Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Grundslof, der zwar den Grund des entstehenden Feuers nicht in sich selbst hat, aber doch den Stof desselben aus der Luft entbindet, und also immer noch den Namen des entzündlichmachenden Principii verdienet.

Man findet die Einwürfe, welche sich gegen diese sinnreiche Theorie machen lassen, bey den Worten Feuer, Wärme, Verbrennung. Ich bemerke hier nur, daß diese Einwürfe den Begrif vom Phlogiston wenig treffen, und daß es hiebey sehr begreiflich wird, wie das Gewicht der Metallkalke und des Rückstands von verbranntem Schwefel und Phosphorus zunehmen, und wie eine Reduction gewisser Kalke ohne zugesetztes Phlogiston erfolgen könne, weil das entweichende Brennbars durch einen Theil der Luft ersetzt wird, der im zersetzten Körper zurück bleibt und dessen Gewicht vermehrt, weil er schwerer ist, als das entwichene Brennbare war. Hat sich dieser Grundtheil der reinen Luft noch mit etwas Brennbaren zu einem neuen Stoffe verbunden, so kann durch die Hitze dieser Stof wieder zersetzt, sein Brennbares zur Reduction verwendet, und der Grundtheil wiederum als reine Luft dargestellr werden.

Kirwan (Vers. und Beob. über die Salze und die neuentdeckte Natur des Phlogiston; a. d. Engl. von Crell. Berlin und Stettin, 1783. 8. 2tes Stück, 1785. 8.) hält das Phlogiston für den Stof der reinen brennbaren Luft, und behauptet, daß es, mit der dephlogistisirten Luft verbunden, Luftsäure bilde. Gegen das Letztere lassen sich erhebliche Einwendungen machen, da bey vielen Verbrennungen, die das Gewicht stark vermehren, z. B. beym Phosphorus, gar keine Luftsäure erzeugt wird. Das Erste aber, daß die brennbare Luft das Phlogiston selbst sey, scheint mit Crawfords Theorie, die Kirwan doch sonst in allem annimmt, darum nicht übereinzustimmen, weil die Luftgestalt, als eine Wirkung des gebundnen Feuers, bey dem Phlogiston schwerlich statt finden kann, da diese Substanz das Feuer vielmehr vertreiben, als in sich nehmen soll; es müßte denn die Vereinigung durch irgend ein Zwischenmittel geschehen. Senebier hat in der brennbaren


Grundſlof, der zwar den Grund des entſtehenden Feuers nicht in ſich ſelbſt hat, aber doch den Stof deſſelben aus der Luft entbindet, und alſo immer noch den Namen des entzuͤndlichmachenden Principii verdienet.

Man findet die Einwuͤrfe, welche ſich gegen dieſe ſinnreiche Theorie machen laſſen, bey den Worten Feuer, Waͤrme, Verbrennung. Ich bemerke hier nur, daß dieſe Einwuͤrfe den Begrif vom Phlogiſton wenig treffen, und daß es hiebey ſehr begreiflich wird, wie das Gewicht der Metallkalke und des Ruͤckſtands von verbranntem Schwefel und Phosphorus zunehmen, und wie eine Reduction gewiſſer Kalke ohne zugeſetztes Phlogiſton erfolgen koͤnne, weil das entweichende Brennbars durch einen Theil der Luft erſetzt wird, der im zerſetzten Koͤrper zuruͤck bleibt und deſſen Gewicht vermehrt, weil er ſchwerer iſt, als das entwichene Brennbare war. Hat ſich dieſer Grundtheil der reinen Luft noch mit etwas Brennbaren zu einem neuen Stoffe verbunden, ſo kann durch die Hitze dieſer Stof wieder zerſetzt, ſein Brennbares zur Reduction verwendet, und der Grundtheil wiederum als reine Luft dargeſtellr werden.

