͤndungsfieber. Zu Ende des dritten
Tages machte die Natur die deutlichſten Anſtalten
zum Naſenbluten, und bewirkte es auch in der That,
indem nach einem heftigen Nieſen ein Klumpen geron-
nenes Blut aus der Naſe abgieng, worauf noch ein
Loth mehr nachtroͤpfelte. Indeſſen blieb doch der
Kranke noch uͤber drey Wochen in einem Zuſtande,
der ſich der Bloͤdſinnigkeit naͤherte, und war aͤußerſt
ſchwach.*) Vogel erzaͤhlt aus Tiſſot die Geſchichte
eines Knaben von vierzehn Jahren, dem aus Unvor-
ſichtigkeit bey dem dritten Fieberanfalle der Schweiß
angehalten worden war, und in Zuckungen des Mun-
des, Halſes und aller andern Theile verfiel; er hat-
te einen heftigen Todtenkrampf (Tetanus); viele Theile
wurden lahm; er verlohr die Sprache gaͤnzlich, und
blieb bey vierzehn Tage in dieſem Zuſtande, bis ein
anhaltendes hitziges Fieber ihn davon befreyete. Tiſ-
ſot
ſah eine ſtarke Bauersfrau von 53 Jahren,
welche nach dem Aufhoͤren des Zeitfluſſes alle Morgen
haͤufigen Schweiſen unterworfen war, nach Unter-

druͤckung
*) Samml. auserl. Abhandl. 11 B. S. 31.
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[231/0250] zwoͤlften Jahre das Naſenbluten oͤfters eintrat, und ſtaͤrker zu werden ſchien, ſo befuͤrchtete ſeine Mutter eine Abzehrung. Sie ſtopfte es daher ploͤtzlich da- durch, daß ſie ihm einen groſſen eiſernen Schluͤſſel in den Nacken legte, und die Haͤnde und Fuͤſſe in ein Gefaͤß mit kaltem Waſſer ſteckte. Der Knab wur- de aber die Nacht darauf unruhig, bekam viele Hitze, fuhr oft auf, und phantaſirte gegen Morgen außeror- dentlich heftig. Man behandelte nun das Uibel, wie ein hitziges Entzuͤndungsfieber. Zu Ende des dritten Tages machte die Natur die deutlichſten Anſtalten zum Naſenbluten, und bewirkte es auch in der That, indem nach einem heftigen Nieſen ein Klumpen geron- nenes Blut aus der Naſe abgieng, worauf noch ein Loth mehr nachtroͤpfelte. Indeſſen blieb doch der Kranke noch uͤber drey Wochen in einem Zuſtande, der ſich der Bloͤdſinnigkeit naͤherte, und war aͤußerſt ſchwach. *) Vogel erzaͤhlt aus Tiſſot die Geſchichte eines Knaben von vierzehn Jahren, dem aus Unvor- ſichtigkeit bey dem dritten Fieberanfalle der Schweiß angehalten worden war, und in Zuckungen des Mun- des, Halſes und aller andern Theile verfiel; er hat- te einen heftigen Todtenkrampf (Tetanus); viele Theile wurden lahm; er verlohr die Sprache gaͤnzlich, und blieb bey vierzehn Tage in dieſem Zuſtande, bis ein anhaltendes hitziges Fieber ihn davon befreyete. Tiſ- ſot ſah eine ſtarke Bauersfrau von 53 Jahren, welche nach dem Aufhoͤren des Zeitfluſſes alle Morgen haͤufigen Schweiſen unterworfen war, nach Unter- druͤckung *) Samml. auserl. Abhandl. 11 B. S. 31.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/250>, abgerufen am 01.05.2024.