Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

der ältesten und neuern Schriftsteller.
die Unterschiede merklicher, und die Gedanken selbst
von Wichtigkeit sind.

Also nur in denjenigen Begriffen eigentlich
kaun es eine vollkommene Uebereinstimmung un-
ter mehrern Menschen geben, die sie sich einander
schon unter einer abstrakten Form mit Wörtern
ausgedrückt, überliefert haben. Diese Wörter
und Ausdrücke sind in unsrer itzigen Welt für die
Bedürfnisse und die Güter des Geistes, das heißt
für die Ideen, ungefähr eben das geworden, was
das Geld in Absicht der äußern Güter und Be-
dürfnisse ist; eine Art von conventionellen Zeichen,
die man im gesellschaftlichen Verkehr an die Stelle
der Sache selbst sezt, giebt und empfängt, nicht
weil sie selbst das sind, was man begehrt oder
mittheilen will, sondern weil man voraussezt, daß
jeder sich bey Gelegenheit den wirklichen Werth
des Dinges, den sie vorstellen, dafür eintauschen
könne. Diese Wörter ruhen eben so oft unge-
braucht in dem Gedächtnisse des Gelehrten, als
das Geld im Kasten des Reichen, und befriedigen
ihre Besitzer nur mit der bloßen Möglichkeit, sich

K 5

der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
die Unterſchiede merklicher, und die Gedanken ſelbſt
von Wichtigkeit ſind.

Alſo nur in denjenigen Begriffen eigentlich
kaun es eine vollkommene Uebereinſtimmung un-
ter mehrern Menſchen geben, die ſie ſich einander
ſchon unter einer abſtrakten Form mit Woͤrtern
ausgedruͤckt, uͤberliefert haben. Dieſe Woͤrter
und Ausdruͤcke ſind in unſrer itzigen Welt fuͤr die
Beduͤrfniſſe und die Guͤter des Geiſtes, das heißt
fuͤr die Ideen, ungefaͤhr eben das geworden, was
das Geld in Abſicht der aͤußern Guͤter und Be-
duͤrfniſſe iſt; eine Art von conventionellen Zeichen,
die man im geſellſchaftlichen Verkehr an die Stelle
der Sache ſelbſt ſezt, giebt und empfaͤngt, nicht
weil ſie ſelbſt das ſind, was man begehrt oder
mittheilen will, ſondern weil man vorausſezt, daß
jeder ſich bey Gelegenheit den wirklichen Werth
des Dinges, den ſie vorſtellen, dafuͤr eintauſchen
koͤnne. Dieſe Woͤrter ruhen eben ſo oft unge-
braucht in dem Gedaͤchtniſſe des Gelehrten, als
das Geld im Kaſten des Reichen, und befriedigen
ihre Beſitzer nur mit der bloßen Moͤglichkeit, ſich

K 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="153"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der a&#x0364;lte&#x017F;ten und neuern Schrift&#x017F;teller.</hi></fw><lb/>
die Unter&#x017F;chiede merklicher, und die Gedanken &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
von Wichtigkeit &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o nur in denjenigen Begriffen eigentlich<lb/>
kaun es eine vollkommene Ueberein&#x017F;timmung un-<lb/>
ter mehrern Men&#x017F;chen geben, die &#x017F;ie &#x017F;ich einander<lb/>
&#x017F;chon unter einer ab&#x017F;trakten Form mit Wo&#x0364;rtern<lb/>
ausgedru&#x0364;ckt, u&#x0364;berliefert haben. Die&#x017F;e Wo&#x0364;rter<lb/>
und Ausdru&#x0364;cke &#x017F;ind in un&#x017F;rer itzigen Welt fu&#x0364;r die<lb/>
Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e und die Gu&#x0364;ter des Gei&#x017F;tes, das heißt<lb/>
fu&#x0364;r die Ideen, ungefa&#x0364;hr eben das geworden, was<lb/>
das Geld in Ab&#x017F;icht der a&#x0364;ußern Gu&#x0364;ter und Be-<lb/>
du&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t; eine Art von conventionellen Zeichen,<lb/>
die man im ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Verkehr an die Stelle<lb/>
der Sache &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ezt, giebt und empfa&#x0364;ngt, nicht<lb/>
weil &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t das &#x017F;ind, was man begehrt oder<lb/>
mittheilen will, &#x017F;ondern weil man voraus&#x017F;ezt, daß<lb/>
jeder &#x017F;ich bey Gelegenheit den wirklichen Werth<lb/>
des Dinges, den &#x017F;ie vor&#x017F;tellen, dafu&#x0364;r eintau&#x017F;chen<lb/>
ko&#x0364;nne. Die&#x017F;e Wo&#x0364;rter ruhen eben &#x017F;o oft unge-<lb/>
braucht in dem Geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;e des Gelehrten, als<lb/>
das Geld im Ka&#x017F;ten des Reichen, und befriedigen<lb/>
ihre Be&#x017F;itzer nur mit der bloßen Mo&#x0364;glichkeit, &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0159] der aͤlteſten und neuern Schriftſteller. die Unterſchiede merklicher, und die Gedanken ſelbſt von Wichtigkeit ſind. Alſo nur in denjenigen Begriffen eigentlich kaun es eine vollkommene Uebereinſtimmung un- ter mehrern Menſchen geben, die ſie ſich einander ſchon unter einer abſtrakten Form mit Woͤrtern ausgedruͤckt, uͤberliefert haben. Dieſe Woͤrter und Ausdruͤcke ſind in unſrer itzigen Welt fuͤr die Beduͤrfniſſe und die Guͤter des Geiſtes, das heißt fuͤr die Ideen, ungefaͤhr eben das geworden, was das Geld in Abſicht der aͤußern Guͤter und Be- duͤrfniſſe iſt; eine Art von conventionellen Zeichen, die man im geſellſchaftlichen Verkehr an die Stelle der Sache ſelbſt ſezt, giebt und empfaͤngt, nicht weil ſie ſelbſt das ſind, was man begehrt oder mittheilen will, ſondern weil man vorausſezt, daß jeder ſich bey Gelegenheit den wirklichen Werth des Dinges, den ſie vorſtellen, dafuͤr eintauſchen koͤnne. Dieſe Woͤrter ruhen eben ſo oft unge- braucht in dem Gedaͤchtniſſe des Gelehrten, als das Geld im Kaſten des Reichen, und befriedigen ihre Beſitzer nur mit der bloßen Moͤglichkeit, ſich K 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/159
Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/159>, abgerufen am 01.05.2024.