Kirwan (Verſ. und Beob. uͤber die Salze und die neuentdeckte Natur des Phlogiſton; a. d. Engl. von Crell. Berlin und Stettin, 1783. 8. 2tes Stuͤck, 1785. 8.) haͤlt das Phlogiſton fuͤr den Stof der reinen brennbaren Luft, und behauptet, daß es, mit der dephlogiſtiſirten Luft verbunden, Luftſaͤure bilde. Gegen das Letztere laſſen ſich erhebliche Einwendungen machen, da bey vielen Verbrennungen, die das Gewicht ſtark vermehren, z. B. beym Phosphorus, gar keine Luftſaͤure erzeugt wird. Das Erſte aber, daß die brennbare Luft das Phlogiſton ſelbſt ſey, ſcheint mit Crawfords Theorie, die Kirwan doch ſonſt in allem annimmt, darum nicht uͤbereinzuſtimmen, weil die Luftgeſtalt, als eine Wirkung des gebundnen Feuers, bey dem Phlogiſton ſchwerlich ſtatt finden kann, da dieſe Subſtanz das Feuer vielmehr vertreiben, als in ſich nehmen ſoll; es muͤßte denn die Vereinigung durch irgend ein Zwiſchenmittel geſchehen. Senebier hat in der brennbaren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0477" xml:id="P.3.471" n="471"/><lb/>
Grund&#x017F;lof, der zwar den Grund des ent&#x017F;tehenden Feuers nicht in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t hat, aber doch den Stof de&#x017F;&#x017F;elben aus der Luft entbindet, und al&#x017F;o immer noch den Namen des entzu&#x0364;ndlichmachenden Principii verdienet.</p>
            <p>Man findet die Einwu&#x0364;rfe, welche &#x017F;ich gegen die&#x017F;e &#x017F;innreiche Theorie machen la&#x017F;&#x017F;en, bey den Worten <hi rendition="#b">Feuer, Wa&#x0364;rme, Verbrennung.</hi> Ich bemerke hier nur, daß die&#x017F;e Einwu&#x0364;rfe den Begrif vom Phlogi&#x017F;ton wenig treffen, und daß es hiebey &#x017F;ehr begreiflich wird, wie das Gewicht der Metallkalke und des Ru&#x0364;ck&#x017F;tands von verbranntem Schwefel und Phosphorus zunehmen, und wie eine Reduction gewi&#x017F;&#x017F;er Kalke ohne zuge&#x017F;etztes Phlogi&#x017F;ton erfolgen ko&#x0364;nne, weil das entweichende Brennbars durch einen Theil der Luft er&#x017F;etzt wird, der im zer&#x017F;etzten Ko&#x0364;rper zuru&#x0364;ck bleibt und de&#x017F;&#x017F;en Gewicht vermehrt, weil er &#x017F;chwerer i&#x017F;t, als das entwichene Brennbare war. Hat &#x017F;ich die&#x017F;er Grundtheil der reinen Luft noch mit etwas Brennbaren zu einem neuen Stoffe verbunden, &#x017F;o kann durch die Hitze die&#x017F;er Stof wieder zer&#x017F;etzt, &#x017F;ein Brennbares zur Reduction verwendet, und der Grundtheil wiederum als reine Luft darge&#x017F;tellr werden.</p>
            <p><hi rendition="#b">Kirwan</hi> (Ver&#x017F;. und Beob. u&#x0364;ber die Salze und die neuentdeckte Natur des Phlogi&#x017F;ton; a. d. Engl. von <hi rendition="#b">Crell.</hi> Berlin und Stettin, 1783. 8. 2tes Stu&#x0364;ck, 1785. 8.) ha&#x0364;lt das Phlogi&#x017F;ton fu&#x0364;r den Stof der reinen brennbaren Luft, und behauptet, daß es, mit der dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Luft verbunden, Luft&#x017F;a&#x0364;ure bilde. Gegen das Letztere la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich erhebliche Einwendungen machen, da bey vielen Verbrennungen, die das Gewicht &#x017F;tark vermehren, z. B. beym Phosphorus, gar keine Luft&#x017F;a&#x0364;ure erzeugt wird. Das Er&#x017F;te aber, daß die brennbare Luft das Phlogi&#x017F;ton &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ey, &#x017F;cheint mit <hi rendition="#b">Crawfords</hi> Theorie, die <hi rendition="#b">Kirwan</hi> doch &#x017F;on&#x017F;t in allem annimmt, darum nicht u&#x0364;bereinzu&#x017F;timmen, weil die Luftge&#x017F;talt, als eine Wirkung des gebundnen Feuers, bey dem Phlogi&#x017F;ton &#x017F;chwerlich &#x017F;tatt finden kann, da die&#x017F;e Sub&#x017F;tanz das Feuer vielmehr vertreiben, als in &#x017F;ich nehmen &#x017F;oll; es mu&#x0364;ßte denn die Vereinigung durch irgend ein Zwi&#x017F;chenmittel ge&#x017F;chehen. <hi rendition="#b">Senebier</hi> hat in der brennbaren<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[471/0477] Grundſlof, der zwar den Grund des entſtehenden Feuers nicht in ſich ſelbſt hat, aber doch den Stof deſſelben aus der Luft entbindet, und alſo immer noch den Namen des entzuͤndlichmachenden Principii verdienet. Man findet die Einwuͤrfe, welche ſich gegen dieſe ſinnreiche Theorie machen laſſen, bey den Worten Feuer, Waͤrme, Verbrennung. Ich bemerke hier nur, daß dieſe Einwuͤrfe den Begrif vom Phlogiſton wenig treffen, und daß es hiebey ſehr begreiflich wird, wie das Gewicht der Metallkalke und des Ruͤckſtands von verbranntem Schwefel und Phosphorus zunehmen, und wie eine Reduction gewiſſer Kalke ohne zugeſetztes Phlogiſton erfolgen koͤnne, weil das entweichende Brennbars durch einen Theil der Luft erſetzt wird, der im zerſetzten Koͤrper zuruͤck bleibt und deſſen Gewicht vermehrt, weil er ſchwerer iſt, als das entwichene Brennbare war. Hat ſich dieſer Grundtheil der reinen Luft noch mit etwas Brennbaren zu einem neuen Stoffe verbunden, ſo kann durch die Hitze dieſer Stof wieder zerſetzt, ſein Brennbares zur Reduction verwendet, und der Grundtheil wiederum als reine Luft dargeſtellr werden. Kirwan (Verſ. und Beob. uͤber die Salze und die neuentdeckte Natur des Phlogiſton; a. d. Engl. von Crell. Berlin und Stettin, 1783. 8. 2tes Stuͤck, 1785. 8.) haͤlt das Phlogiſton fuͤr den Stof der reinen brennbaren Luft, und behauptet, daß es, mit der dephlogiſtiſirten Luft verbunden, Luftſaͤure bilde. Gegen das Letztere laſſen ſich erhebliche Einwendungen machen, da bey vielen Verbrennungen, die das Gewicht ſtark vermehren, z. B. beym Phosphorus, gar keine Luftſaͤure erzeugt wird. Das Erſte aber, daß die brennbare Luft das Phlogiſton ſelbſt ſey, ſcheint mit Crawfords Theorie, die Kirwan doch ſonſt in allem annimmt, darum nicht uͤbereinzuſtimmen, weil die Luftgeſtalt, als eine Wirkung des gebundnen Feuers, bey dem Phlogiſton ſchwerlich ſtatt finden kann, da dieſe Subſtanz das Feuer vielmehr vertreiben, als in ſich nehmen ſoll; es muͤßte denn die Vereinigung durch irgend ein Zwiſchenmittel geſchehen. Senebier hat in der brennbaren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/477
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/477>, abgerufen am 20.05.2024.